Rudolf Bilfinger

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Rudolf Bilfinger (* 20. Mai 1903 in Eschenbach; † 5. August 1996 in Hechingen) war ein deutscher Verwaltungsjurist. Er war SS-Sturmbannführer und Gruppenleiter im Amt II A (Organisation und Recht) des RSHA.

Bilfinger als Teilnehmer der Besprechung zur Endlösung der Judenfrage am 6. März 1942 im Reichssicherheitshauptamt

Rudolf Bilfinger stammte aus einer württembergischen Pastorenfamilie, sein Geburtsort Eschenbach liegt im Landkreis Göppingen. Nach dem Abitur machte er eine Banklehre.

Schon im Frühjahr 1923 trat er der bald darauf verbotenen NSDAP bei. Er wurde Mitglied der SS. Er absolvierte von 1925 bis 1929 sein Jurastudium in Tübingen, wo er 1925[1] der Tübinger Königsgesellschaft Roigel beitrat[2], und später in Berlin. Sein Studium schloss er 1932 mit der Promotion ab. Anschließend arbeitete er ein Jahr lang als Rechtsanwalt in Tübingen.

Anfang 1934 trat er in den württembergischen Staatsdienst, war zunächst im Landratsamt Balingen, wechselte dann im Mai 1934 zur Staatspolizei nach Stuttgart. Schon im November wurde er zum Hauptamt Staatspolizei nach Berlin versetzt. Im entstehenden Reichssicherheitshauptamt (RSHA) übernahm er das Referat I B1 (Organisation der SiPo). 1937 wurde er in den Dienst bei der Gestapo übernommen (SS-Nummer 335.627). Am 18. Oktober 1937 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.892.661).[3]

1940 wurde er zum Regierungsrat ernannt. Von September bis Dezember 1940 war er Verwaltungsleiter beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) in Krakau. 1941 wurde er SS-Obersturmbannführer. Nach der Rückkehr ins RSHA wurde er Leiter der Gruppe II A (Organisation und Recht). In dieser Funktion nahm er an mehreren Besprechungen zur Endlösung der Judenfrage im Anschluss an die Wannseekonferenz teil. Zwischen Juni und Dezember 1943 war Leiter des SD-Einsatzkommandos Toulouse in Frankreich und Vorgesetzter von Karl-Heinz Müller. 1944/45 war er erneut Verwaltungschef beim BdS in Krakau.

1945 wurde Bilfinger in Frankreich interniert. Ein französisches Militärgericht verurteilte ihn 1953 wegen seiner Tätigkeit in Toulouse zu 8 Jahren Zuchthaus. Die Internierung wurde auf die Strafe angerechnet, so dass Bilfinger in die Bundesrepublik zurückkehren konnte. Er wurde in den Staatsdienst übernommen und brachte es zum Oberverwaltungsgerichtsrat am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim. Einer Aktennotiz betr. Aktenanforderung bei seinen Entnazifizierungsunterlagen zufolge befasste man sich im württembergischen Staatsministerium Anfang 1957 näher mit seiner Person.[4] Im März 1965 wurde er wegen der Arbeit während der NS-Zeit suspendiert und im Juni 1965 in den Ruhestand versetzt. Im selben Jahr wurde er im Braunbuch der DDR aufgeführt.[5]

Rudolf Goullet, eine Figur in Ulrich Tukurs erstem Roman Der Ursprung der Welt (2019), hat seinen Ursprung in der Lebensgeschichte Bilfingers.[6]

Veröffentlichungen

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  • Der Schutz des Kunden im Konkurs des sogen. Lokalbankiers, vornehmlich nach dem Depotgesetz. Dissertation Universität Tübingen 1933.
  • Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hamburger Edition, Hamburg 2003, ISBN 3-930908-75-1.
  • Bernhard Brunner: Der Frankreich-Komplex. Die nationalsozialistischen Verbrechen in Frankreich und die Justiz der Bundesrepublik Deutschland. Wallstein-Verlag, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-693-8.
  • Nationalrat der Nationalen Front des Demokratischen Deutschland; Dokumentationszentrum der Staatlichen Archivverwaltung der DDR: Braunbuch: Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in West-Berlin. Staat, Wirtschaft, Verwaltung, Armee, Justiz, Wissenschaft. Staatsverlag der DDR, Berlin 1965.
  • Astrid Gehrig: Dr. Rudolf Bilfinger: Schutzbehauptungen. Karriere im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik. In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Baden-Württemberg, Band 10: NS-Belastete aus der Region Stuttgart. Gerstetten : Kugelberg, 2019, ISBN 978-3-945893-11-1, S. 50–81
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 9: Nachträge. Koblenz 2021, S. 14–15. (Online-PDF)

Einzelnachweise

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  1. Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934, S. 39.
  2. Georg Schmidgall: Geschichte und Mitgliederverzeichnisse Burschenschaftlicher Verbindungen in Tübingen 1816 bis 1936, Görlitz: Verlag für Sippenforschung und Waffenkunde C. A. Starke, 1940. Seite 156, Mitgliedsnummer 921.
  3. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/2961607
  4. Entnazifizierungsunterlagen Bü 403 im Bestand EL 902/19 (Spruchkammer 36 - Öhringen: Verfahrensakten) im Staatsarchiv Ludwigsburg.
  5. Rudolf Bilfinger im Braunbuch (Memento vom 20. November 2010 im Internet Archive)
  6. Ulrich Tukur: Der Ursprung der Welt. Frankfurt a. M. 2019. S. 297.