Hyaluronsäure

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Strukturformel
Strukturformel Hyaluronansäure
Disaccharid-Wiederholungseinheit der Hyaluronsäure (-4GlcUAβ1-3GlcNAcβ1-)n
Allgemeines
Name Hyaluronsäure
Andere Namen
  • Hyaluronan
  • HYALURONIC ACID (INCI)
CAS-Nummer
Monomere D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin
Summenformel der Wiederholeinheit C14H21O11N
Molare Masse der Wiederholeinheit 379,32 g·mol−1
ATC-Code

B06AA03, D03AX05, M09AX01, R01AX09, S01KA01, S01KA51

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Filmbildner

Eigenschaften
Aggregatzustand

fest

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Hyaluronsäure (nach neuerer Nomenklatur Hyaluronan, Abkürzung HA für engl. hyaluronic acid) ist ein Glycosaminoglycan, das einen wichtigen Bestandteil des Bindegewebes darstellt und auch eine Rolle bei der Zellproliferation, Zellmigration und Metastasenbildung bei einigen Krebserkrankungen[2] spielt.[3] Die Hyaluronsäure wurde erstmals in den 1930er Jahren von dem deutschen Mediziner Karl Meyer entdeckt. Der Begriff Hyaluronsäure setzt sich zusammen aus dem altgriechischen Wort ὕαλος hyalos, deutsch ‚Glas‘ und Uron, einer Abkürzung der Uronsäuren. Meyer hatte den Stoff bei Untersuchungen des Glaskörpers im Auge entdeckt.

Hyaluronsäure ist ein Bestandteil der extrazellulären Matrix (EZM oder ECM) von Wirbeltieren. Sie liegt in vielerlei Geweben als langkettiges, lineares Polysaccharid vor und erfüllt viele Funktionen, die auch auf ihren besonderen chemischen Eigenschaften beruhen, etwa der Eigenschaft, sehr viel Wasser zu binden. Nicht selten erreichen die einzelnen Ketten eine molare Masse von mehreren Millionen atomaren Masseneinheiten.

Mechanische Funktionen

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Wasserspeicherung

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Die Hyaluronsäure besitzt die Fähigkeit, sehr große Mengen an Wasser zu binden. Der Glaskörper des menschlichen Auges z. B. besteht zu 98 Prozent aus Wasser, das an nur zwei Prozent Hyaluronsäure gebunden ist.

Druckbeständigkeit

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Wasser ist kaum komprimierbar, und diese Eigenschaft bleibt auch in hyaluronsäurehaltigem Gewebe gültig, in dem sehr viel Wasser gebunden werden kann. Dies gilt allgemein für große Teile des Bindegewebes. Eine besondere Bedeutung hat diese Tatsache während der Embryonalentwicklung, wenn feste Strukturen noch nicht entwickelt sind. Ein weiteres bekanntes Beispiel ist der Nucleus pulposus, der Gallertkern der Bandscheiben, der deshalb große Teile des Körpergewichts tragen kann.

Die Hyaluronsäure ist Hauptbestandteil der Synovia (Gelenkflüssigkeit) und wirkt als Schmiermittel bei allen Gelenkbewegungen. Sie zeichnet sich hier zusätzlich durch strukturviskose Eigenschaften aus; ihre Viskosität verändert sich mit einwirkenden mechanischen Kräften, genauer: Sie nimmt ab, je stärker die Scherkräfte werden. Zudem ist sie zwar flüssig, aber durch ihre hochmolekulare Gestalt so viskos, dass sie nicht wie Wasser aus dem Gelenk herausgepresst wird. Durch chemische Wechselwirkungen und die äußere Form „haftet“ sie besonders gut am Knorpel des Gelenks.

Wirken nun im Anfang einer Bewegung, zum Beispiel im Kniegelenk bei Absprung oder beim Stehen, starke Druckkräfte auf ein Gelenk, knäueln sich die Moleküle zu Kugeln zusammen und hängen wie in einem Kugellager an der Knorpeloberfläche. Wenn aber eine schnelle Scherbewegung nötig ist, so zum Beispiel beim Lauf, wird die Zähigkeit der Hyaluronsäure wegen ihrer Strukturviskosität herabgesetzt und die Reibung verringert.

Freihalten von Wegen

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Für wandernde Zellen hält die Hyaluronsäure die „Verkehrswege“ frei. Durch Erweiterung der Zellzwischenräume (Abstände zwischen den Zellen) wird die Migration (Wanderung) der Zellen unterstützt.

Biochemische Funktion

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Während sich die bisher genannten Funktionen auf frei vorliegende Hyaluronsäure beziehen, ist sie auch an der Bildung weiterer, noch größerer Riesenmoleküle beteiligt, den Proteoglycanen. Insbesondere verknüpft sie bestimmte Proteoglycane (Aggrecan im hyalinen Knorpel) zu riesigen Proteoglycan-Aggregaten.

