Saftlinge
Saftlinge | ||||||||||||
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Kegeliger Saftling (Hygrocybe conica) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Hygrocybe | ||||||||||||
(Fr.) P. Kumm. |
Die Saftlinge (Hygrocybe) sind eine Pilzgattung aus der Familie der Schnecklingsverwandten. Aufgrund des glasigen bis wachsartigen Fleischs werden sie auch als Glasköpfe bezeichnet. Etliche Arten fallen durch freudig gefärbte Fruchtkörper auf. Sie bevorzugen meist nährstoffarme Standorte, weshalb sie auch als Zeigerarten für die Gütebeurteilung von Biotopen eingesetzt werden. Alle Saftlinge stehen in Deutschland unter Naturschutz.
Die Typusart ist der Kegelige Saftling (Hygrocybe conica).[1]
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Saftlinge bilden relativ kleine bis mittelgroße, häufig sehr lebhaft gefärbte und in Hut und Stiel gegliederte Fruchtkörper. Der Hut kann kegelig oder konvex geformt sein, teilweise spitz oder stumpf gebuckelt. Die glatte oder feinschuppige Hutoberfläche ist schleimig bis glatt, oft hygrophan (im nassen Zustand fleckig werdend). Die wie das Fleisch glas- bis wachsartigen Lamellen stehen fast entfernt oder entfernt, laufen am Stiel herab oder daran breit angewachsen und sind teils queraderig miteinander verbunden. Saftlinge besitzen kein Velum. Der zylindrische Stiel kann wie die Huthaut trocken oder schleimig sein. Das Sporenpulver ist weiß bis cremeweiß.
Ökologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Arten der Gattung sind in der Regel Bewohner von Grasland, insbesondere werden nährstoffarme Wiesen und Weiden, Trockenrasen besiedelt, einige Arten besiedeln Hochmoore, Torfmoose oder Moospolster. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die Saftlinge Saprobionten, eventuell auch Symbionten mit Pflanzen. Die meisten Arten sind auf besonders nährstoffarme, meist auch recht trockene Standorte spezialisierte Pilze, die empfindlich auf Nährstoffeinträge, intensive Beweidung und (insbesondere mineralische) Düngung reagieren und dann am betroffenen Standort meist aussterben.
Arten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Saftlinge (Hygrocybe) in Europa |
-
Glänzender Orange-Saftling
Hygrocybe aurantiosplendens -
Kalkliebender Filz-Saftling
Hygrocybe calciphila -
Pfifferlings-Saftling
Hygrocybe cantharellus -
Zerbrechlicher Gold-Saftling
Hygrocybe ceracea -
Stumpfer Saftling
Hygrocybe chlorophana -
Grünlichgelber Saftling Hygrocybe citrinovirens
-
Kirschroter Saftling Hygrocybe coccinea
-
Feinschuppiger Moor-Saftling
Hygrocybe coccineocrenata -
Kegeliger Saftling
Hygrocybe conica -
Schleimfuß-Saftling Hygrocybe glutinipes
-
Sumpf- bzw. Knoblauchsaftling
Hygrocybe helobia -
Feuerschuppiger Saftling Hygrocybe intermedia
-
Mennigroter Saftling Hygrocybe miniata
-
Nichtrötender Nitrat-Saftling
Hygrocybe nitrata -
Rötender Saftling
Hygrocybe ovina -
Honig-Saftling
Hygrocybe reidii -
Prächtiger Saftling
Hygrocybe splendidissima
Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Saftlinge umfassen weltweit etwa 150 Arten,[2] von denen in Europa rund 40 vorkommen. Die Gattung ist in 2 Untergattungen mit verschiedenen Sektionen gegliedert.
Einige Spezies der Sektion Glutinosae (zum Beispiel der Papageigrüne Saftling) werden mittlerweile aufgrund von anderen Farbpigmenten[3] und neuen phylogenetischen Erkenntnissen in die Gattung Schleimsaftlinge (Gliophorus) separiert.[4] Ebenso wurde der Rosenrote Saftling in die Gattung Porpolomopsis ausgegliedert.[5] Für den Dottergelben Saftling (Hygrocybe vitellina) wurde die Gattung Gloioxanthomyces aufgestellt.[5] Früher wurden auch die Ellerlinge den Saftlingen als Untergattung Cuphophyllus zugeordnet. Sie bilden heute aber eine eigene Gattung, weil sie trotz der ähnlich aussehenden Fruchtkörper nicht näher mit der Gattung verwandt sind.[6]
So wurden die Saftlinge früher eingeteilt:
- Untergattung Hygrocybe
- Sektion Hygrocybe
- Rosenroter Saftling (Hygrocybe calyptriformis)
- Kegeliger Saftling (Hygrocybe conica)
- Rotblättriger Dünen-Saftling (Hygrocybe conica var. conicoides)
- Sumpf-Saftling (Hygrocybe helobia)
- Feuerschuppiger Saftling (Hygrocybe intermedia)
- Breitsporiger Saftling (Hygrocybe konradii)
- Safrangelber Saftling (Hygrocybe persistens)
- Braungelber Saftling (Hygrocybe spadicea)
- Rundlichsporiger Saftling (Hygrocybe subglobispora)
- Sektion Chorophanae
- Stumpfer Saftling (Hygrocybe chlorophana)
- Hygrocybe flavescens
- Untergattung Pseudohygrocybe
- Sektion Coccinae
- Glänzender Orange-Saftling (Hygrocybe aurantiosplendens)
- Kalkliebender Filz-Saftling (Hygrocybe calciphila)
- Zerbrechlicher Gold-Saftling (Hygrocybe ceracea)
- Kirschroter Saftling (Hygrocybe coccinea)
- Feinschuppiger Moor-Saftling (Hygrocybe coccineocrenata)
- Kleiner Schnürspor-Saftling (Hygrocybe constrictospora)
- Knoblauch-Saftling (Hygrocybe helobia)
- Pfifferlings-Saftling (Hygrocybe cantharellus)
- Kerbrandiger Orange-Saftling (Hygrocybe marchii)
- Mennigroter Saftling (Hygrocybe miniata)
- Nichtrötender Nitrat-Saftling (Hygrocybe nitrata)
- Schnürsporiger Saftling (Hygrocybe obrussea)
- Rötender Saftling (Hygrocybe ovina)
- Schwarzbereifter Saftling (Hygrocybe phaeococcinea)
- Granatroter Saftling (Hygrocybe punicea)
- Honig-Saftling (Hygrocybe reidii)
- Sektion Fornicatae
- Blassgrauer Saftling (Hygrocybe fornicata)
- Sektion Glutinosae
- Schleimiger Orange-Saftling (Hygrocybe aurantioviscida)
- Schleimfuß-Saftling (Hygrocybe glutinipes)
- Gelbrandiger Saftling (Hygrocybe insipida)
- Grauer Saftling (Hygrocybe irrigata oder Hygrocybe unguinosa)
- Zäher Saftling (Hygrocybe laeta)
- Dottergelber Saftling (Hygrocybe vitellina)
- Papageigrüner Saftling (Hygrocybe psittacina)
- Ziegelbrauner Saftling (Hygrocybe psittacina var. perplexa)
- Bitterer Saftling (Hygrocybe mucronella)
- Sektion Coccinae
Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alle Saftlinge stehen in Deutschland unter Naturschutz und dürfen nicht gesammelt werden, somit kommen auch die essbaren Arten als Speisepilze nicht in Frage. Die Saftlinge sind im Naturschutz als wichtige Indikatorarten von Bedeutung, sie zeigen durch ihr Auftreten das Vorhandensein wertvoller, nährstoffarmer, weitgehend ungestörter Wiesen- und Trockenrasengesellschaften an.
Gefährdung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Saftlinge sind im Allgemeinen Bewohner nährstoffarmer Graslandschaften, durch Umwandlung von Trockenrasen und nährstoffarmen Weiden in ertragreiches Grünland sowie den Eintrag von Nährstoffen aus der Luft oder von angrenzenden Agrarflächen sind viele Arten in Mitteleuropa in ihrem Bestand gefährdet. Für dänische Saftlingsvorkommen (nach Gminder so auch für Deutschland anwendbar) wurde folgende Bedeutungseinstufung von Saftlingsvorkommen vorgenommen: Standorte mit 17 bis 32 Saftlingsarten insgesamt, während einer einzigen Kontrolle 11 bis 20 Arten sind naturschutzpolitisch von nationaler Bedeutung, von regionaler Bedeutung sind Standorte mit 9 bis 16 (während einer Begehung 6 bis 10) Arten, von lokaler Bedeutung solche mit 4 bis 8 (3 bis 5) Arten, während Standorte mit nur noch 1 bis 3 Arten eher unbedeutend sind.
