Sainte-Marie-aux-Mines

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Sainte Marie aux Mines)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Sainte-Marie-aux-Mines
Sainte-Marie-aux-Mines (Frankreich)
Sainte-Marie-aux-Mines (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département (Nr.) Haut-Rhin (68)
Arrondissement Colmar-Ribeauvillé
Kanton Sainte-Marie-aux-Mines (Hauptort)
Gemeindeverband Val d’Argent
Koordinaten 48° 15′ N, 7° 11′ OKoordinaten: 48° 15′ N, 7° 11′ O
Höhe 326–1210 m
Fläche 45,23 km²
Einwohner 5.049 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 112 Einw./km²
Postleitzahl 68160
INSEE-Code
Website www.saintemarieauxmines.fr

Rathaus (Hôtel de ville)

Sainte-Marie-aux-Mines (deutsch Markirch, auch Mariakirch, elsässisch Màrkirich) ist eine französische Gemeinde mit 5049 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Haut-Rhin in der Region Grand Est (bis 2015 Elsass). Sie ist der Hauptort des gleichnamigen Kantons und Mitglied des Gemeindeverbandes Communauté de communes du Val d’Argent.

Die kleine Stadt liegt in den Vogesen am Fluss Lièpvrette, der früher auf Deutsch Leber oder Landbach genannt wurde. Das Tal wird wegen des früheren Bergbaus heute oft auch als Val d’Argent (Silbertal) bezeichnet. Das 45,23 Quadratkilometer große Gemeindegebiet liegt auf 326–1210 m. ü. d. M. und gehört zum Regionalen Naturpark Ballons des Vosges.

Ortsteile der Gemeinde sind: Altenberg, Adelspach, Bourgonde, Brifosse, Côte d’Échéry, Échéry (Eckerich), Faunoux, Fenarupt, Fertrupt (Fortelbach), Haute Broque, Haïcot, Hergauchamps, Petite Lièpvre (Kleinleberau), Mongoutte, Petit Haut, Rauenthal, Saint-Philippe, Saint-Pierre sur l’Hâte (Zillhardt) und Surlattes.

Nachbargemeinden von Sainte-Marie-aux-Mines sind Sainte-Croix-aux-Mines im Norden und Osten, Ribeauvillé und Aubure im Südosten, Fréland und Lapoutroie im Süden, Le Bonhomme und La Croix-aux-Mines im Südwesten sowie Ban-de-Laveline und Wisembach im Westen.

Die historische Bedeutung von Sainte-Marie-aux-Mines (lateinisch S. Maria in fodinis oder ad fodinis)[1] beruht auf den dort vorhandenen Bodenschätzen, hauptsächlich Silber und Blei, und ihrer Ausbeutung. Bis ins 19. Jahrhundert war der Ort die drittgrößte Stadt im Oberelsass.

Tour des mineurs im Ortsteil Échery

Dass, wie vereinzelt angenommen, die Minen schon in gallorömischer Zeit entdeckt und genutzt wurden, ist nicht belegt. Im Mittelalter jedoch bauten die Mönche des Klosters Échéry, das im 13. Jahrhundert von dem Mönch Bildulf gegründet wurde, die Bodenschätze bereits ab, wobei die Rechte an diesem Reichtum wohl bei der Familie von Échéry (Eckerich) lagen, deren Burg nahe beim heutigen Ort stand.

Das Gebiet des heutigen Sainte-Marie gehörte zu zwei unterschiedlichen Herrschaftsbereichen: die elsässische Seite gehörte dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation an und unterstand den Herren von Rappoltstein, die andere Seite gehörte zum Einflussbereich der Herzöge von Lothringen. Ab dem 16. Jahrhundert wurden diese Unterschiede besonders deutlich: Die elsässische Seite war deutschsprachig und protestantisch, was dazu führte, dass zahlreiche deutsche und französische Protestanten, Mennoniten und Amische, deren Ursprung hier liegt, in die Stadt kamen, wo sich auch Arbeit für 3000 Bergleute anbot; die lothringische Seite war frankophon und katholisch. Nach 1790, als die Grenzen innerhalb des revolutionären Frankreich an Bedeutung verloren hatten, schlossen sich die beiden Ortsteile Sainte-Marie-Alsace und Sainte-Marie-Lorraine zu einer Gemeinde Sainte-Marie-aux-Mines zusammen.

Von 1871 bis 1918 gehörte der Ort mit dem Reichsland Elsass-Lothringen zum Deutschen Kaiserreich. Dadurch wurde Markirch wieder Grenzstadt; die deutsch-französische Grenze verlief auf dem Vogesenkamm ganz in der Nähe. Ab 1918 wurde der Rhein wieder die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland und der Ort damit wieder französisch, im Zweiten Weltkrieg 1940–1944 allerdings vorübergehend von deutschen Truppen besetzt.