Funktion im Gehirn

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Neben wichtiger Strukturfunktion im Gehirn konnte gezeigt werden, dass Hyaluronan den Wiederaufbau von Markscheiden um Axone (Remyelinisierung) beeinflussen kann. Eine weitere inhibitorische Funktion scheint vor allem bei der Multiplen Sklerose eine Rolle zu spielen.[4]

Interaktion mit Rezeptoren

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Eine Reihe von Zelloberflächenrezeptoren interagieren mit Hyaluronsäure und lösen bestimmte Reaktionen der Zelle aus, vor allem die Zellteilung und die Wanderung. In der Embryonalentwicklung sind diese Stimulationen notwendig, bei Kontakt mit Tumorzellen können sie allerdings auch entsprechend für den Organismus nachteilige Auswirkungen haben.

Antikarzinogene Wirkung bei Nacktmullen

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Nacktmulle werden bis zu 30 Jahre alt und entwickeln praktisch keine Tumore. Langkettige Hyaluronsäure ist als Ursache erkannt worden. Es wird angenommen, dass die Tiere diese zur Pflege ihrer Haut bilden sowie dass die krebsverhindernde Eigenschaft ein Nebeneffekt ist.[5]

Chemischer Aufbau

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Die Hyaluronsäure ist eine makromolekulare Kette von Disacchariduntereinheiten, die aus den Glucosederivaten D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin bestehen. Diese unterscheiden sich von der β-D-Glucose durch Substitutionen am sechsten beziehungsweise am zweiten Kohlenstoffatom. Die Glucuronsäure ist glycosidisch β(1→3) an das N-Acetyl-D-glucosamin geknüpft, das mit der folgenden Glucuronsäure glycosidisch β(1→4) verbunden ist. Eine Hyaluronsäurekette kann aus 250 bis zu 50.000 Disaccharideinheiten bestehen.

In neutraler wässriger Lösung bilden sich Wasserstoffbrückenbindungen auch zwischen den Carboxyl- und den N-Acetylgruppen aus.

Im Gegensatz zu allen anderen Glycosaminoglycanen wird die Hyaluronsäure nicht im endoplasmatischen Retikulum oder Golgi-Apparat zusammengesetzt, sondern von integralen Membranproteinen. Von diesen HA-Synthasen besitzen Wirbeltiere drei Typen: HAS1, HAS2 und HAS3. Diese Enzyme übertragen in der Zelle die wachsende Kette auf immer neue Monosaccharidbausteine, die so immer länger wird und durch ABC-Transporter durch die Membran aus der Zelle heraustransportiert wird. Dies gilt nicht für alle HA-Synthasen.[6][7]

Einsatz in der Humanmedizin

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Wissenschaftliche Belege, dass Hyaluronsäure-Präparate den Knorpel wiederaufbauen könnten, gibt es nicht. Spritzen mit Hyaluronsäure wirkten in den aussagekräftigsten Studien nicht besser als ein Placebo (Spritzen mit Kochsalz).[8] Medizinisch verwendet wird das Natrium-Salz der Hyaluronsäure (Natriumhyaluronat oder Sodium Hyaluronate). Hyaluronsäure wird aus tierischem Ausgangsmaterial (z. B. Hahnenkamm[9]) oder biotechnologisch aus Streptokokken-Kulturen gewonnen. Bei aus Hahnenkämmen gewonnenen Hyaluronsäureprodukten kann es zu allergischen Reaktionen kommen, wenn eine Allergie gegen Vogelproteine besteht.

Eine spezielle Modifikation stellen stabilisierte Hyaluronsäuren mittels patentierter NASHA-Technologien (NASHA = Nicht-animalische stabilisierte Hyaluronsäure) dar, die je nach Hersteller zwischen weniger als ein Prozent und bis zu ca. 30 Prozent chemisch verändert sind. Für die Haltbarkeit der Produkte ist die Art der Stabilisierung entscheidend.

In der Biochemie wird Hyaluronsäure als Wachstumsgrundlage beim Tissue Engineering verwendet.[10][11] Durch die kovalente Bindung von Thiolgruppen an Hyaluronsäure entstehen Thiomere, die sich durch die Ausbildung von Disulfidbrücken quervernetzen und dadurch eine höhere Stabilität der Wachstumsgrundlage für Zellen bieten. Zudem können Zellen über die Ausbildung von Disulfidbrücken mit thiolisierter Hyaluronsäure verbessert an dieser anhaften.[12]

Einsatz in der Kosmetik

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Hyaluronsäure wird in Kosmetika verwendet. Da die Hautzellen nur wenig makromolekulare Hyaluronsäure aufnehmen, werden auch niedermolekulare Fragmente von Hyaluronsäure (HAF) eingesetzt (z. B. 50 oder 130 Kilodalton),[13] die leichter in die Haut eindringen.

