Realverband
Ein Realverband ist eine Personenmehrheit zur gemeinschaftlichen Bewirtschaftung von Grundbesitz.
Geschichte und Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Realverbände werden auf germanisches Gemeinschaftsrecht zurückgeführt.
Das Präfix „Real-“ bezieht sich dabei auf den Grund und Boden als materiellen Besitz, was im englischen Sprachgebrauch als „real estate“ geläufiger ist. Sinn des Verbandes ist die gemeinsame Unterhaltung oder Bewirtschaftung von Grundbesitz wie Wegen, Gewässern oder Wäldern.
In Niedersachsen sind sie landesgesetzlich geregelt.[1] Das niedersächsische Realverbandsgesetz (RealVG ND) fasst seit 1969 die altrechtlichen Waldgenossenschaften wie Interessenschaften, Realgemeinden, Forst-, Real-, Wege- und Holzgenossenschaften zusammen (§ 1 Nr. 1–7), lässt aber auch deren Neugründung in Gestalt von Unterhaltungs- und Bewirtschaftungsverbänden zu (§ 1 Nr. 8, §§ 48 ff.) und regelt deren Verfassung, Wirtschaftsführung sowie die staatliche Aufsicht durch die Landkreise und kreisfreien Städte. Gem. § 2 Abs. 1 RealVG ND sind sie Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die bei Inkrafttreten des RealVG ND bestehenden Satzungen (Statuten) von Realverbänden mussten innerhalb von drei Jahren den Vorschriften des RealVG ND angepasst werden (§ 52). Mitglied des Realverbandes ist, wer Inhaber eines Verbandsanteils ist.[2][3][4] Jedes Mitglied kann einen oder mehrere Anteile halten und ist zur anteiligen Nutzung des Verbandsvermögens berechtigt.[5] Es wird unterschieden in „selbständige“ und „unselbständige“ Anteile, wobei die selbständigen durch Rechtsgeschäft übertragen werden können.[6] Unselbständige Anteile beziehen sich dagegen auf unteilbaren Besitz wie z. B. gemeinsam genutzte Wege.
Besonderheiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter den verschiedenen Rechtsformen für Waldbesitzer gehört ein Realverbandswald gemäß Bundeswaldgesetz im Allgemeinen nicht zu Körperschaftswald. Die Stimmrechte richten sich nach der Anzahl der Anteile, im Gegensatz zu einer normalen Genossenschaft nach dem Genossenschaftsgesetz nicht nach Köpfen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Klaus Thomas, Günter Tesmer: Niedersächsisches Realverbandsgesetz. Kommentar. Kommunal- und Schul-Verlag Wiesbaden, 2019. ISBN 9783829314312.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kurt Hübner: Alt, aber immer noch modern! Landvolk Niedersachsen, 9. Oktober 2019
- Otto Niebuhr: Was ist die Realgemeinde Vöhrum? 14. Februar 2009.
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Realverbandsgesetzes Niedersächsischer Landtag, Drs. 16/4681 vom 6. April 2012.
- Cornelia Krieg: Praktische Folgen einer Novelle Land & Forst, 9. April 2013.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Realverbandsgesetz vom 4. November 1969, Nds. GVBl. 1969, 187.
- ↑ vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 11. September 2012 - 3 A 231/11
- ↑ vgl. VG Hannover, Urteil vom 5. Juni 2018 - 1 A 2368/16
- ↑ Die Mitgliedschaft in einem Realverband (Forstgenossenschaft) – und ihre Übertragbarkeit zu Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 LC 81/12. Rechtslupe.de, 15. Juli 2014.
- ↑ Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 22. September 2008 - 10 LA 178/07
- ↑ RealVG § 9, siehe Thomas/Tesmer: Niedersächsisches Realverbandsgesetz, 8. Auflage, Kommunal- und Schul-Verlag.