Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen

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Flagge der Europäischen Union

Richtlinie 2003/48/EG

Titel: Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
Zinsrichtlinie
Geltungsbereich: EU, Schweiz[1]
Rechtsmaterie: Steuerrecht
Grundlage: EGV, insbesondere Artikel 94
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Inkrafttreten: 16. Juli 2003
In nationales Recht
umzusetzen bis:
31. Dezember 2003
Umgesetzt durch: Deutschland
Zinsinformationsverordnung
Ersetzt durch: Richtlinie (EU) 2015/2060 (Aufhebung)
Außerkrafttreten: 1. Januar 2016
Fundstelle: ABl. L 157 vom 26.6.2003, S. 38–48
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung ist außer Kraft getreten.
Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union

Die Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen war eine Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, welche die Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Unterstützung bei der Erhebung der (nationalen) Einkommensteuer auf Zinseinkünfte verpflichtete. Geläufig sind die Bezeichnungen: Europäische Zinssteuerrichtlinie, EU-Zinsrichtlinie, EU-Sparzinsrichtlinie oder European Savings Tax Directive (ESD).

Ziel der Richtlinie war eine ausnahmslose und gleichmäßige Besteuerung der Zinseinnahmen aller EU-Bürger mit EU-Wohnsitz, unabhängig davon, wo die Einnahmen erwirtschaftet wurden. Hierfür sollte der Kapitalanlagestaat den Wohnsitzstaat über die Höhe der Zinseinnahmen informieren. Eine Ausnahme bestand für Luxemburg und Österreich; diese Mitgliedstaaten gaben grundsätzlich keine Informationen an den Wohnsitzstaat, sondern behielten eine Quellensteuer ein und führten diese zu 75 % an den Wohnsitzstaat ab. Belgien hatte zunächst ebenfalls eine Quellensteuer erhoben, namm aber seit dem Jahr 2010 am Informationsaustausch teil.

Mit Drittstaaten und anderen abhängigen Gebieten wurden ebenfalls Abkommen zum Informationsaustausch oder Quellensteuerabzug getroffen.[2]

Teilweise wurde missverständlich von der „Europäischen Zinssteuer“ gesprochen. Durch die Richtlinie wurde aber keine Steuer auf europäischer Ebene eingeführt, vielmehr wurden die Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Unterstützung verpflichtet.

Persönlicher Regelungsbereich

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Unter die Richtlinie fielen nur Zinszahlungen an natürliche Personen. Floßen die Zinsen einer Kapitalgesellschaft, Stiftung oder einer sonstigen juristischen Person zu, fiel das nicht unter diese Richtlinie.

Sachlicher Regelungsbereich

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Erfasst wurden nur Zinsen und zinsähnliche Erträge sowie bestimmte Veräußerungserträge von zinsbringenden Kapitalforderungen, nicht jedoch Dividenden oder Lebensversicherungserträge.

Bei Investmentfonds galt die folgende Regelung:

  • Enthielt ein Fonds weniger als 15 % zinstragende Wertpapiere, fiel er nicht unter die Richtlinie.
  • Enthielt ein Fonds mindestens 15 % aber weniger als 25 % zinstragende Wertpapiere, galt nur die Ausschüttung als Zinszahlung.
  • Bei Fonds mit einem Anteil an zinstragenden Wertpapieren von 25 % war die Richtlinie sowohl auf Ausschüttungen als auch auf Veräußerungserträge anzuwenden.

Durchführung der Richtlinie

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Je nach Geltungsland mussten die Zahlstellen die Quellensteuer (in der Schweiz: „Steuerrückbehalt“) entweder abführen oder der zuständigen Finanzbehörde melden („Meldeverfahren“). Dazu mussten die Banken die Höhe des Steuerrückbehalts berechnen.

  • In den Staaten der EU, außer Österreich und Luxemburg, waren bis zum 31. Mai jeden Jahres Identität und Wohnsitz des Kunden sowie die Höhe seiner Zinseinnahmen im abgelaufenen Jahr an die Finanzbehörde seines Wohnsitzstaates zu melden.
  • Österreich und Luxemburg sowie Drittstaaten und andere Gebiete meldeten nicht die Zinseinnahmen, sondern führten 75 % der einbehaltenen Quellensteuern an die Wohnsitzstaaten der Kapitalanleger ab.

