Reinhard Federmann

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Reinhard Federmann (* 12. Februar 1923 in Wien; † 29. Januar 1976 ebenda) war ein österreichischer Schriftsteller und Übersetzer. Oft ist er nur als Partner seines Freundes Milo Dor bekannt. Mit Neuauflagen seiner eigenständig geschriebenen Werke versucht sich seit den 1990er Jahren der Wiener Picus Verlag.

Federmann war der Sohn eines Wiener Oberlandesgerichtsrats, der als „Halbjude“ nach dem Anschluss Österreichs entlassen wurde und Selbstmord beging. Der Sohn wurde 1942 zur Wehrmacht eingezogen und an die Ostfront geschickt, wo er wahrscheinlich nur mit dem Leben davonkam, weil er in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet. „Er wurde wegen Arbeitsunfähigkeit ziemlich früh, nämlich im Herbst 1945, entlassen und kam dünn, unterernährt und mit ungesunder, gelblicher Gesichtsfarbe, die auf ein Leberleiden schließen ließ, in das Haus seiner Eltern zurück, in dem er nur seinen völlig verwahrlosten jüngeren Bruder antraf“, schreibt Milo Dor.[1] Federmann studierte Jura, ersparte sich allerdings einen Abschluss, da ihn eine erfolgreiche Beamtenlaufbahn nicht lockte. Sein Interesse galt der Literatur. Er ging zunächst als Volontär zum Verlag Erwin Müller. Anfänglich unterstützt von Otto Basil und Friedrich Torberg, versuchte sich Federmann ab ca. 1947 als freier Schriftsteller, Journalist, Herausgeber und Übersetzer (vor allem aus dem Serbokroatischen und Englischen) zu ernähren.

Grab am Zentralfriedhof

Als erklärter Anhänger eines freiheitlichen Sozialismus[1] schrieb er zeitkritische Romane, die sich nur mäßig verkauften. Um Geld zu verdienen, verlegte er sich daher gemeinsam mit Milo Dor aufs Verfertigen von Hörspielen, Kriminalromanen, zum Teil auch Sachbüchern (über Komik). Diese Zusammenarbeit endete um 1960, dagegen nicht die Freundschaft.[1] Federmann ließ sich nun für einige Jahre in München nieder. Er war inzwischen verheiratet und hatte ein Kind.[A 1] Um 1953 ging er eine Liebschaft mit der österreichischen Schriftstellerin Marlen Haushofer ein. Sie endete nach einigen Jahren, weil Haushofer keine Hoffnung mehr hatte, Federmann werde ihretwegen seine Ehe aufgeben. Allerdings war sie selber ebenfalls verheiratet.[2] Als Präsident der Gesellschaft für die Freiheit der Kultur beantragte er im Herbst 1950 erfolgreich ein Reisestipendium nach Paris und London für Ingeborg Bachmann.

Um 1970 aus München zurückgekehrt, gründete Federmann trotz abenteuerlicher Finanzierung die Literaturzeitschrift Die Pestsäule, von der zwischen 1972 und 1975 immerhin 15 Ausgaben erschienen.[1] Seit 1961 war er Mitglied der Freimaurerloge Libertas, 1966 bis 1971 als auswärtiges Mitglied,[3] sowie des österreichischen P.E.N-Clubs. Nun wurde er dessen Generalsekretär und organisierte 1975 den Wiener Kongress des internationalen P.E.N. Bald darauf entpuppte sich Federmanns Leberleiden als unheilbar. Strigl schreibt, er habe durch maßloses Trinken Raubbau an seiner ohnehin schwachen Gesundheit betrieben.[4] Auch Dor räumt ein, sein Partner und gelegentlicher Zechkumpane habe sein Ende „irgendwie selbst herbeigeführt“.[1] Federmanns Plan, einen großangelegten Roman über seine jüdischen Vorfahren zu schreiben, wurde (1976) vom Tod durchkreuzt.

