Shell Higher Olefin Process

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Typische SHOP-Produkte
(1-Hexen, 1-Octen und 1-Decen)

Der Shell Higher Olefin Process (SHOP, oft redundant auch als SHOP-Prozess bezeichnet) ist ein chemischer Prozess zur Herstellung von linearen α-Olefinen durch Ethen-Oligomerisierung, Isomerisierung und Metathese, der von der Royal Dutch Shell erfunden und eingeführt wurde. Die Reaktion wird in 1,4-Butandiol durchgeführt, in dem die entstehenden α-Olefine kaum löslich sind und so einfach von der Katalysatorlösung zu trennen sind. Es handelt sich um das erste Beispiel einer industriell genutzten Heterogenisierung eines homogenen Katalysators. Das Verfahren wurde 1968 in den Laboratorien von Shell Development Company in Emeryville, Kalifornien, entdeckt. Im Jahr 2013 betrug die Produktionskapazität mehr als eine Million Tonnen α-Olefine pro Jahr.

In den 1960er Jahren führten Waschmittel auf Basis von verzweigten Fettalkoholen, die nur schwer biologisch abbaubar waren, zu Problemen mit Schaumbergen auf Gewässern. Um diese negativen Auswirkungen zu vermeiden, bestand ein großer Anreiz, Waschmittel auf Basis unverzweigter Fettalkohole zu entwickeln, die leichter biologisch abbaubar waren.[1]

Der Prozess wurde 1977 eingeführt.[2] Das Verfahren geht auf Arbeiten von Karl Ziegler und Günther Wilke am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr zurück. Wilhelm Keim modifizierte den Nickel-Katalysator durch Einführung eines Phosphor-Sauerstoff-Liganden. Weitergehende Forschungen an den Forschungslaboratorien der Shell in Emeryville und Amsterdam führten zur Entwicklung des Prozesses. Die erste kommerzielle Anlage wurde 1977 in Geismar (Louisiana) in Betrieb genommen.[2] Eine SHOP-Anlage in Stanlow im Vereinigten Königreich wurde 2020 abgerissen.[3]

Technische Verwirklichung

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Im Verlauf des Shop-Verfahrens fallen sechs verschiedene Fraktionen mit unterschiedlicher Zusammensetzung an. Diese Fraktionen (a–f) sind in der schematischen Anlagenzeichnung entsprechend gekennzeichnet. Die Fraktionen c, d und f werden dem Prozess entnommen und industriell verwendet. Die Fraktionen a, b und e sind zwar industriell nicht relevant, können aber dem Prozess zurückgeführt werden und zu den anderen Fraktionen umgewandelt werden.

Die Anlage zum SHOP-Verfahren ist in sechs verschiedene Bestandteile gegliedert. Neben zwei Destillationskammern (3) und (6) zur Auftrennung in verschiedene Fraktionen, besteht die Anlage aus dem eigentlichen Oligomerisationsreaktor (1), dem Separator (2), dem Isomerisierungsreaktor (4) und dem Reaktor zur Metathese (5).

Die jeweiligen Kettenlängen der entstehenden α-Olefine können über folgende Tabelle zugeordnet werden:

Fraktion kürzeste
Kettenlänge
längste
Kettenlänge
Bemerkung
a 4 nur α–Olefine mit einer geraden Anzahl an Kohlenstoffatomen
b 20 nur α–Olefine mit einer geraden Anzahl an Kohlenstoffatomen
c 4 10 nur α–Olefine mit einer geraden Anzahl an Kohlenstoffatomen
d 12 18 nur α–Olefine mit einer geraden Anzahl an Kohlenstoffatomen
e 14 Olefine mit mittelständigen Doppelbindungen;
auch ungerade Anzahl an Kohlenstoffatomen möglich
f 11 14 Olefine mit mittelständigen Doppelbindungen;
auch ungerade Anzahl an Kohlenstoffatomen möglich
g 4 10 Olefine mit mittelständigen Doppelbindungen;
auch ungerade Anzahl an Kohlenstoffatomen möglich

Oligomerisation und Separation

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Gewichtsanteil für die Schulz-Flory-Verteilung bei der Oligomerisierung von Ethen mit Ausgleichslinie (grün)
Gewichtsanteil für die Schulz-Flory-Verteilung bei der Oligomerisierung von Ethen mit Ausgleichslinie (grün)

Im Oligomerisationsreaktor (1) wird Ethen in Gegenwart einer flüssigen Katalysatorphase eines Nickel-Phosphan-Komplexes in längerkettige α–Olefine überführt. Hierbei wird eine besonders reine Form von Olefinen gebildet, die jeweils nur eine Doppelbindung besitzen. Der Anteil an α–Olefine liegt bei über 95 %. Dieser Schritt wird in einem polaren Lösungsmittel wie 1,4-Butandiol durchgeführt. Da die gebildeten α-Olefine darin nicht löslich sind, können diese einfach abgetrennt werden. Dabei entsteht eine Mischung von geradzahligen α-Olefinen mit einer Schulz-Flory-Verteilung.[4]

Im Separator (2) wird das Produktgemisch von der Katalysatorphase getrennt, mit frischem Lösungsmittel gewaschen und anschließend in die Destillationskolonne (3) geleitet. Überschüssiges Ethen wird in den Reaktor (1) zurückgeleitet.

