Sandsteinmuseum Kloster Cornberg
Das Sandsteinmuseum im Kloster Cornberg im Landkreis Hersfeld-Rotenburg wurde in der ersten Hälfte der 1990er Jahre mit dem Zweck eröffnet, die Bearbeitung und Verwendungsmöglichkeiten des Cornberger Sandsteins zu zeigen, der durch vorzeitliche Tierfährten bekannt geworden ist. Im geologischen und paläontologischen Teil der Ausstellung vermitteln Fossilien aus dem Cornberger Zechstein und dem Kupferschiefer des Richelsdorfer Gebirges einen Eindruck von der Vielfalt der Meerestiere und Pflanzen aus der jüngeren Permzeit, vor etwa 250 Millionen Jahren. Die ortsgeschichtliche Abteilung beschäftigt sich mit dem Kloster und der Gemeinde Cornberg. Hier wird eine rekonstruierte Wohnküche aus der Siedlung gezeigt, die in den Jahren von 1938 bis 1941 entstand, um den für die Wiederaufnahme des Kupferschieferbergbaus im Richelsdorfer Gebirge angeworbenen Berg- und Hüttenleuten, die mit ihren Familien aus anderen Bergbaurevieren kamen, Wohnmöglichkeiten zu schaffen.
Standort
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Museum ist im Obergeschoss des Westflügels der ehemaligen Klosteranlage des Benediktinerinnen-Ordens Cornberg eingerichtet worden. Das Kloster, das an der Bundesstraße 27 zwischen Sontra und Bebra liegt, gehört zu den bedeutenden gotischen Bauten Nordhessens. Es wurde gegen Ende des 13. Jahrhunderts mit dem Sandstein errichtet, der aus dem nahe liegenden Steinbruch gewonnen wurde.
Das Kloster ging aus einer Gemeinschaft von Beginen hervor. Frauen die einer Armutsbewegung angehörten und sich kurz nach 1220 in Bubenbach, auf der nordöstlichen Seite der Cornberger Höhe niederließen, um hier ihr anderes Leben zu beginnen. Die Zeit in Unabhängigkeit dauerte allerdings nicht lange. Als Vorwürfe aufkamen, dass sie Irrlehren verbreiten und ihnen Verfahren vor geistlichen Gerichten drohten, waren sie bereit, nach mehr als sieben Jahrzehnten in Bubenbach, in das nicht einmal eine halbe Wegestunde entfernte neu erbaute Kloster überzusiedeln, das der benediktinischen Reichsabtei Hersfeld unterstellt war.[1] Hier diente die Anlage später vornehmlich der Versorgung der ledig gebliebenen Frauen des einheimischen Adels und wurde von deren Familien gefördert. Seine Blütezeit hatte das Kloster im 14. und 15. Jahrhundert durch reichen Güterbesitz in 65 Orten. Mit der Einführung der Reformation in Hessen, um 1526, wurde das Frauenkloster aufgelöst und der Gebäudekomplex in ein landwirtschaftliches Hofgut umgewandelt, das in landgräflichem Besitz kam. Von 1834 an wurde es als eine Hessische Staatsdomäne bewirtschaftet und seit 1946 obliegt die Pflege der Anlage dem Land Hessen. Die verfallenen Wirtschafts- und Wohngebäude um das Kloster wurden zwischen 1957 bis 1994 abgerissen, das gotische Klostergeviert von 1990 bis 1994 aufwendig saniert. Ein Teil der bei den Bauarbeiten gefundenen oder bei Schürfungen freigelegten Gegenstände, wie Irdenware, Steinzeug, Glas und Porzellan aus der Klosterzeit und der nachfolgenden Bewirtschaftung werden im Sandsteinmuseum ausgestellt. Seit dem Jahr 1974 wird die Stätte von der hessischen Landesbehörde Staatliche Schlösser und Gärten Hessen verwaltet. Wegen ihrer künstlerischen, wissenschaftlichen und geschichtlichen Bedeutung steht die Anlage als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz.[2][3]
Ausstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Begründet wurde die Einrichtung des Sandsteinmuseums mit der engen Verbindung zwischen Kloster und Steinbruch, der direkt hinter der Klosteranlage lag und in dem die Steine für den Bau gebrochen wurden. Genutzt wurde er seitdem bis in unsere Gegenwart. Als das Abbauunternehmen 1995 den Betrieb einstellte, ging der Steinbruch in den Besitz der Gemeinde Cornberg über, die ihn als Lern- und Kulturort mit einem Seminargebäude und Mineralienschaudepot ausbaute. Im Jahr 2016 wurde der Cornberger Sandsteinbruch wegen seiner besonderen erdgeschichtlichen Bedeutung als Hessischer Geotop des Jahres ausgezeichnet.[4]
Die Entstehungsbedingungen des Cornberger Sandsteins sind nicht abschließend geklärt und werden noch immer kontrovers diskutiert. Einige Forscher bevorzugen die Hypothese, dass er als ein Ablagerungsgestein aus dem Verwitterungsschutt eines Gebirges entstand, das sich zwischen Harz und Hunsrück erstreckte. Schicht für Schicht, innerhalb von einigen tausend Jahren und dazwischen mit langen Pausen, entstand die 15 bis 18 Meter mächtige Formation am Ende der Ära des Erdaltertums und wurde im Lauf der Zeit durch den Erddruck zu Sandstein gepresst. Tektonische Bewegungen in der Erdkruste haben das Schollenstück mit dem heutigen Steinbruchareal nach oben geschoben, so dass der Sandstein oberflächennah und räumlich begrenzt nur in den Brüchen bei Cornberg und Rockensüß gefunden wurde. Der Sandstein ist viel früher gebildet worden als der bekanntere Buntsandstein, der erst im Erdmittelalter entstand.