KZ-Außenlager Markirch

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im gleichen historischen Kontext wie im nahegelegenen Urbès entstand im März 1944 in Markirch Außenlager Markirch als Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof.[2]

Unter den Codenamen „A9“ und „Kiebitz“ sollten hier von KZ-Häftlingen in einem Eisenbahntunnel BMW-Flugmotoren für Messerschmitt-Flugzeuge produziert werden. Für die über 2.000 Häftlinge, die wie in Urbès in Bau- und Produktionskommandos aufgeteilt waren, gab es ein Lager in einer ehemaligen Textilfabrik bzw. Färberei sowie ein aus etwa 30 Holzbaracken bestehendes Barackenlager in der Nähe des Bahnhofs und des Tunneleingangs.

In der Folge des Vorrückens der Alliierten wurde das Lager im September und Oktober 1944 geräumt. Die Häftlinge wurden unter anderem in das KZ Neckarelz und das KZ Neckargartach verlegt.

Bevölkerungsentwicklung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
Jahr Einwohner Anmerkungen
1780 Marktflecken, mit elsässischem und lothringischem Teil, getrennt durch das Flüsschen Lièpvrette
1821 8089 davon 4147 Katholiken, 3782 Evangelische, 150 Täufer und zehn Juden[3]
1861 12.332 [4]
1872 12.319 am 1. Dezember, in 1167 Häusern;[5] nach anderen Angaben 12.424 Einwohner[6]
1880 11.524 am 1. Dezember, auf einer Fläche von 4524 ha, in 1138 Häusern, davon 5911 Katholiken, 5336 Evangelische und 169 Juden[7]
1885 11.407 davon 5979 Katholiken, 5133 Protestanten und 172 Juden[8]
1890 11.870 [4]
1900 12.372 davon 5410 Evangelische und 152 Juden[9]
1905 12.362 [4]
1910 11.778 davon 6670 Katholiken, 4893 Evangelische und 126 Juden (2605 Einwohner mit französischer, 59 mit italienischer Muttersprache)[10][11][4]
Anzahl Einwohner seit Mitte des 20. Jahrhunderts
Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2006 2018
Einwohner 7897 7417 6703 6358 5767 5817 5604 5072
Quellen: Cassini und INSEE

Kirchen in Sainte-Marie-aux-Mines

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Theater im Jugendstil, erbaut 1908[12]
    Theater
  • Villa Burrus, ehemalige Fabrikantenvilla der Eigentümer von F. J. Burrus im Neo-Barock Stil, erbaut 1903[13]
Villa Burrus

Verkehrsanbindung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1868 erhielt die Gemeinde mit der Bahnstrecke Sélestat–Sainte-Marie-aux-Mines Eisenbahnanschluss. Der 1868 in Betrieb genommene Bahnhof war ein Kopfbahnhof und der Endbahnhof der Strecke. Die Strecke wurde aus militärstrategischen Gründen 1929 bis 1931 nach Westen verlängert und an die Bahnstrecke Strasbourg–Saint-Dié angeschlossen. Bei den dafür erforderlichen Umbauten an der Strecke wurde der alte Bahnhof aufgegeben und ein neuer Durchgangsbahnhof an anderer Stelle errichtet. Auch entstand damals der 6874 m Sainte-Marie-aux-Mines-Eisenbahntunnel, der längste Eisenbahntunnel, der vollständig auf französischem Gebiet lag.[14] Eröffnung von Strecke und Tunnel nahm der französische Staatspräsidenten Albert Lebrun am 8. August 1937 vor. Der Industrielle und Politiker Maurice Burrus ließ aus diesem Anlass einen Tunnel aus Schokolade anfertigen, den die anwesenden Kinder nach der Eröffnung „plündern“ durften.[15]

Nachdem unter gewandelten politischen Verhältnissen nach dem Zweiten Weltkrieg der militär-strategische Wert der Strecke entfallen war und zunehmender Individualverkehr das sowieso schon schwache Aufkommen an Reisenden weiter sinken ließ, wurde der Eisenbahnverkehr im Abschnitt zwischen Sainte-Marie-aux-Mines und Lesseux-Frapelle zum 2. Juni 1973 aufgegeben.[16] Der Scheiteltunnel wurde – zunächst zeitlich begrenzt – in einen Straßentunnel umgebaut (siehe Abschnitt „Straße“). 1980 wurde auch der Personenverkehr Richtung Sélestat aufgegeben, 1990 dann auch der Güterverkehr und 1996/97 wurde die Strecke stillgelegt.