Monopräparate

KD Intra-Articular Gel (D), Curavisc (D), Durolane (CH), RenehaVis (D), Fermavisc (CH), Hyalart (D), Hyalubrix (D), Hyalur (CH), HYGAG (D), Ial (CH), Ialugen (CH), Lacri-Vision (CH), Lacrycon (CH), Laservis (CH), Ostenil (D, CH), Recosyn (D), Rhinogen (CH), Sinovial (CH), Suplasyn (D, CH), Synvisc (D, CH), Unike-Injekt (D), Viscontour (D), Viscoseal (CH), Hylo-Vision (D), Visiol (CH), Vislube (CH), Vismed (CH), Xidan (D), zahlreiche Generika (D, CH)

Kombinationspräparate

Alphastria (CH), Ialugen Plus (CH, mit Silbersulfadiazin), Hyalofemme (D)

  • Per Hedén, Gabriella Sellman, Mats von Wachenfeldt, Michael Olenius, Dan Fagrell: Body Shaping and Volume Restoration: The Role of Hyaluronic Acid. In: Aesthetic Plastic Surgery. 33, 2009, S. 274, doi:10.1007/s00266-008-9303-y. PMID 19280248. PMC 2693799 (freier Volltext).
  • Eintrag zu Hyaluronsäure bei Vetpharm, abgerufen am 23. November 2011.

Einzelnachweise

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  1. a b Eintrag zu Hyaluronic Acid from Cockscomb bei TCI Europe, abgerufen am 21. November 2021.
  2. Robert Stern: Hyaluronan in cancer biology. 1. Auflage. Academic Press/Elsevier, San Diego 2009, ISBN 978-0-12-374178-3, (online)
  3. D. Vigetti, E. Karousou, M. Viola, S. Deleonibus, G. De Luca, A. Passi: Hyaluronan: biosynthesis and signaling. In: Biochimica et Biophysica Acta. Band 1840, Nummer 8, August 2014, S. 2452–2459, doi:10.1016/j.bbagen.2014.02.001. PMID 24513306.
  4. S. Back u. a.: Hyaluronan accumulates in demyelinated lesions and inhibits oligodendrocyte progenitor maturation (Abstract). In: Nature Medicine. 11, 2005, S. 966–972.
  5. Xiao Tian, Jorge Azpurua, Christopher Hine, Amita Vaidya, Max Myakishev-Rempel, Julia Ablaeva, Zhiyong Mao, Eviatar Nevo, Vera Gorbunova, Andrei Seluanov: High-molecular-mass hyaluronan mediates the cancer resistance of the naked mole rat. In: Nature. Band 499, Nr. 7458, Juli 2013, S. 346–349, doi:10.1038/nature12234, PMID 23783513.
  6. T. Schulz, U. Schumacher, P. Prehm: Hyaluronan export by the ABC transporter MRP5 and its modulation by intracellular cGMP. In: J. Biol. Chem. 282, S. 20999–21004.
  7. C. Hubbard, J. T. McNamara u. a.: The hyaluronan synthase catalyzes the synthesis and membrane translocation of hyaluronan. In: Journal of molecular biology. Band 418, Nummer 1–2, April 2012, S. 21–31, doi:10.1016/j.jmb.2012.01.053. PMID 22343360.
  8. Was zeigen Studien zu Hyaluronsäure? auf gesundheitsinformationen.de, abgerufen am 1. September 2023.
  9. HYALURONSÄURE (SUPLASYN U.A.): WAS IST BELEGT?- arznei telegramm. Abgerufen am 13. Mai 2017.
  10. M. N. Collins, C. Birkinshaw: Hyaluronic acid based scaffolds for tissue engineering–a review. In: Carbohydrate Polymers. Band 92, Nummer 2, Februar 2013, S. 1262–1279, doi:10.1016/j.carbpol.2012.10.028. PMID 23399155.
  11. A. Fakhari, C. Berkland: Applications and emerging trends of hyaluronic acid in tissue engineering, as a dermal filler and in osteoarthritis treatment. In: Acta Biomaterialia. Band 9, Nummer 7, Juli 2013, S. 7081–7092, doi:10.1016/j.actbio.2013.03.005. PMID 23507088. PMC 3669638 (freier Volltext).
  12. J Griesser, G Hetényi, A Bernkop-Schnürch: Thiolated Hyaluronic Acid as Versatile Mucoadhesive Polymer: From the Chemistry Behind to Product Developments-What Are the Capabilities? In: Polymers. 10. Jahrgang, Nr. 3, 2018, S. 243, doi:10.3390/polym10030243, PMID 30966278, PMC 6414859 (freier Volltext) – (englisch).
  13. T. Pavicic, G. G. Gauglitz, P. Lersch, K. Schwach-Abdellaoui, B. Malle, H. C. Korting, M. Farwick: Efficacy of cream-based novel formulations of hyaluronic acid of different molecular weights in anti-wrinkle treatment. In: Journal of Drugs in Dermatology. Band 10, Nummer 9, September 2011, S. 990–1000. PMID 22052267.