Religion in Russland
Religionen in Russland sind vor allem die christliche orthodoxe Konfession, daneben auch der Islam und weitere Religionen und Glaubensbekenntnisse. Im Interreligiösen Rat Russlands sind Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche und von muslimischen, buddhistischen und jüdischen Verbänden vertreten.
Christentum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Russisch-Orthodoxe Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die zahlenmäßig größte Religionsgemeinschaft ist die Russisch-Orthodoxe Kirche (Patriarchat von Moskau). Zu ihr zählen sich etwa 41–79 % der Bevölkerung (2012/13).
Weitere orthodoxe Gemeinschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Daneben gibt es einige weitere kleinere orthodoxe Kirchen und Gemeinschaften, wie die Altorthodoxen Kirchen (1 %), sowie mehrere Wahre Orthodoxe Kirchen und Katakombenkirchen.
Protestantische Kirchen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Evangelische Kirchen sind die Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland, mehrere baptistische Kirchen, Pfingstkirchen, Siebenten-Tags-Adventisten und weitere Gemeinschaften.
Römisch-katholische Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur römisch-katholischen Kirche zählen sich in Russland etwa 1 % der Bevölkerung. Sie ist in mehrere Diözesen eingeteilt.
Islam
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Islam ist die zweitgrößte Religion in der Russischen Föderation. Sie ist im Nordkaukasus und in einigen Gebieten Zentralasiens verbreitet. Schätzungen zufolge wird die Zahl der Muslime in Russland von 16,4 Millionen im Jahr 2010 auf rund 18,6 Millionen im Jahr 2030 ansteigen. Der Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung Russlands würde somit von 11,7 % im Jahr 2010 auf 14,4 % im Jahr 2030 steigen.[1]
Buddhismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Buddhismus ist in vielen russisch-asiatischen Regionen verbreitet und auch im russisch-europäischen Teil des Landes eine traditionelle Religion. Der tibetische Buddhismus der Volksrepublik China ist in Russland gegenüber dem Buddhismus Indiens, der in Magadha entstanden ist, dominierend.[2]
Judentum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum Judentum gehören derzeit etwa 500.000 Bürger Russlands. Viele emigrierten seit den 1980er Jahren nach Westeuropa, nach Israel und in die USA.
Statistiken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Angaben beruhen auf repräsentativen Befragungen und variieren je nach Institut und Frageformen. Sie können nur als Näherungswerte betrachtet werden.
Religionsgemeinschaft | «Sreda» (2012)[3][4] |
Levada-Zentrum (2012)[5] | Akademie der Wissenschaften (2013)[6] | Föderaler Schutzdienst (2013) | Föderaler Schutzdienst (2016)[7] |
Russisch-orthodoxe Kirche | 41 | 74 | 79 | 65,4 | 64,7 |
Islam | 6,5 | 7 | 4 | 7,8 | 7,2 |
Buddhismus | 0,4 | <1 | <1 | 0,7 | 0,6 |
Protestantische Kirchen | 0,2 | 1 | <1 | o.A. | o.A. |
Römisch-katholische Kirche | 0,1 | 1 | <1 | 0,7 | 0,5 |
Altgläubige | 0,2 | 0,6 | 0,4 | ||
Judentum | 0,1 | 1 | <1 | o.A. | o.A. |
Ethnische Religionen (z. B. Jesiden) | 1,2 | 0,5 | 0,4 | ||
Sonstige christliche Glaubensrichtungen | 5,6 | o.A. | o.A. | ||
Andere Religionen | 1,6 | 1,8 | |||
Gläubig ohne Konfession | 25 | 10 | 9 | 8,8 | 11,9 |
Atheisten | 12 | 5 | 7 | 13,9 | 12,5 |
Religionsfreiheit in Russland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Den Daten des V-Dem Instituts zufolge hat sich die Lage der Religionsfreiheit in Russland seit 1991 kontinuierlich verschlechtert.[8] Verschiedene unabhängige Beobachter stufen die Lage der Religionsfreiheit in dem Land als besorgniserregend ein.[9][10][11] Heutzutage werden die Erinnerung an die Unterdrückung orthodoxer Gläubiger während der Sowjetzeit von der regierungstreuen russisch-orthodoxen Kirche genutzt, um ein Verständnis von Religionsfreiheit zu etablieren, das Russland als den ultimativen Verteidiger des Christentums und der christlichen Werte darstellt. Der „Westen“ wird dabei hingegen als Feindbild stilisiert. Dabei bestehen enge Verstrickungen zwischen Kirche und staatlichem Regime. Im Zuge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine wurde diese den Sinn des Menschenrechts in sein Gegenteil verdrehende Argumentation als Rechtfertigung für den Krieg verwendet.[12][13]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]in der Reihenfolge des Erscheinens
- Serge Bolshakoff: Russian nonconformity. The story of „unofficial“ religion in Russia. Westminster Press, Philadelphia 1950.