Über den sieben Kilometer entfernten Pass Col de Sainte-Marie (772 m) gelangt man auf der Route nationale 59 über den Vogesenkamm in das benachbarte Saint-Dié-des-Vosges in Lothringen. Das Tal aufwärts führt zum Col des Bagenelles (903 m), über den man zum Col du Bonhomme (949 m) gelangt – ebenfalls ein Übergang nach Lothringen – und zur Route des Crêtes. Nach Ribeauvillé über den 742 m hohen Col Haut de Ribeauvillé am Rande des Gebirges im Südosten sind es etwa 20 km, nach Sélestat in der Oberrheinebene etwa 23 km, Saint-Dié im Westen ist etwa 23 km entfernt.

Die Verbindung nach Saint-Dié ist auch durch den gebührenpflichtigen Maurice-Lemaire-Tunnel möglich. Der ursprüngliche Eisenbahntunnel, später umgebaut zu einem Straßentunnel, ist der längste vollständig auf französischem Gebiet liegende Straßentunnel. Nach Abschluss umfangreicher Baumaßnahmen, die hauptsächlich der Sicherheit dienten, wurde er zum 1. Oktober 2008 wieder geöffnet.

Gemeindepartnerschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Untergrombach, einem Teilort der 200 Kilometer entfernten Stadt Bruchsal, ist Sainte-Marie-aux-Mines seit 1989 partnerschaftlich verbunden. Die Partnerschaft mit der slowenischen Gemeinde Tržič besteht seit 1966.[17]

Persönlichkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Stadt verbunden

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Jakob Ammann (1644–vor 1730), Schweizer Mennonitenprediger und Gründer der Amischen, lebte von 1695 bis 1712 in Sainte-Marie-aux-Mines.
  • Laure Diebold (1915–1965), französische Widerstandskämpferin der Résistance, verbrachte einen Teil ihrer Kindheit in Sainte-Marie-aux-Mines.
  • Eddie Slovik (1920–1945) war der einzige US-amerikanische Soldat im Zweiten Weltkrieg, den die US Army wegen Fahnenflucht hinrichtete. Er starb am 31. Januar 1945 durch Erschießen in der Nähe von Sainte-Marie-aux-Mines.
Commons: Sainte-Marie-aux-Mines – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Sigmund Billings: Geschichte und Beschreibung des Elsasses und seiner Bewohner von den ältesten bis in die neuesten Zeiten, Basel 1782, S. 186–187 (books.google.de) und S. 270–271 (books.google.de).
  2. Arno Huth: Das doppelte Ende des „K.L. Natzweiler“ auf beiden Seiten des Rheins. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Neckarelz 2013, S. 34 ff.
  3. Johann Friedrich Aufschlager: Das Elsass. Neue historisch-topographische Beschreibung der beiden Rhein-Departemente. Zweiter Theil, Johann Heinrich Heitz, Straßburg 1825, S. 85–88 (books.google.de).
  4. a b c d Michael Rademacher: Landkreis Rappoltsweiler, Elsaß-Lothringen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  5. C. Stockert: Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 51 (books.google.de) und S. 78 (books.google.de).
  6. Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Sp. 37 (books.google.de).
  7. Statistisches Büro des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen (Hrsg.): Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 71, Ziffer 877 (books.google.de).
  8. Anonymes Mitglied des Katholischen Volksvereins: Die konfessionellen Verhältnisse an den Höheren Schulen in Elsaß-Lothringen. Statistisch und historisch dargestellt. Straßburg 1894, S. 42 (books.google.de).
  9. Markirch. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 13: Lyrik–Mitterwurzer. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1908, S. 321 (Digitalisat. zeno.org).
  10. Markirch, Landkreis Rappoltsweiler, Elsaß-Lothringen. In: Meyers Gazetteer. (Mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Markirch, meyersgaz.org)
  11. Kreis Rappoltsweiler, Elsaß-Lothringen – gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
  12. Théâtre municipal de Sainte-Marie-aux-Mines. In: POP - Platforme Ouverte du Patrimoine. Ministère de la Culture, abgerufen am 28. November 2021 (französisch).
  13. Der Park der Villa Burrus. In: Visit Alsace. Agence Régionale du Tourisme Grand Est (ARTGE) und von Alsace Destination Tourisme (ADT)., abgerufen am 28. November 2021.
  14. David Bouvier: Construction et rénovation du tunnel Maurice Lemaire (1841–2008). valdargent.com (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) – Mit zahlreichen historischen Fotos und Plänen.
  15. Le plus gros… tunnel au chocolat du monde, Leserbrief von Hubert Haensler in Dernières Nouvelles d’Alsace 4. Juni 2016; abgerufen am 15. Februar 2022.
  16. La Vie du rail. Nr. 2103.
  17. Website der Gemeinde – jumelages (französisch).