Radio Baton
Der Radio Baton (dt. etwa Funk-Taktstock) ist ein elektronisches Steuerungsgerät für Musikinstrumente. Es besteht aus ein oder zwei Stöcken, die über einer Unterlage in der Luft bewegt werden. Mit Hilfe des 1987 von Max Mathews entwickelten Instruments lassen sich vorher programmierte Musikstücke abspielen und während der Aufführung durch den Radio Baton in diversen Parametern (Geschwindigkeit, Lautstärke, Phrasierung, aber auch durch Einfügen von Pausen etc.) verändern.
Jeder Stock hat in seiner Spitze einen kleinen kupferummantelten Sender, die auf einer Frequenz von 50 kHz bzw. 55 kHz ein Signal aussenden.[1] In der Unterlage befinden sich fünf Kupferplatten, die als Antenne funktionieren. Über die sich ändernde elektrische Kapazität im elektrischen Feld Antenne/Sender ist das Gerät so jederzeit über die Lage der Stöcke im dreidimensionalen Raum informiert und kann Lage und Bewegung in Befehle für das Ausgabegerät übersetzen. Mathews schrieb ein Programm, das Conductor Program, zur Bedienung des Instruments, es lässt sich aber auch mit anderer Software kombinieren.[2] Mathews sieht den Radio Baton als direkten Abkömmling des Theremins an.[3] Sowohl in der technischen Umsetzung als auch in der Spielweise ließ er sich vom ebenfalls berührungslosen Theremin inspirieren, Aufführungen mit dem Radio Baton erinnern an Theremin-Spiel.[4] Das Instrument ist eine Weiterentwicklung des Radio Drums, der sich nur auf zwei Ebenen sinnvoll bewegen lässt.
Obwohl technisch weiterentwickelt als Radio Drums, fand der Radio Baton weniger Akzeptanz in der Musikwelt, laut Aussagen von Dirigenten unter anderem deshalb, weil der Bewegungsraum auf das Feld über der Unterlage beschränkt ist, was für traditionelle Dirigenten sowohl ungewohnt ist als auch unpraktisch, um mit anderen Musikern zu kommunizieren.[5] Komponisten, die für den Radio Baton komponierten, sind unter anderem Joane Carey[4] und Dexter Morrill[6] und Richard Boulanger.[7] 1991 kam es zu einer gemeinsamen Vorführung von Max Mathews (Radio Baton) und Natalia Theremin (Theremin) in Moskau, bei der sie ein Rachmaninow-Stück aufführten, wobei Theremin den Gesangspart auf dem Theremin spielte, und Mathews den Klavierpart mit Hilfe des Radio Batons.[3]
2001 entwickelten Andrew Schloss und Peter Driessen einen Mechanismus, der die Baton-Daten direkt an einen Computer weitergibt und so Radio-Baton-Perkussion mit deutlicher höherer Responsivität und Bewegungsfreiheit ermöglicht.[1]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Max V. Mathews: The Radio Baton and Conductor Program, or: Pitch, the Most Important and Least Expressive Part of Music. In: Computer Music Journal. Vol. 15, No. 4 = Dream Machines for Computer Music: In Honor of John R. Pierce's 80th Birthday. Winter, 1991, ISSN 0148-9267, S. 37–46.
- Max V. Mathews: The Radio Baton Conductor Score File. In: Eleanor Selfridge-Field (Hrsg.): Beyond MIDI. The handbook of musical codes. MIT Press, Cambridge MA u. a. 1997, ISBN 0-262-19394-9, S. 153–162.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Max Mathews erklärt und demonstriert den Radio Baton (Video, Englisch)
- Erklärung bei der Stanford University
- Peter Kirn: Before the Wii: Max Mathews’ Original Wireless Electronic Baton, and More Electronic Baton History, Create Digital Music, 18. Mai 2006
- Der virtuelle Dirigent, Haus der Musik, Wien
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Eduardo R. Miranda, Marcelo M. Wanderley: New digital musical instruments. Control and interaction beyond the keyboard (= Computer Music and Digital Audio Series. Bd. 21). A-R Editions, Middleton WI 2006, ISBN 0-89579-585-X, S. 39.
- ↑ Tim Crawford, Lorna Gibson (Hrsg.): Modern methods for musicology: prospects, proposals, and realities. Ashgate Publishing, Farnham u. a. 2009, ISBN 978-0-7546-7302-6, S. 108.
- ↑ a b Albert Glinsky: Theremin. Ether music and espionage. University of Illinois Press, Urbana IL u. a. 2000, ISBN 0-252-02582-2, S. 330.
- ↑ a b Elizabeth Hinkle-Turner: Women composers and music technology in the United States. Crossing the line. Ashgate Publishing, Aldershot u. a. 2006, ISBN 0-7546-0461-6.
- ↑ Rolf Inge Godøy (Hrsg.): Musical Gestures. Sound, Movement, and Meaning. Taylor & Francis, Hoboken NJ 2009, ISBN 978-0-203-86341-1, S. 275.
- ↑ Michael Boyd: Dexter Morrill: Music for Stanford. In: Computer Music Journal. Vol. 32, Nr. 3, ISSN 0148-9267, S. 108–110, doi:10.1162/comj.2008.32.3.108 (Review).
- ↑ CSSounds: Boulanger.