  • Es kann nicht ganz gelogen sein, Wien 1951
  • Napoleon war ein kleiner Mann, München 1957
  • Das Himmelreich der Lügner, Roman, München 1959
  • Der schielende Engel, Graz 1963
  • Die königliche Kunst. Eine Geschichte der Alchemie, Paul Neff Verlag, Wien 1964
  • Popen und Bojaren: Herberstains Mission im Kreml, Graz 1964
  • Botschaft aus dem Jenseits: Zeugnisse des Okkulten, Tübingen 1968
  • Wiener G’schichten, Geschichte Wiens: Historien, Episoden, Anekdoten, Tübingen 1968
  • Und treiben mit Entsetzen Scherz: Die Welt des schwarzen Humors (Hrsg.), Tübingen 1969
  • Land im Herzen Europas: eine Geschichte Österreichs für die Jugend, Wien 1969
  • Herr Felix Austria und seine Wohltäter, Roman, München 1970[A 3]
  • Rußland aus erster Hand: Geschichte und Gegenwart in Berichten von Augenzeugen und Zeitgenossen (Hrsg.), Würzburg 1971
  • Graf Bobby Witze, Stuttgart 1972
  • Die Chinesen kommen. Aus den Memoiren unserer Enkel – nach dem Untergang des Abendlandes, Tübingen 1972
  • Barrikaden. Ein Roman aus dem Sturmjahr 1848, Wien 1973 (Neuauflage Wien 1998)[A 4]
  • Balkan, aus einer Sittengeschichte der Völker, Stuttgart 1978
  • Chronik einer Nacht, Roman, Wien 1988[A 5][A 6]
  • Die Stimme, Erzählungen, Wien 2001[A 7]

Zusammen mit Milo Dor

  • Internationale Zone, Roman, Frankfurt/Main 1953 (Neuauflage Wien 1994)
  • der unterirdische strom. träume in der mitte des jahrhunderts, ein versuch. Frankfurt a. M.: Frankfurter Verlagsanstalt, 1953
  • Und einer folgt dem andern, Kriminalroman, Nürnberg 1953 (Neuauflage Wien 1995)
  • Romeo und Julia in Wien, München 1954
  • Othello von Salerno, Roman, München, 1956
  • Die Frau auf dem Medaillon, Roman, Wien 1959
  • Das Gesicht unseres Jahrhunderts. Sechzig Jahre Zeitgeschehen in mehr als sechshundert Bildern, Düsseldorf 1960
  • Gemordete Literatur: Dichter der russischen Revolution, Salzburg 1963
  • Der galante Witz, München 1966
  • Der groteske Witz, München 1968
  • Und wenn sie nicht gestorben sind, Politthriller, Wien 1996

Daneben viele Übersetzungen, auch diese zum Teil gemeinsam mit Dor

Hörspiele (Auswahl)

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Zusammen mit Milo Dor

Gemeinsame Hörspielbearbeitungen

Quellen: Ö1-Hörspieldatenbank und ARD-Hörspieldatenbank

  1. Federmanns Tochter Dorothea Löcker gründete 1984 den Wiener Picus Verlag, siehe univie, abgerufen am 23. Juni 2011
  2. Kurzbesprechung Spiegel 12/1960, abgerufen am 23. Juni 2011
  3. Kurzbesprechung Spiegel 7/1971 sowie Zeit 1971, beide abgerufen am 23. Juni 2011
  4. Vorstellung durch egotrip.de (Memento vom 7. Januar 2005 im Internet Archive), abgerufen am 24. Februar 2018
  5. Heimkehrergeschichte, die im Wien des Jahres 1948 spielt. Sie erschien ursprünglich 1950 in Fortsetzungen in der Arbeiter-Zeitung.
  6. Rezension von Barbara Denscher, abgerufen am 23. Juni 2011
  7. Kurzbesprechung Neue Zürcher Zeitung, abgerufen am 23. Juni 2011

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Kritische Ausgabe, abgerufen am 23. Juni 2011
  2. Daniela Strigl: „Wahrscheinlich bin ich verrückt ...“ (Haushofer-Biographie), zitiert nach der Ausgabe Berlin 2007, S. 209
  3. Günter K. Kodek: Die Kette der Herzen bleibt geschlossen. Mitglieder der österreichischen Freimaurer-Logen 1945 bis 1985. Löcker, Wien 2014, ISBN 978-3-85409-706-8, S. 52.
  4. Daniela Strigl: „Wahrscheinlich bin ich verrückt ...“, S. 207