Quellensteuersätze

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Zeitraum Quellensteuersatz
1. Juli 2005 bis 30. Juni 2008 15 %
1. Juli 2008 bis 30. Juni 2011 20 %
ab 1. Juli 2011 35 %

In Deutschland wurde die Richtlinie durch die Zinsinformationsverordnung (ZIV) umgesetzt. Die Meldepflichtigen, meist Banken, mussten dem Bundeszentralamt für Steuern die Informationen über die Kapitalanleger melden. Dieses Amt leitete die Informationen an die Steuerbehörden der Wohnsitzstaaten weiter.[3]

Die Richtlinie wurde in Österreich durch das EU-Quellensteuergesetz (EU-QuStG) umgesetzt.[4] Die „Zinssteuer“ wurde von den Zahlstellen einbehalten und bis 31. Mai des Folgejahres an das zuständige Finanzamt abgeführt. In der Meldung wurden die Wohnsitzstaaten der Kapitalanleger, jedoch keine weiteren Informationen angegeben.[5]

Mit dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft vom 26. Oktober 2004[6] und dem Zinsbesteuerungsgesetz (ZBstG)[7] wurde die Richtlinie in der Schweiz geltendes Recht. Auch hier wurde die „Zinssteuer“ von den Zahlstellen einbehalten und anonym an die Wohnsitzstaaten der Kapitalanleger abgeführt.

Andere Staaten und Gebiete

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Einem Bericht der EU-Kommission zufolge war die Richtlinie von allen EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt worden.[8][9] Die Richtlinie wurde in vier weiteren europäischen Staaten (Liechtenstein, San Marino, Monaco und Andorra) und verschiedenen EU-Staaten angeschlossenen und assoziierten Gebieten, wie z. B. den britischen Kanalinseln, angewendet.

Die Richtlinie ist zum 1. Januar 2016 aufgehoben worden.[10] Der letzte Datenaustausch ist entsprechend der Aufhebungsrichtlinie im Kalenderjahr 2016 für den Meldezeitraum 2015 erfolgt. Ab dem Meldezeitraum 2016 (Zuflüsse ab dem 1. Januar 2016) werden Informationen entsprechend dem Common Reporting Standard (CRS) ausgetauscht.[11]

Einzelnachweise

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  1. Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten
  2. Bundeszentralamt für Steuern: Länderaufstellung. (PDF) Kurzübersicht über die aktuellen Abkommen mit anderen Staaten zur Datenübermittlung nach der Zinsinformationsverordnung. In: bzst.de. September 2016, abgerufen am 20. September 2019.
  3. Informationen zur Umsetzung der EU-Zinsrichtlinie in Deutschland. In: bzst.de. Bundeszentralamt für Steuern, abgerufen am 20. August 2011.
  4. Das EU-Quellensteuergesetz wurde mit BGBl. I Nr. 33/2004 eingeführt und durch das EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 (BGBl. I Nr. 77/2016) aufgehoben.
  5. EU-Quellensteuergesetz (Text). Website des Bundeskanzleramts, Rechtsinformationssystem. Abgerufen am 20. August 2011.
  6. Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft vom 26. Oktober 2004 (Text). Website der Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Abgerufen am 21. August 2011.
  7. Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 zum Zinsbesteuerungsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft (Zinsbesteuerungsgesetz, ZBstG). Website der Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Abgerufen am 20. August 2011.
  8. Siehe den Bericht der Kommission an den Rat gemäß Artikel 18 der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen {SEK(2008) 2420} /* KOM/2008/0552 endg. */ (PDF) vom 15. September 2008, in Verbindung mit dem Commission staff working document - Presenting an economic evaluation of the effects of Council Directive 2003/48/EC on the basis of the available data - Accompanying document to the report from the Commission to the Council in accordance with Article 18 of Council Directive 2003/48/EC on taxation of savings income in the form of interest payments /COM(2008) 552 final/ (PDF), abgerufen am 25. August 2024
  9. Vgl. auch die Übersicht Von den Mitgliedstaaten mitgeteilte nationale Umsetzungsmaßnahmen betreffend: Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen
  10. Richtlinie (EU) 2015/2060 des Rates vom 10. November 2015 zur Aufhebung der Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, abgerufen am 26. August 2024
  11. Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9. Dezember 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung