Literatur Südafrikas
Die südafrikanische Literatur ist mit Werken in den elf Landessprachen[1] und verschiedenen weiteren Sprachen und Dialekten vertreten.[2]
Die westgermanischen Sprachen Afrikaans und Englisch sind die häufigsten Sprachen, daneben werden die afrikanischen Sprachen der Bantu, Nama ('Hottentotten') und Khoisan ('Buschmänner') und anderer Volksgruppen verwendet. Trotz zahlreicher Übersetzungen sind die Werke einer großen Mehrheit der südafrikanischen Schriftsteller nur unzureichend bekannt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Literatur Südafrikas ist seit der Vorkolonialzeit bekannt, in der sie durch mündliche Volkskunst repräsentiert wurde. Sie umfasst beispielsweise Märchen, Sprichwörter und Sprüche der Zulus, Legenden und Erzählungen der 'Buschmänner' und 'Hottentotten'. In der Zeit der Kolonialisierung entsteht ein Heldenepos.
Ab dem 19. Jahrhundert, gleichzeitig mit der Einführung des Schreibens bei den Einheimischen, erschien in Südafrika schriftliche Literatur. Eines der ersten veröffentlichten Werke war der Sesotho-Roman Chaka (1925) von Thomas Mofolo (1876–1948).
Ende des 19. und in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts tauchten in der Literatur Südafrikas antikoloniale Themen auf. Dies betrifft sowohl Prosa als auch Poesie. Eine bekannte Autorin dieser Zeit war Olive Schreiner (1855–1920), Verfasserin des ersten großformatigen südafrikanischen Werkes, des Romans The Story of an African Farm, 1883, erschienen unter dem männlichen Pseudonym Ralph Iron, eine Manifestation der viktorianischen Ära. Der bekannte Zulu-Autor R. R. R. Dhlomo verfasste einige romanhafte Biographien über historische Zulu-Persönlichkeiten auf Zulu: über die drei Zulu-Herrscher Dingane (1936), Shaka (1937) und Mpande (1938), Shakas Enkel Cetshwayo (1952) und seinen Urenkel Dinizulu (1968).
Der erste Marxist der indigenen Bevölkerung Südafrikas war der Zulu Albert Nzula (1905–1934),[3] der erste nicht-weiße Generalsekretär der CPSA.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der Etablierung des Apartheidregimes, trat eine Gruppe von Autoren auf, deren Werke gegen die etablierte Ordnung protestierten. Unter ihnen sind Peter Abrahams, Harry Bloom, Alex La Guma und Nadine Gordimer.
In den 1950er Jahren wurde die Lifestyle-Zeitschrift Drum zu einer Brutstätte für politische Satire, Belletristik und Essays und befeuerte die urbane schwarze Kultur.
Im gleichen Zeitraum begann Nadine Gordimer, ihre ersten Geschichten zu veröffentlichen. Ihr vielleicht berühmtester Roman, July's People, erschien 1981 und schildert den Zusammenbruch der Herrschaft der weißen Minderheit. 1991 erhielt Nadine Gordimer als erste südafrikanische Autorin den Nobelpreis für Literatur. J. M. Coetzee erhielt ihn 2003.
Südafrikas erster schwarzer Präsident, Nelson Mandela, veröffentlichte 1995 seine Autobiografie unter dem bezeichnenden Titel Der lange Weg zur Freiheit.
Zeitgenössische Autoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die moderne Literatur Südafrikas wird durch herausragende Autoren des 20. Jahrhunderts repräsentiert, wie Nadine Gordimer (2003 erschien eine neue Erzählsammlung Loot) und J. M. Coetzee (2013 veröffentlichte er den Roman The Childhood of Jesus (Die Kindheit Jesu)), unter anderem auch von Autoren, die nicht nur in Südafrika, sondern auch außerhalb des Landes bekannt sind, wie Antjie Krog, Dalene Matthee oder Wilbur A. Smith.
Berühmte südafrikanische Dichter sind Breyten Breytenbach und Mongane Wally Serote.
Seit 2006 findet in Kapstadt eine internationale Buchmesse statt, die Buchmesse Kapstadt (Cape Town Book Fair).
In der englischsprachigen African Writers Series (AWS) beispielsweise fanden zahlreiche (übersetzte) Werke südafrikanischer Autoren Aufnahme.
Cambridge History
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die von David Attwell und Derek Attridge herausgegebene Cambridge History of South African Literature ist ein in neuerer Zeit erstelltes facettenreiches Werk zur südafrikanischen Literatur an dem viele Fachgelehrte mitgewirkt haben. Es ist untergliedert in 6 Teile mit 39 Abschnitten, die die Komplexität des behandelten Gegenstandes auch nur annähernd wiedergeben können:[4]
INHALTSÜBERSICHT
Einführung. David Attwell, Derek Attridge
TEIL I – Oraturen, mündliche Überlieferungen, Ursprünge
- 1 – ‘The Bushmen's Letters’: ǀXam-Erzählungen der Bleek- und Lloyd-Sammlung und ihre Nachleben. Hedley Twidle
- 2 – Eine kontextuelle Analyse von Xhosa iimbongi und ihren izibongo. Russell Kaschula
- 3 – „Ich singe von den Leiden meiner Reisen“: die lifela von Lesotho. Nhlanhla Maake
- 4 – Lob, Politik, Leistung: von Zulu izibongo bis zu den Zionisten. Mbongiseni Buthelezi
- 5 – IsiNdebele, siSwati, Nord-Sotho, Tshivenda und Xitsonga mündliche Kultur. Manie Groenewald, Mokgale Makgopa
TEIL II – Erkundung, frühe Moderne und Aufklärung am Kap, 1488–1820
- 6 – Schatten des Adamastor: das Erbe der Lusíadas. Malvern van Wyk Smith
- 7 – Im Archiv: Aufzeichnungen der niederländischen Siedlung und des zeitgenössischen Romans. Carli Coetzee
- 8 – Naturgeschichte des 18. Jahrhunderts, Reiseberichte und südafrikanische Literaturhistoriographie. Ian Glenn
TEIL III – Empire, Widerstand und nationale Anfänge, 1820–1910
- 9 – Über das Settlement und das Empire schreiben: das Kap nach 1820. Matthew Shum
- 10 – Die Missionspresse und der Aufstieg des schwarzen Journalismus. Catherine Woeber
- 11 – Die imperiale Roman. Laura Chrisman
- 12 – Perspektiven auf den Südafrikanischen Krieg. Elleke Böhmer
- 13 – Die Anfänge der Afrikaans-Literatur. H. van Coller
TEIL IV – Moderne und transnationale Kultur, 1910–1948
- 14 – Schwarze Schriftsteller und der historische Roman: 1907–1948. Bhekizizwe Peterson
- 15 – Die Dertigers und der plaasroman: zwei kurze Perspektiven auf die Afrikaans-Literatur. Gerrit Olivier
- 16 – Neue afrikanische Moderne und die Neue afrikanische Bewegung. Ntongela Masilela
- 17 – Gebrochene Modernismen: Roy Campbell, Herbert Dhlomo, N. P. van Wyk Louw. Tony Voss
- 18 – Die Metropole und die Lokalität: Douglas Blackburn, Pauline Smith, William Plomer, Herman Charles Bosman. Craig Mackenzie
TEIL V – Apartheid und ihre Folgen, 1948 bis heute
- 19 – Die fabelhaften Fünfziger: Kurzgeschichten auf Englisch. Dorothy Driver
- 20 – Schreiben im Exil. Tlhalo Raditlhalo
- 21 – Afrikaans-Literatur, 1948–1976. Hein Willemse
- 22 – Afrikaans-Literatur nach 1976: Widerstände und Neupositionierungen. Louise Viljoen
- 23 – Die liberale Tradition in der Fiktion. Peter Blair
- 24 – Poesie des schwarzen Bewusstseins: Schreiben gegen die Apartheid. Thengani Ngwenya
- 25 – Volksformen und die Vereinigte Demokratische Front. Peter Horn
- 26 – Schreiben im Gefängnis. Daniel Roux
- 27 – Theater: Regulierung, Widerstand und Erholung. Loren Kruger
- 28 – Das lyrische Gedicht während und nach der Apartheid. Dirk Klopper
- 29 – Schreiben und Veröffentlichen in afrikanischen Sprachen seit 1948. Christiaan Swanepoel
- 30 – Schreiben im Interregnum: Literatur und der Untergang der Apartheid. Stephen Clingman
- 31 – Die Nation neu schreiben. Rita Barnard
- 32 – Die Stadt nach der Apartheid schreiben. Michael Titlestad
TEIL VI – Südafrikanische Literatur: Kontinuitäten und Kontraste
- 33 – Südafrika im globalen Imaginären. Andrew van der Vlies
- 34 – Geständnis und Autobiographie. M. Daymond, Andries Visagie
- 35 – „Ein Zungenwechsel“: Fragen der Übersetzung. Leon de Kock
- 36 – Schreibende Frauen. Meg Samuelson
- 37 – Die experimentelle Linie in der Fiktion. Michael Green
- 38 – Das Buch in Südafrika. Peter McDonald
- 39 – Literatur- und Kulturkritik in Südafrika. David Johnson
Index
Zitat
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„Unsere bekannten literaturgeschichtlichen Handbücher versagen hinsichtlich Südafrika fast völlig.“
Literatur (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- David Attwell, Derek Attridge (Hrsg.): The Cambridge History of South African Literature. Cambridge University Press 2012, ISBN 978-1-316-17513-2. Auszüge bei books.google.de
- Jean Sévry: Littératures d’Afrique du Sud, Paris, Karthala, 2007, ISBN 978-2-84586-836-6
- Christopher Heywood: A History of South African Literature. Cambridge African Collection. Cambridge University Press 2004
- Shane Graham: South African Literature after the Truth Commission: Mapping Loss. Palgrave Macmillan, 2009
- Lesibana Rafapa: “South African Khoisan Literature in the Context of World Literary Discourse”. Athens Journal of Philology – Volume 3, Issue 2 – Pages 83–96
- A. C. Jordan: Towards an African Literature: The Emergence of Literary Form in Xhosa. University of California Press 1973
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Südafrikanische Republik, Abschnitt: Literatur – Artikel aus der Enzyklopädie „Krugoswet“ (russisch)
- A History of South African Literature, timeline 1824-2005 (englisch)
- South African literature (englisch)
- Kurze Einführung in die südafrikanische Literatur
- Berühmte Autoren und Literaten Südafrikas
Einzelnachweise und Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Südafrika hat seit dem Ende der Apartheid elf amtliche Landessprachen: Englisch, Afrikaans, isiZulu, Siswati, Süd-Ndebele, Sesotho, Nord-Sotho, Xitsonga, Setswana, Tshivenda und isiXhosa.
- ↑ Christopher Heywood beispielsweise diskutiert ausgewählte Gedichte, Theaterstücke und Prosawerke in fünf literarischen Traditionen („Khoisan, Nguni-Sotho, Afrikaans, English, and Indian“).
- ↑ vgl. Историография истории Африки. Дмитрий Павлович Урсу. 1990, S.154 und A. T. Nzula, I. I. Potekhin, A. Z. Zusmanovich: Forced Labour in Colonial Africa, edited Robin Cohen, translated by Hugh Jenkins (London, 1979) (Besprechung)
- ↑ cambridge.org (Anfang – jeweils mit Summary) - mit hier ins Deutsche übersetzten Titeln