Rudolf Sitte
Rudolf Sitte (* 13. Mai 1922 in Kratzau, Tschechoslowakei; † 4. März 2009 in Königsbrück) war ein deutscher Bildhauer, Maler, Grafiker und Kunstkeramiker.
Leben und Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sitte wuchs als zweitjüngstes Kind als Sohn eines deutschen Bauern, Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, und einer tschechischen Mutter mit vier Brüdern und zwei Schwestern auf.[1] Einer seiner Brüder war der spätere Maler Willi Sitte. Sitte absolvierte eine Lehre als Textilfacharbeiter. Er wurde zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht eingezogen und diente in einem Jägerbataillon bis zu einer Verwundung in der Schlacht am Kursker Bogen. Er war dann in Remagen in US-amerikanischer und in Gießen in französischer Gefangenschaft, aus der er floh. Er arbeitete in Moers als Handtuchweber und ging dann bei Heiligenstadt illegal in die Sowjetische Besatzungszone.
1946 nahm er ein Studium der Wandmalerei an der Hochschule für Bildende Künste Dresden auf. Im Zuge des Formalismusstreits wurde er 1949 exmatrikuliert und für ein Jahr als Hauer in die Wismut geschickt. Nach der erneuten erzwungenen Delegierung durch die Wismut schloss er 1955 sein Studium ab, in das er noch ein pädagogisches Zusatzstudium in Greifswald eingefügt hatte. Als Diplomarbeit fertigte er ein Sgraffito am Dresdner Hygienemuseum.
1958 gründete er in Dresden mit Siegfried Schade die Produktionsgenossenschaft Bildender Künstler "Kunst am Bau".[2] Unter deren Dach „entstand ein besonderes Experimentierfeld für baugebundene Entwicklungen wie Strukturwände, Formsteinsysteme, Spielplatzgeräte und spezielle, auch patentierte Verfahren zur Oberflächenbeschichtung von Beton.“[3] Als Mitglied war er an künstlerischen Bauobjekten in Dresden und Umgebung beteiligt. Nach der Wende wurde ein Teil davon vernichtet und der Großteil vernachlässigt.[4]
Rudolf Sitte lehrte als Professor an der Hochschule für Bildende Künste Dresden über baugebundene Kunst.
Seine Kunstobjekte sind oft stark formalisiert mit abstrahierenden Zügen. Dies widersprach oft dem von der SED propagierten Stil des Sozialistischen Realismus. Ende der 1960er Jahre konnte Rudolf Sitte den Wettbewerb für ein Wandbild am Kulturpalast der Stadt Dresden zweimal für sich entscheiden. Jedoch fanden seine Vorschläge nicht die Zustimmung der SED und der Auftrag wurde schließlich an Gerhard Bondzin vergeben.
Rudolf Sitte arbeitete bis 1990 in einem kleinen Atelier des VEB Sanitärporzellan an Porzellanplastiken. Seit den 1990er Jahren lebte Rudolf Sitte mit seiner Frau in Königsbrück. Mit Einsatz seines Vermögens kämpfte er ergebnislos für arbeitslose Jugendliche und um den Erhalt und Aufbau eines denkmalgeschützten keramischen Betriebes in Königsbrück gegen eine Privatisierung und Ausplünderung bis zur Ruine. Eine Strafanzeige wegen Missbrauchs öffentlicher Fördermittel gegen Verantwortliche wurde eingestellt.[4]
Bis zuletzt blieb Sitte seinen Überzeugungen treu und war in der Öffentlichkeit aktiv. Angeregt von seiner langjährigen Beschäftigung mit streunenden Katzen und einem Blick auf sein Leben überschrieb er seine im Eigenverlag 2007 herausgegebenen biografischen Splitter doppeldeutig mit Ein Leben für die Katz – Splitter der Erinnerung und des Nachdenkens.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1973: Kunstpreis des Bezirks Halle (Saale)
- 1974: Kunstpreis des FDGB (im Kollektiv)
Werke (unvollständig)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1955 Sgraffito im Hygienemuseum Dresden[5]
- 1958 Vogel- und Blattmotive auf Marmoritsteinplatte zur 4. Deutschen Kunstausstellung[6]