- Regina Elsner: Escalating the Populist Approach. In: Bernd Hirschberger, Katja Voges (Hrsg.): Religious Freedom and Populism: The Appropriation of a Human Right and How to Counter It. transcript Verlag, Bielefeld 2024, ISBN 978-3-8376-6827-8, S. 41–52.
- Regina Elsner: Länderberichte Religionsfreiheit: Russland. In: renovabis.de. Internationalen Katholischen Missionswerk missio e.V. und von Renovabis e.V., abgerufen am 16. Juni 2024.
- Walter Kolarz: Religion in the Soviet Union. St. Martin’s Press, New York / Macmillan, London 1961.
- Norbert Kuchinke: Gott in Russland. Pattloch, Aschaffenburg 1984, ISBN 3-557-91275-2.
- Gerd Stricker: Religion in Rußland. Darstellung und Daten zu Geschichte und Gegenwart. Gütersloher Verlagshaus Mohn, Gütersloh 1993, ISBN 3-579-00634-7.
- Christoph Gassenschmidt, Ralph Tuchtenhagen (Hrsg.): Politik und Religion in der Sowjetunion, 1917–1941. Harrassowitz, Wiesbaden 2001, ISBN 3-447-04440-3.
- Kathrin Behrens: Die Russische Orthodoxe Kirche. Segen für die „neuen Zaren“? Religion und Politik im postsowjetischen Rußland (1991–2000). Schöningh, Paderborn 2002, ISBN 3-506-70794-9.
- Osteuropa, Jg. 54 (2004), Heft 4, S. 48–92: Schwerpunkt Religion und Staat in Rußland.
- Juliet Johnson, Marietta Stepaniants, Benjamin Forest: Religion and identity in modern Russia. The revival of Orthodoxy and Islam. Ashgate, Aldershot 2005, ISBN 0-7546-4272-0.
- Mark D. Steinberg, Heather J. Coleman (Hrsg.): Sacred stories. Religion and spirituality in modern Russia. Indiana University Press, Bloomington 2007, ISBN 978-0-253-34747-3
- Nadeschda Beljakowa: Religiöses Leben im heutigen Russland – Ideal und Wirklichkeit. In: Ost-West. Europäische Perspektiven, Jg. 11 (2010), Heft 1, S. 54–63 (online, abgerufen am 17. März 2020).
- 3. Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit: Berichtszeitraum 2020 bis 2022: Russland. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, S. 129–131, abgerufen am 16. Juni 2024.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Region: Europe. Pew Research Center, abgerufen am 16. Juni 2024 (englisch).
- ↑ https://www.ponarseurasia.org/a-decade-of-religious-education-in-russian-schools-adrift-between-plans-and-experiences/
- ↑ Mapping Russia’s Religious Landscape. Russia and India Report.
- ↑ Atlas der Religionen und Nationalitäten (Атлас религий и национальностей России) Befragung in 79 von 83 Subjekten der Russischen Föderation (russisch)
- ↑ Befragung Levada-Zentrum 2012 (russisch)
- ↑ Число российских атеистов снизилось на 5 процентов за три года. Российская газета Russische Akademie der Wissenschaften, 2013 (russisch)
- ↑ Befragung des FSO ( vom 16. April 2017 im Internet Archive) znak.com 2016. Abgerufen am 31. März 2024.
- ↑ Variable Graph (Ausgewählte Variabeln: "Indicators" = "Freedom of Religion"; "Country" = "Russia"). V-Dem Institut, abgerufen am 16. Juni 2024 (englisch).
- ↑ Lage der Religionsfreiheit in Russland besorgniserregend: Willkürliche Behandlung. domradio.de, 1. März 2022, abgerufen am 16. Juni 2024.
- ↑ 3. Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit: Berichtszeitraum 2020 bis 2022: Russland. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, S. 129–131, abgerufen am 16. Juni 2024.
- ↑ Regina Elsner: Länderberichte Religionsfreiheit: Russland. In: renovabis.de. Internationalen Katholischen Missionswerk missio e.V. und von Renovabis e.V., abgerufen am 16. Juni 2024.
- ↑ Bernd Hirschberger, Katja Voges: Introduction: Conservative, Right-Wing Populist or Far-Right Extremist? In: Bernd Hirschberger, Katja Voges (Hrsg.): Religious Freedom and Populism: The Appropriation of a Human Right and How to Counter It. transcript Verlag, Bielefeld 2024, ISBN 978-3-8376-6827-8, S. 13–26.
- ↑ Regina Elsner: Escalating the Populist Approach. In: Bernd Hirschberger, Katja Voges (Hrsg.): Religious Freedom and Populism: The Appropriation of a Human Right and How to Counter It. transcript Verlag, Bielefeld 2024, ISBN 978-3-8376-6827-8, S. 41–52.