Im Sandsteinmuseum informiert ein Modell einer Stratigrafie des Steinbruchs über die geologische Vergangenheit Cornbergs der letzten 250 Millionen Jahre. Auch ein Diorama soll einen Blick in die Vorzeit ermöglichen und zeigen, wie die Gegend im ausgehenden Erdaltertum ausgesehen haben könnte, als der Sandstein entstand: Eine wüstenartige Landschaft, das Klima heiß und trocken. Von dem spärlichen Pflanzenbewuchs lebten urtümliche Tiere, wie der für das Museum nachgebildete Saurier. In den Reptilien, die den riesigen Urkontinent Pangaea bevölkerten, werden nach neueren Untersuchungen die näheren Vorläufer der Säugetiere vermutet. Sie hinterließen im Sandstein eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Tritt-, Lauf- und Schleifspuren, von denen die ersten bereits 1928 entdeckt wurden. Seit den 1950er Jahren wurden bei den Arbeiten immer öfter Platten mit Trittsiegeln von Kleinsauriern gefunden, die nach den wissenschaftlichen Auswertungen der Universität Göttingen als einmalig im mitteleuropäischen Raum gelten. Fährten aus diesem Abschnitt des Perm waren hierzulande noch nicht bekannt. Der Geologe und Paläontologe Hermann Schmidt erkannte 17 unterschiedliche Formen, von denen die größten vermutlich von Anthracosauriern erzeugt wurden. Lange vor der Eröffnung des Cornberger Sandsteinmuseums gelangte bereits ein Teil der Fährtenplatten in öffentliche Sammlungen. Ausgestellt werden sie unter anderen im Kreisheimatmuseum in Rotenburg an der Fulda, Naturkundemuseum und Landesmuseum in Kassel, Frankfurter Senckenberg-Museum und im Museum der Universität Göttingen.[5][6]
Durch seinen hohen Quarzanteil besitzt der Cornberger Sandstein eine besondere Härte. Auch hebt er sich durch seine Farbgebung, er ist gelbbraun bis grau gefärbt, von anderen Sandsteinen ab. Eisen- und Manganeinlagerungen rufen oft Liesegangsche Ringe hervor, die als ring- oder wellenförmige Maserungen farblich deutlich in Erscheinung treten. Sie haben ihn neben seiner Festigkeit zu einem begehrten Naturwerkstein werden lassen. Ein Bereich im Museum zeigt die Bearbeitung des Cornberger Sandsteins und seine vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten. Anfangs nahm man nur unbehauene Bruchsteine, wie sie an dem Mauerwerk der Klostergebäude zu sehen sind. In späteren Zeiten wurden aus dem Vorkommen mit Bossierhammer und Sprengeisen Bossensteine gehauen, die als rechteckige Quader für die Fundamente von Häusern dienten. Auch für Grabmale, Taufbecken und Altäre sowie den Bau von Kirchen benutzte man den Stein. Da er geschliffen und poliert werden kann, war er als widerstandsfähiger Bodenbelag gefragt. Auch von Steinmetzen und Bildhauern wurde der Stein geschätzt. Im Museum und auf dem Klosterareal sind einige Werke ausgestellt. Außerdem sind hier historische Gerätschaften und Handwerkszeug zu sehen.
