Richard Berczeller

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Richard Berczeller (geboren 4. Februar 1902 in Ödenburg, Österreich-Ungarn; gestorben 3. Jänner 1994 in New York City) war ein österreichischer Arzt, Autor und Filmschauspieler.

Richard Berczeller war ein Sohn des Schriftsetzers, Gewerkschafters und sozialistischen Politikers Adolf Berczeller[1] (1877–1966) und der Sidonie Kohn (1870–1944). Seinem Bruder Arpad gelang ebenfalls die Flucht vor den Nationalsozialisten, sein Bruder Paul wurde im KZ Auschwitz ermordet. Berczeller wuchs in Ödenburg (Sopron) im damaligen Deutsch-Westungarn auf. Nach der Machtübernahme des Horthy-Regimes wanderte die Familie nach Österreich aus und ließ sich in Sauerbrunn im Burgenland nieder. Berczeller studierte ab 1920 Medizin und war nebenbei als Schauspieler für Michael Curtiz tätig, der damals noch Kertész hieß. Berczeller verkörperte unter anderem die Rolle des Lot im Monumentalfilm Sodom und Gomorrha (1922).

Nach Absolvierung des Medizinstudiums im Jahr 1926 wurde Berczeller 1930 Gemeindearzt in Mattersburg. Besonders beeindruckt war er von seinem akademischen Lehrer Julius Tandler. Nach dem Februaraufstand 1934 schloss sich Berczeller der (verbotenen) Bewegung Revolutionäre Sozialisten Österreichs an. Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 wurde er verhaftet und von den örtlichen Nationalsozialisten, unter ihnen der Bürgermeister Franz Giefing und der Kreisleiter der NSDAP Karl Sobota, beraubt und mit Stockschlägen und Ochsenziemer misshandelt. Er emigrierte in der Folge über Frankreich und Westafrika in die USA. Er übte dort weiter seinen Arztberuf aus, publizierte jedoch auch im angesehenen New Yorker humorvoll-melancholische Kurzprosa. In späten Jahren erfuhr Berczeller zahlreiche Ehrungen von österreichischen öffentlichen Stellen.

In Mattersburg wurde die Dr. Richard Berczeller-Gasse nach ihm benannt.

Werke (Auswahl)

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  • —, Kurt Wagenseil (Übers.): Die sieben Leben des Doktor B. Odyssee eines Arztes. List, München 1965. (Aus dem Englischen: Displaced Doctor, New York, NY 1964).
  • Time was. The zestful education of a young Viennese doctor in the years before the storm. A memory. (englisch). Viking Press, New York, NY 1971, ISBN 0-670-71563-8.
  • —, Norbert Leser: … mit Österreich verbunden. Burgenlandschicksal 1918–1945. Jugend und Volk, Wien 1975, ISBN 3-7141-6529-0.
  • Norbert Leser, —: Als Zaungäste der Politik. Österreichische Zeitgeschichte in Konfrontationen. Jugend und Volk, Wien (a. a.) 1977, ISBN 3-7141-6535-5.
  • —, Mathias Gabriel (Übers.): Verweht. (Autobiografie). Edition Roetzer, Eisenstadt 1983, ISBN 3-85374-117-7.
  • Joachim Riedl (Hrsg.), —: „Denn sie töten den Geist nicht, ihr Brüder!“ Festschrift zum 90. Geburtstag von Richard Berczeller. Zeitzeugnisse, Band 1, ZDB-ID 2274666-3. Österreichischer Kunst- und Kulturverlag, Wien 1992, ISBN 3-85437-042-3. – Inhaltsverzeichnis (PDF).
  • —, Elisabeth Bartosch (Gestaltung): Heimat-Los. Ein Auslandsösterreicher im Porträt. Fernsehsendung, 13. Juli 1992. 1 Videokassette, SVHS, 55 min, mono, Farbe. ORF FS2, 1992.
  • „So arg wird es nicht werden!“ In: Gerhard Jelinek: Nachrichten aus dem 4. Reich. Ecowin-Verlag, Salzburg 2008, ISBN 978-3-902404-64-0, S. 27–40.
  • —, Georg Kusztrich (Sprecher): Es gab eine Zeit. Über Leben und Werk von Richard Berczeller. dasLiteraturhausMattersburg. 1 CD (12 cm). Hörarchiv Burgenland, ORF Burgenland. edition lex liszt 12, Oberwart 2011, ISBN 978-3-901757-97-6.
  • —, Jacqueline Csuss (Übers.): Fahrt ins Blaue und andere Geschichten aus dem New Yorker. Czernin-Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-7076-0397-2.
  • Traude Horvath, Milenia Snowdon-Prötsch (Hrsg.): Richard Berczeller, 1902–1994. Sopron – Mattersburg – New York. Kanica, St. Margareten 1996, ISBN 3-900874-11-5.
  • Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1: A–I. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 743f.
  • Alfred Pfabigan: Die „literarischen Leben“ des Doktor Berczeller. (Paralleltitel:) Richard Berczellers „Displaced Doctor“. In: Jeanne Benay et al. (Hrsg.): Österreichische Satire (1933–2000). Exil – Remigration – Assimilation. Lang, Bern 2003, ISBN 3-03910-090-4, S. 277–294.
  • Berczeller, Richard. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 2: Bend–Bins. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 1993, ISBN 3-598-22682-9, S. 114–117.
  • Margit Franz: Richard Berczeller: Als Arzt in der Elfenbeinküste. In: Margit Franz, Heimo Halbrainer (Hrsg.): Going east – going south: Österreichisches Exil in Asien und Afrika. Graz: Clio 2014. ISBN 978-3-902542-34-2, S. 229–232
  • Michael Martischnig: „Denn sie töten den Geist nicht, ihr Brüder!“ Bio- und Bibliographie, Festschrift zum 90. Geburtstag. 1992, ISBN 978-3-85437-042-0
  • Berczeller, Richard, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München: Saur, 1980, S. 52f.

Einzelnachweise

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  1. Berczeller, Adolf, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München: Saur, 1980, S. 52