Robert René Kuczynski
Robert René Kuczynski (geboren 12. August 1876 in Berlin; gestorben 25. November 1947 in Oxford) war ein deutscher Ökonom und Demograph. Er wird als einer der Väter der modernen Bevölkerungsstatistik betrachtet.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Robert René Kuczynski war Sohn des vermögenden Berliner Bankiers Wilhelm Kuczynski, der auch Mitglied des Ältestenrats der Berliner Kaufmannschaft war. Er studierte an den Universitäten von Freiburg im Breisgau, München, Straßburg und Berlin Wirtschafts- und Rechtswissenschaften und wurde 1897 mit der Dissertation Der Zug nach der Stadt promoviert. Anschließend volontierte er für vier Jahre bei Carroll D. Wright, dem Leiter des Büros für Arbeitsstatistik in Washington. Dort beschäftigte er sich vor allem mit Fragen der Arbeitsstatistik, die er in einer großen monographischen Untersuchung über Arbeitslohn und Arbeitszeit in Europa und Amerika, 1870–1909 zusammenfasste. Nach Deutschland zurückgekehrt, lehrte er unter anderem an der Berliner Handelsschule und arbeitete für verschiedene Statistikämter.
Kuczynski war nie Mitglied einer Partei, wählte aber in der Weimarer Republik seit 1920 stets KPD, mit der Bemerkung, sie sei die am wenigsten unerträgliche Partei. 1926 erlangte er Prominenz als Leiter des Ausschusses, der das Volksbegehren zur Fürstenenteignung organisierte. Den Antrag zum Volksbegehren stellten dann beim Reichsinnenminister gemeinsam: Ernst Thälmann (KPD), Otto Wels (SPD) und René Kuczynski.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 floh er auf Grund seiner jüdischen Herkunft mit rund 20.000 Büchern, der Hälfte der Familienbibliothek, nach Großbritannien. Dort lehrte er an der London School of Economics und wirkte als Berater für Bevölkerungsfragen im Kolonialamt. Im September 1943 erfolgte unter seinem Vorsitz die Bildung der Freien Deutschen Bewegung in Großbritannien. 1944 wurde ein dreiköpfiges Präsidium gebildet, dem er wiederum angehörte. Zusammen mit seiner Frau Berta geb. Gradenwitz hatte er sechs Kinder: Jürgen, Ursula, Brigitte, Barbara, Sabine und Renate.
Sein Nachlass wird zusammen mit dem seines Sohnes Jürgen Kuczynski in der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin verwaltet.[1] In einem Pilotprojekt wurde eine Auswahl verschiedener Lebensdokumente digitalisiert und kann eingesehen werden.[2]
Nach ihm ist der René-Kuczynski-Preis benannt.[3]
Publikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Unsere Finanzen nach dem Kriege Herausgeber Verlag von Julius Springer 1917, doi:10.1007/978-3-642-99278-0 (digitalisierte Version)
- Arbeitslohn und Arbeitszeit in Europa und Amerika 1870–1909, Herausgeber Verlag von Julius Springer 1913, doi:10.1007/978-3-642-99279-7 (digitalisierte Version)
- Deutsche Anleihen im Ausland 1924–1927 (zweite, erweiterte deutschsprachige Ausgabe von „American Loans to Germany“), Herausgeber: Institute of Economics in Washington, Berlin 1928.
- Wall Street und die deutschen Anleihen. Bankierprofite und Publikumsverluste, deutsche Ausgabe von „Banker’s Profits from German Loans“, Herausgeber: Buske, Leipzig 1933.
- Demographic Survey of the British Colonial Empire, 1948–1953
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Robert Lorenz: Robert René Kuczynski (1876–1947): Ein politischer Intellektueller in der Weimarer Republik. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 61. Jg. (2013), S. 505–521.
- Franz Menges: Kuczynski, Robert René. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 164 f. (Digitalisat).
- Agnieszka Brockmann: Der Kuczynski-Nachlass in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Berlin, Zentral- und Landesbibliothek, 2011, ISBN 978-3-925516-39-9.
- Claus-Dieter Krohn: Kuczynski, Robert René. In: Harald Hagemann, Claus-Dieter Krohn (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933. Band 1: Adler–Lehmann. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11284-X, S. 338–340.
- Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur, 1980, S. 401
- Agnieszka Brockmann: Robert René Kuczynski, Jürgen Kuczynski. In: Günter Benser, Dagmar Goldbeck, Anja Kruke (Hrsg.): Bewahren Verbreiten Aufklären. Archivare, Bibliothekare und Sammler der Quellen der deutschsprachigen Arbeiterbewegung. Supplement. Bonn 2017, ISBN 978-3-95861-591-5, S. 49–61. Online (PDF; 2,7 MB)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Digitalisierter Nachlass von Robert René Kuczynski in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin
- Literatur von und über Robert René Kuczynski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Robert René Kuczynski in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Der Kuczynski-Nachlass in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin ( vom 9. Mai 2013 im Internet Archive) (PDF-Datei; 243 kB)
- Deutsche in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung Freies Deutschland. Ein biografisches Lexikon (PDF-Datei; 552 kB)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Familie Kuczynski. Zentral- und Landesbibliothek Berlin, abgerufen am 11. März 2024.
- ↑ Nachlass von Robert René Kuczynski. Zentral- und Landesbibliothek Berlin, abgerufen am 4. April 2024.
- ↑ René-Kuczynski-Preis
Personendaten | |
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NAME | Kuczynski, Robert René |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Ökonom und Demograph |
GEBURTSDATUM | 12. August 1876 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 25. November 1947 |
STERBEORT | Oxford |