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- David Boertmann: The genus Hygrocybe. In: Fungi of Northern Europe. 2. Auflage. Vol. 1. Danish Mycological Society, 2010, ISBN 978-87-983581-7-6.
- Achim Bollmann, Andreas Gminder, Peter Reil: Abbildungsverzeichnis europäischer Großpilze. In: Jahrbuch der Schwarzwälder Pilzlehrschau. 4. Auflage. Volume 2. Schwarzwälder Pilzlehrschau, 2007, ISSN 0932-920X (301 S., Verzeichnis der Farbabbildungen fast aller europäischen Großpilze (> 5 mm) inkl. CD mit über 600 Gattungsbeschreibungen).
- Massimo Candusso: Hygrophorus s. l. In: Fungi Europaei. Band 6. Edizioni Candusso, Alassio (Italien) 1997 (784 S., inkl. Hygrocybe).
- Heinrich Dörfelt, Gottfried Jetschke (Hrsg.): Wörterbuch der Mycologie. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin 2001, ISBN 3-8274-0920-9.
- German Josef Krieglsteiner (Hrsg.), Andreas Gminder: Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 3: Ständerpilze. Blätterpilze I. Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3536-1.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Paul Kummer: Der Führer in die Pilzkunde. Band 1, 1871, S. 1–146.
- ↑ Paul M. Kirk, Paul F. Cannon, David W. Minter, J.A. Stalpers: Dictionary of the Fungi. 10. Auflage. CABI Europe, Wallingford, Oxfordshire (UK) 2008, ISBN 978-0-85199-826-8 (784 S.).
- ↑ Andreas Bresinsky, I. Kronawitter: Zur Kenntnis der Hygrocybenpigmente. In: Zeitschrift für Mykologie. Band 52, Nr. 2, 1986 (dgfm-ev.de [PDF; 6,5 MB]).
- ↑ Andreas Bresinsky: Die Gattungen Hydropus bis Hypsizygus mit Angaben zur Ökologie und Verbreitung der Arten. Beiträge zu einer Mykoflora Deutschlands (2). In: Regensburger Mykologische Schriften. Band 15. IHW-Verlag, 2008, ISSN 0944-2820.
- ↑ a b D. Jean Lodge, Mahajabeen Padamsee, P. Brandon Matheny, M. Catherine Aime, Sharon A. Cantrell, David Boertmann, Alexander Kovalenko, Alfredo Vizzini, Bryn T. M. Dentinger, Paul M. Kirk, A. Martyn Ainsworth, Jean-Marc Moncalvo, Rytas Vilgalys, Ellen Larsson, Robert Lücking, Gareth W. Griffith, Matthew E. Smith, Lorelei L. Norvell, Dennis E. Desjardin, Scott A. Redhead, Clark L. Ovrebo, Edgar B. Lickey, Enrico Ercole, Karen W. Hughes, Régis Courtecuisse, Anthony Young, Manfred Binder, Andrew M. Minnis, Daniel L. Lindner, Beatriz Ortiz-Santana, John Haight, Thomas Læssøe, Timothy J. Baroni, József Geml, Tsutomu Hattori: Molecular phylogeny, morphology, pigment chemistry and ecology in Hygrophoraceae (Agaricales). In: Fungal Diversity. Oktober 2013, doi:10.1007/s13225-013-0259-0.
- ↑ P. Brandon Matheny und Judd M. Curtis, Valérie Hofstetter, M. Catherine Aime, Jean-Marc Moncalvo, Zai-Wei Ge und Zhu-Liang Yang, Jason C. Slot, Joseph F. Ammirati, Timothy J. Baroni, Neale L. Bougher, Karen W. Hughes, D. Jean Lodge, Richard W. Kerrigan, Michelle T. Seidl, Duur K. Aanen, Matthew DeNitis, Graciela M. Daniele, Dennis E. Desjardin, Bradley R. Kropp, Lorelei L. Norvell, Andrew Parker, Else C. Vellinga, Rytas Vilgalys, David S. Hibbett: Major clades of Agaricales: a multilocus phylogenetic overview. In: Mycologia. Band 98(6). Mycological Society of America, 2006, S. 982–995, doi:10.3852/mycologia.98.6.982 (mycologia.org [PDF; 1,9 MB]).