Am Ende der ersten Destillation verlassen drei Fraktionen die Kammer. Die Fraktion der Produkte mit Kettenlängen zwischen zwölf und 18 Kohlenstoffatomen werden dem Prozess abgeführt und in der Industrie weiterverarbeitet. Sie sind die Hauptprodukte des SHOP-Verfahrens. Die Fraktion der Kettenlängen zwischen vier und zehn Kohlenstoffatomen werden zum Teil abgeführt und zum Teil in den Isomerisierungsreaktor (4) geleitet. Die Fraktion der α–Olefine, die mehr als 20 Kohlenstoffatome besitzen, werden vollständig in den Isomerisationsreaktor (4) geleitet.

Druck und Temperatur

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Im ersten Schritt findet die Ethen-Oligomerisierung bei Temperaturen von 80 bis 120 °C und einem Druck von 70 bis 140 bar (7 bis 14 MPa) statt.

Die Reaktion wird durch einen Nickel-Phosphan-Komplex der Art (C6H5)2P(CH2)2COONiH mit Diphenylphosphinoessigsäure

SHOP-Katalysator mit Diphenyl­phosphino&shyMessigsäure­ligand

oder 2-Diphenylphosphinobenzoesäure als Ligand katalysiert.[5]

2-Diphenylphosphinobenzoesäure

Bei der Isomerisierung werden die α–Olefine in Verbindungen umgewandelt, die mittelständige Doppelbindungen besitzen. In diesem Prozessschritt bleibt also die Kettenlänge der Moleküle konstant, verändert wird lediglich die Lage der Doppelbindung. Die Reaktion findet in gelöstem Magnesiumoxidkatalysator bei milden Reaktionsbedingungen statt. Die Temperatur beträgt zwischen 80 und 140 °C und der Druck zwischen 3 und 20 bar.

Bei der anschließenden Metathese werden nieder- und hochmolekulare Olefine zu einer Mischung von Alkenen mit einer neuen Verteilung der Kettenlängen. Nur in diesem Prozess können auch Kettenlängen mit einer ungeraden Anzahl an Kohlenstoffatomen entstehen. Für die Industrie sind nur Kettenlängen von elf bis 14 Kohlenstoffatomen relevant. Praktisch am SHOP-Verfahren ist, dass die Produkte anderer Kettenlängen nicht als Abfallprodukte anfallen, sondern wieder in den Prozess zurückgeführt werden können. So können kürzere Moleküle in den Metathesereaktor (5) zurückgeleitet werden und längerkettige Moleküle werden in den Isomerisierungsreaktor (4) gegeben.

Durch Kombination von Oligomerisierung, Isomerisierung und Metathese gelingt es so, fast das komplette eingesetzte Ethen in die gewünschten Produktfraktionen zu überführen. Die α-Olefine werden durch Hydroformylierung in Fettalkohole überführt. Diese können durch direkte Sulfatierung in Fettalkoholsulfate überführt werden. Durch Reaktion mit Ethylenoxid entstehen Fettalkoholethoxylate, die entweder als nichtionische Tenside oder nach Sulfatierung in anionische Tenside überführt werden.

SHOP-Produkte
SHOP-Produkte

Die α-Olefine dienen als Co-Monomer bei der Herstellung von linear low density Polyethylene (LLD-PE).

Die Synthese von amorphen Polyalphaolefinen erfolgt durch Oligomerisierung von linearen α-Olefinen unter Verwendung unterschiedlicher Polymerisations- und Oligomerisationskatalysatoren. Octen, Decen und Dodecen werden sowohl rein als auch in Mischung zu synthetischen Schmierstoffen oligomerisiert. Diese finden Verwendung in Hochleistungsanwendungen der Automobilindustrie sowie der Industrie.[6]

Die gezielte Auswahl der Katalysatoren und der Reaktionsbedingungen erlaubt die Erzeugung von amorphen Polyalphaolefinen mit spezifischen Eigenschaften. Hochmolekulare Polymere auf Basis von Hexen, Octen, Decen und Dodecen werden als reibungsreduzierende Mittel etwa Rohöl und anderen Kohlenwasserstoffen beigemischt. Die Verwendung von polymeren, amorphen Polyalphaolefinen reduziert die Turbulenzen in der Nähe der Pipelinewand, was zu einer Verringerung des Reibungsdruckabfalls und des Widerstands entlang der Pipeline führt. Dies wiederum resultiert in einer Reduktion der Pumpverluste und senkt damit den Energiebedarf.[7]