- 1966 Betonrelief im Hof des Verlagshauses der Sächsischen Zeitung (SZ-Hochhaus, Haus der Presse) Dresden
- 1970 bis 1972 Holzgestaltung an der Mensa SC Einheit Dresden
- 1971 Glasfenster für das VEB Braunkohlenkombinat Regis, Kraftwerk Phönix
- 1972 Betonrelief positiv an der TU Ilmenau
- 1975 Gedenkstein Stirb und werde, anonyme Urnengemeinschaftsanlage auf dem Heidefriedhof Dresden
- 1976: Springbrunnen in Berlin-Marzahn, Cecilienstraße 92, vor einer Polizeischule[7]
- 1979 Relief am Wohnhaus Berliner Platz 1 in Cottbus (siehe Bild)
- 1979 Wandkeramik Räder in Bewegung im Eingang der ehemaligen Transportpolizei Berlin-Karlshorst, Wallensteinstraße 60/61 (jetzt Wohnhaus)
- 1981 Wandgestaltung in der Neuen Mensa der TU Dresden
- 1983 Keramikreliefs im Eingangsbereich und im Speisesaal in der ehemaligen Fahrbereitschaft des Ministeriums des Innern, Berlin
- 1984 Wandgestaltung mit farbig lackierten Holzflächen an der Ingenieurhochschule Mittweida im Mensasaal I
- 1988 Wandgestaltung im Friedhofsgebäude/Feierhalle in Freiberg in Zusammenarbeit mit dem Architekten Ulf Zimmermann
- 2006 Keramikwände und Springbrunnen im Innenhof der Grundschule Dresden-Weixdorf
Ausstellungen (unvollständig)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2002: Königsbrück, Rathaus (Linolschnitte)
- 2009: Dresden, Haus der Architekten (mit Frank Findeisen)[8]
Teilnahme an zentralen und wichtigen regionalen Ausstellungen in der DDR
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1962/1963, 1972/1973, 1977/1978 und 1987/1988: Dresden, Fünfte Deutsche Kunstausstellung und VII, VIII. und X. Kunstausstellung der DDR
- 1979 und 1985: Dresden, Bezirkskunstausstellungen
- 1980: Rostock, Kunsthalle Rostock („Der Klasse verbunden - Kunstpreisträger des FDGB stellen aus“)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sitte, Rudolf. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, ISBN 978-3-355-01761-9, S. 902/903
- Reinhard Kärbsch: Rudolf Sitte (1922–2008) – Ein Leben für die Kunst und einige Katzen. In: Lausitzer Almanach 16/2023, S. 57–66.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- https://katalog.arthistoricum.net/?tx_find_find%5Bq%5D%5Bdefault%5D=Rudolf+Sitte
- https://www.bildindex.de/ete?action=queryupdate&desc=%22sitte%2C%20rudolf%22%20&index=obj-all Werke im Bildindex
- Das Neue Dresden – SZ-Hochhaus
- Deutsches Historisches Museum – Kunst 1949–1990
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Zur Herkunft, Interview mit seinem Bruder Willi Sitte (Link kostenpflichtig) in junge welt vom 7. Februar 2009.
- ↑ Die Genossenschaft. Abgerufen am 24. Juli 2022.
- ↑ Autor Karin Berkemann: Dresden: Kunst im Stadtraum 1945-89. In: moderneREGIONAL. 4. Oktober 2015, abgerufen am 11. Mai 2022 (deutsch).
- ↑ a b Begleittext zu einer Ausstellung der Architektenkammer Sachsen 2009 ( vom 30. Mai 2012 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Abbildung
- ↑ Abbildung
- ↑ Kunstwerke im öffentlichen Raum in Marzahn und Hellersdorf. Eine Dokumentation (S. 100); Kommission für Kunst im öffentlichen Raum: Thorsten Goldberg, Ellena Olsen, Martin Schönfeld, Andreas Sommerer. Herausgegeben vom Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf, 2008. ISBN 978-3-00-026730-7 (63 Seiten Leseprobe aus der Dokumentation (pdf))
- ↑ Architektenkammer Sachsen: Prof. Rudolph Sitte. 30. Mai 2012, abgerufen am 13. August 2024.
Personendaten | |
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NAME | Sitte, Rudolf |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Bildhauer, Maler, Grafiker und Keramiker |
GEBURTSDATUM | 13. Mai 1922 |
GEBURTSORT | Chrastava |
STERBEDATUM | 4. März 2009 |
STERBEORT | Königsbrück |