SIS-Modell
Als SIS-Model bezeichnet man in der mathematischen Epidemiologie, einem Teilgebiet der Theoretischen Biologie, einen semi-realistischen Ansatz zur Beschreibung der Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten ohne Immunitätsbildung. Dieser Artikel benutzt die Differentialgleichungen. Ein einführender Artikel mit elementarer Mathematik findet sich bei Mathematische Modellierung der Epidemiologie.
Voraussetzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim SIS-Modell werden zwei Gruppen von Individuen unterschieden: Zum Zeitpunkt bezeichnet die Anzahl der Gesunden (susceptible individuals) und die Zahl der Infizierten (infectious individuals). Weiterhin sei die Gesamtzahl der Individuen. Das SIS-Modell kann dann für Krankheiten verwendet werden, die folgende Eigenschaften aufweisen:
- Jedes Individuum geht nach der Heilung der Krankheit sofort wieder in die Gruppe der Gesunden über und kann erneut angesteckt werden.
- Infizierte sind sofort ansteckend.
- Gesunde erkranken mit der linearen Rate .
- Infizierte genesen mit der linearen Rate .
- Jede Gruppe interagiert miteinander mit derselben Wahrscheinlichkeit. Dies rechtfertigt die Annahme linearer Zusammenhänge.
- Alle Parameter bleiben im biologisch sinnvollen Bereich, also .
Differentialgleichungen des SIS-Modells
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ausbreitung der betrachteten Krankheit wird meist in Form von gewöhnlichen Differentialgleichungen formuliert:
Aus den Gleichungen folgt die Erhaltung der Populationsgröße:
Wegen lässt sich das SIS-Modell vollständig durch
beschreiben. Definiere , wodurch sich die DGL als schreiben lässt.
Lösungen der Differentialgleichung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch Trennung der Variablen folgt: , woraus durch eine einfache Partialbruchzerlegung und Integration die Funktion mit der Anfangsbedingung folgt:Die Zahl der Gesunden folgt durch aus der Lösung für .
Analyse der DGLs durch dimensionslose Größen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Vereinfachung der Analyse geht man zu dimensionslosen Größen über:
Die Änderung kann nach oben abgeschätzt werden durch: .
Diese vereinfachte Differentialgleichung führt für r < 1 auf einen exponentiellen Abfall, damit verschwindet die Krankheit vollständig aus der Population. Für r > 1 wird auf lange Sicht der Fixpunkt angestrebt. Die Krankheit bleibt verbreitet.
Abgrenzungen zu weiteren Modellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben dem SIS-Modell gibt es in der Epidemiologie weitere einfache Modelle, die mit gewöhnlichen Differentialgleichungen beschrieben werden können. Das sind insbesondere die folgenden:
- Das SIS-Modell stellt eine Erweiterung zum SI-Modell dar, bei dem Individuen nicht gesunden können.
- Eine alternative Erweiterung ist das SIR-Modell, bei dem Individuen immun gegen die Krankheit werden.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- SI-Modell (Ansteckung ohne Gesundung)
- SIR-Modell (Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten mit Immunitätsbildung)
- SEIR-Modell (Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten mit Immunitätsbildung, bei denen Infizierte nicht sofort infektiös sind)
- Basisreproduktionszahl
- Dynamisches System (mathematischer Oberbegriff)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nicholas F. Britton: Essential Mathematical Biology. Springer
- Sebastian Möhler: Ausbreitung von Infektionskrankheiten. (tu-Freiburg [PDF; abgerufen am 12. März 2020]).