Interne Olefine

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Interne Olefine werden im Rahmen von Offshore-Bohrungen als Bohrspülflüssigkeiten eingesetzt. Sie zeichnen sich durch die gleichen vorteilhaften Bohr-Eigenschaften wie Flüssigkeiten auf Öl-Basis aus, weisen im Unterschied zu diesen jedoch eine geringere Toxizität, eine schnellere biologische Abbaubarkeit sowie ein geringeres Bioakkumulationspotenzial auf.[8]

Mit Maleinsäureanhydrid werden interne Olefine in einer En-Reaktion bei Temperaturen von 180 bis 185 °C in Gegenwart von Stickstoff zu Alkenylbernsteinsäureanhydriden wie Dodecenylbernsteinsäureanhydrid umgesetzt. Alkenylbernsteinsäureanhydride werden in erster Linie als Oberflächen- und Masseleimungsmittel für Papier, Pappe und Karton eingesetzt.[9]

Der Prozess und seine Chemie wurden intensiv in der Arbeitsgruppe von Wilhelm Keim an der RWTH Aachen studiert, der als einer der Schlüsselfiguren bei der Entwicklung des Prozesses gilt.[10]

Als aktiver Katalysator gilt das Nickel-Hydrid, dass durch Abspaltung des Cyclooctadien-Liganden aus dem Start-Komplex gebildet wird. Durch Insertion von Ethen in die Nickel-Wasserstoff-Bindung entstehen Oligomere, die durch β-Elimination α-Olefine verschiedener Kettenlänge, jedoch immer mit einer geradzahligen Anzahl von Kohlenstoffatomen. Es wird angenommen, dass der Diphenylphosphinoessigsäureligand die Kettenlängenverteilung der entstehenden Olefine beeinflusst.[11]

  • Wilhelm Keim: Oligomerisierung von Ethen zu α-Olefinen: Erfindung und Entwicklung des Shell-Higher-Olefin-Prozesses (SHOP). In: Angewandte Chemie. 125, 2013, S. 12722–12726, doi:10.1002/ange.201305308.
  • Ulfert Onken, Arno Behr: Chemische Prozeßkunde – Lehrbuch der Technischen Chemie. Band 3, 1. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1996.

Einzelnachweise

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  1. Jennifer Fuentes: An In Depth Guide To The SHOP Process. In: engineeringness.com. 10. November 2024, abgerufen am 14. November 2024 (englisch).
  2. a b Dieter Vogt: SHOP Process. In: Boy Cornils, Wolfgang A. Herrmann: Aqueous-Phase Organometallic Catalysis, John Wiley & Sons, 1998, ISBN 3-527-29478-3, S. 541–547.
  3. Chloe Nightingale: Essar Oil UK demolish Stanlow refinery SHOP stack. In: wirralglobe.co.uk. 14. Dezember 2022, abgerufen am 13. November 2024 (englisch).
  4. Wilhelm Keim, Arno Behr, Günter Schmitt: Grundlagen der Industriellen Chemie. Salle Sauerländer, Frankfurt am Main, Berlin, 1986, ISBN 978-3-7941-2553-1, S. 138–141.
  5. Paul C. J. Kamer, Piet W. N. M. van Leeuwen: Phosphorus(III)Ligands in Homogeneous Catalysis: Design and Synthesis, John Wiley & Sons, 2012, ISBN 0-470-66627-7.
  6. S. Ray, P. V. C. Rao, N. V. Choudary: Poly‐α‐olefin‐based synthetic lubricants: a short review on various synthetic routes. In: Lubrication Science. 24.1, 2011, S. 23–44, doi:10.1002/ls.166.
  7. M. Atiqullah, H. S. Al‐Asiri: Polyolefin Catalyst Research: A Product‐Driven Industrial Perspective. In: The Chemical Record. 22.7, 2022, doi:10.1002/tcr.202100321.
  8. J. Seyedmohammadi: The effects of drilling fluids and environment protection from pollutants using some models. In: Modeling Earth Systems and Environment. 3.1, 2017, doi:10.1007/s40808-017-0299-7.
  9. N. N. Shah, N. Soni, R. S. Singhal: Modification of proteins and polysaccharides using dodecenyl succinic anhydride: Synthesis, properties and applications—A review. In: International Journal of Biological Macromolecules. 107, 2018, S. 2224–2233, doi:10.1016/j.ijbiomac.2017.10.099.
  10. Keiji Hirose, Wilhelm Keim: Olefin oligomerization with nickel chelate complexes. In: Journal of Molecular Catalysis. 73.3, 1992, S. 271–276, doi:10.1016/0304-5102(92)80081-q.
  11. Catalysis: Concepts and Green Applications, von Gadi Rothenberg. books.google.de, abgerufen am 11. Dezember 2009.