Querinformation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Von einer Querinformation (auch: horizontale Information oder kurzer Dienstweg oder kleiner Dienstweg) wird innerhalb einer Kommunikationsstruktur bei Organisationseinheiten gesprochen, wenn eine Stelle einer anderen Stelle unmittelbar Informationen weiterleitet, ohne dass dabei der reguläre Dienstweg eingehalten wird.

Informationsweg

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Querinformation ist das Ergebnis einer Fayolschen Brücke, bei der Stellen horizontal miteinander kommunizieren und dabei ausnahmsweise das vertikale Hierarchie-Prinzip der Einlinienorganisation außer Acht lassen.[1] Die Information erfolgt also nicht vertikal über den jeweiligen Vorgesetzten, sondern direkt horizontal von Stelle zu Stelle:[2]

        ┌─────────────────────┐  
    ┌───┴──────┐          ┌───┴──────┐
 ┌──┴──┐    ┌──┴──┐    ┌──┴──┐    ┌──┴──┐
 A1    B1   C1    D1   E1    F1   G1    H1
┌┴┐   ┌┴┐  ┌┴┐   ┌┴┐  ┌┴┐   ┌┴┐  ┌┴┐   ┌┴┐   
A B   C D  E F   G H  1 2   3 4  5 6   7 8
        ┗━━━━━━━━━━┛
     Querinformation

Im Schaubild kommuniziert mit horizontal, obwohl er vertikal mit dem ihm übergeordneten kommunizieren müsste. Der korrekte Informationsweg wird eingehalten, wenn die Information an weiterleitet, der dann den ihm untergeordneten informiert. Hierbei erhöht sich die Gefahr des Informationsverlustes durch stille Post.

Reinhard Höhn unterschied in Hierarchien drei Informationswege, nämlich die Information des Vorgesetzten durch seine Mitarbeiter und umgekehrt und die Querinformation zwischen Mitarbeitern verschiedener Ebenen und Bereiche.[3] Damit Vorgesetzte nicht befürchten müssen, dass „hinter ihrem Rücken“ Informationen ausgetauscht werden, müssen die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten nachträglich über erfolgte Querinformationen unterrichten.[4]

Henri Fayol, nach dem die Fayolsche Brücke (französisch passerelle, [pɑsʀɛl]) benannt ist, hatte das Problem langer Kommunikationswege erkannt, aber dem Führungsziel Verantwortung den Vorrang gegeben.[5] Bei Fayol wird der Dienstweg deshalb nur ausnahmsweise durch die Fayolsche Brücke relativiert, wenn unter Duldung des Vorgesetzten eine laterale Kommunikation zwischen zwei Stellen gestattet wird.[6] Auch bei der Kooperation zwischen Stabsstellen und Linienstellen und der Kooperation zwischen Stabsstellen untereinander ist der direkte Verkehrsweg zwischen diesen Stellen üblich.[7]

Organisatorische Aspekte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Querinformation ist eine informelle Kommunikation abseits der vorgeschriebenen Linienwege, die eine formelle Kommunikation innerhalb einer Linienorganisation darstellen.

Beim direkten Verkehrsweg (Querinformation) treten die Organisationseinheiten in direkten Kontakt miteinander, sowohl beim vertikalen als auch horizontalen Verkehr.[8] Nur ranggleiche Mitarbeiter dürfen diesen Informationsweg wählen. Denn nur so ist es zu vermeiden, dass sich ranghöhere Mitarbeiter von rangniedrigeren Mitarbeitern einer anderen Linie Informationen „erschleichen“, die ihnen nicht zustehen.

Die Querinformation ist eine der drei Ausnahmen vom Prinzip des Dienstweges:[9] Sie muss zwischen Stellen der gleichen Ebene erfolgen und ist nur statthaft, wenn der Informationsempfänger die Information im Arbeitsablauf sofort benötigt (Zeitdruck) oder Gefahr im Verzug ist. In Arbeitsanweisungen oder Dienstanweisungen kann festgelegt werden, wann und welche Querinformationen stattfinden dürfen; gegebenenfalls ist der Dienstweg später nachzuholen. Fehlt es an einer Regelung, sind Querinformationen nicht gestattet. Fast alle Einliniensysteme neigen zur Bildung der Fayol-Brücken auf allen Hierarchieebenen;[10] Querinformationen sind hier üblich.

Wirtschaftliche Aspekte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die strikte Einhaltung des Dienstweges involviert mutmaßlich mehr Personen als nötig, weil sie möglicherweise auch Informationen erhalten, die für sie keinen Nutzwert bringen. Viele Personen haben dadurch mit der gleichen Nachricht zu tun, ohne dass sie für ihre Aufgaben nützlich und nötig wäre.[11] Streng hierarchisch organisierte Unternehmen oder Behörden werden aus diesem Grund schwerfälliger. Zudem ist dieser Prozess zeitaufwendiger, denn im Schaubild müsste seinen Vorgesetzten informieren, dieser den Vorgesetzten und erst dieser den . Hierbei können Informationsverluste auftreten, die möglicherweise Fehlentscheidungen zur Folge haben.

Das Organisationsmittel der Querinformation verringert dagegen die Gefahr sich verschlechternder Informationsqualität oder gar eines Informationsverlustes, weil sie weniger Instanzen durchläuft. Sie sind direkt an den Empfänger gerichtet, ohne Instanzen durchlaufen zu müssen, die diese Informationen nicht benötigen. Empirische Studien belegen, dass bis zu 66 Prozent der Kommunikation in Unternehmen Querinformationen sind.[12]

Der so genannte kurze Dienstweg oder „kleine Dienstweg“ beschreibt umgangssprachlich eine direkte, informelle Kommunikation bei gleichzeitiger Verletzung der vorgegebenen Informationswege im Sinne der Querinformation. Es handelt sich dabei also gerade nicht um einen Dienstweg, sondern um eine euphemistische Bezeichnung für ein gegebenenfalls pflichtwidriges Handeln.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Henri Fayol: Administration Industrielle et Générale. 1917, S. 38.
  2. Reinhard Höhn, Gisela Böhme: Führungsbrevier der Wirtschaft. 1974, S. 102.
  3. Reinhard Höhn, Gisela Böhme: Führungsbrevier der Wirtschaft. 1974, S. 78.
  4. Hans-Jürgen Kratz: Erfolgreich führen von A–Z. 2017, S. 115.
  5. Ewald Scherm/Gotthard Pietsch: Organisation: Theorie, Gestaltung, Wandel. 2007, S. 168.
  6. Howard Nothhaft: Kommunikationsmanagement als professionelle Organisationspraxis. 2011, S. 234.
  7. Max Helbling: Kommunikation im Human Resource Management. 2011, S. 21.
  8. Dieter Holzinger: Die organisatorischen Verbindungswege und Probleme ihrer allgemeinen und gegenseitigen Abhängigkeiten in kaufmännischen Unternehmungen. 1962, S. 77 f.
  9. Reinhard Höhn, Gisela Böhme: Führungsbrevier der Wirtschaft. 1974, S. 36.
  10. Olaf V. Uhde: Strukturinduzierte Kommunikationskonflikte in Organisationen. 1996, S. 57.
  11. Reinhold Sellien, Helmut Sellien (Hrsg.): Gablers Wirtschafts-Lexikon. 1980, Sp. 2116.
  12. Edwin und Sauter-Sachs: Towards an Integrated Concept of Management Efficiency. In: Management International Review. Band 33, 1993, S. 86.