Im ortsgeschichtlichen Bereich des Museums wird die Entstehung Cornbergs thematisiert. Durch die Autarkiebestrebungen des Dritten Reiches war die Wiederaufnahme des Kupferschieferbergbaus im Richelsdorfer Gebirge in den 1930er Jahren forciert worden, weil Kupfer für die Rüstungsindustrie nötig war. Nach der Schaffung der rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen konnten für den Kurhessischen Kupferschieferbergbau systematisch Belegschaftswohnungen für die angeworbenen Berg- und Hüttenleute, die mit ihren Familien aus dem Mansfelder Land, Schlesien, dem Saarland und anderen Bergbaurevieren kamen, errichtet werden. Dabei wurde das Konzept verfolgt, geschlossene Bergbausiedlungen in Sontra, Nentershausen, Cornberg und Solz zu bauen. Diese vier Orte lagen alle in der Nähe der Arbeitsstätten der Bergleute. Die Planungen für die Errichtung einer eigenständigen Betriebssiedlung in Cornberg begannen im Jahr 1938. Ausgehend vom Kloster, das in dieser Zeit als Staatsdomäne geführt wurde, sollten die Strukturen und Funktionen einer gewachsenen Kleinstadt, mit Kleingärten und einer Mischung verschiedener Haus- und Wohnungstypen nachgeahmt werden. Mit dem Ziel insgesamt 800 Wohnungseinheiten zu erstellen, entstanden bis zum Ende der Nazizeit 157 Häuser mit 329 Wohnungen.[7] Im Museum vermitteln Exponate und eine rekonstruierte Wohnküche einen Eindruck vom Alltagsleben während der nationalsozialistischen Gründungszeit Cornbergs.
Ausgestellt wird hier auch eine im Jahr 1738 gegossene Glocke, die früher über 200 Jahre lang in der Klosterkirche hing. Zwischenzeitlich, seit Ende der 1950er Jahre hatte sie ihren Platz im Gemeindehaus in Cornberg gehabt. Nach dem Verkauf des Gebäudes wurde ein neuer Standort für die Glocke, die schon seit rund 60 Jahren nicht mehr geläutet hatte, nötig.[8]
Besucherhinweis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Sandsteinmuseum ist von März bis November an Sonntagen geöffnet. Sonderführungen für Gruppen sind nach telefonischer Absprache mit der Gemeinde Cornberg möglich.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hessischer Museumsverband (Hrsg): Museen in Hessen. 4. Auflage. Druckerei Schanze, Kassel 1994, ISBN 3-9800508-8-2, S. 93 f.
- Ernst Henn: Cornberg. Schicksal einer Frauengemeinschaft 1230-1526. Books on Demand, Norderstedt 2006, ISBN 3-8334-4135-6.
- Ellen Kemp: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen, Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Bd. 1. (Alheim bis Kirchheim). Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1997, ISBN 3-528-06247-9, S. 219 f.
- Abteilung Archäologische und Paläontologische Denkmalpflege im Landesamt für Denkmalpflege in Hessen (Hrsg): Der Cornberger Sandstein. Wiesbaden 1997.
- Lena Heilmann: Sandstein, Spuren und Saurier. Interessantes und Wissenswertes rund um den Cornberger Steinbruch. Gemeinde Cornberg (Hrsg) in Kooperation mit dem Bundesland Hessen.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ernst Henn: Cornberg. Schicksal einer Frauengemeinschaft 1230-1526. S. 7 f.
- ↑ Cornberg. In: Ellen Kemp: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen, Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Bd. 1, (Alheim bis Kirchheim). S. 219 f.
- ↑ „Benediktinerinnenkloster Cornberg, Gemeinde Cornberg“ In: Klöster und Orden auf der Website des Landesgeschichtlichen Informationssystems Hessen (LAGIS); abgerufen am 24. November 2024.
- ↑ Sandsteinbruch Cornberg. In: Hessische Geotope des Jahres auf der Website des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie); abgerufen am 24. November 2024.
- ↑ Hessischer Museumsverband (Hrsg.): Cornberger Sandsteinmuseum In: Museen in Hessen. S. 93 f.
- ↑ Lena Heilmann: Sandstein, Spuren und Saurier. Interessantes und Wissenswertes rund um den Cornberger Steinbruch.
- ↑ Micha Röhring: Bergbau im Richelsdorfer Gebirge im 20. Jahrhundert. Die Gewinnung von Kupferschiefer und Schwerspat bei Sontra in Hessen. Verein für hessische Geschichte und Landeskunde. Kassel 1998. ISBN=3-925333-33-9.
- ↑ Christopher Ziermann: Glocke ist zurück im Kloster. Neuer Standort wegen Verkauf des Gemeindehauses nötig. In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) vom Donnerstag, 30. Juli 2020.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Benediktinerinnenkloster Cornberg, Gemeinde Cornberg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Kloster Cornberg auf der Homepage der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen.
- Sandsteinmuseum Kloster Cornberg auf der Website der Gemeinde Cornberg.
Koordinaten: 51° 2′ 37″ N, 9° 51′ 51,9″ O