Scheidestube
Die Scheidestube war ein Raum, in dem im frühen Bergbau die Erze für die weitere Verarbeitung aufbereitet wurden.[1] Sie befand sich in der Regel in einem separaten Gebäude, dem Scheidehaus, auch Scheidekaue genannt,[2] in der Nähe des Ausschlagplatzes.[3] In der Scheidestube arbeiteten die Scheidejungen.[4]
Aufbau, Abmessungen und Anforderungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Scheidehaus wurde so angelegt, dass das Gebäude mit seiner Längsseite möglichst in südlicher, ggf. in westlicher, Richtung ausgerichtet war.[5] Wenn es die örtlichen Gegebenheiten zuließen, lag der Boden der Scheidestube tiefer als der Ausschlagplatz, so dass die Erze ins Scheidehaus gerollt werden konnten.[3] Je nach Bergwerk hatte das Scheidehaus eine Länge von 30 Fuß und eine Breite von 24 Fuß. Das Gebäude war zweigeschossig, der obere Dachboden konnte über eine Innentreppe erreicht werden.[2] Auf der Südseite des Gebäudes wurden mehrere Fenster in die Wand eingebaut, um die in der Scheidestube vorhandenen Arbeitsplätze mit genügend Tageslicht zu versorgen. Weitere Fenster wurden auf Westseite eingebaut.[5] Wenn es erforderlich war, wurden auch mehrere Fenster auf der Ostseite eingebaut. Zur besseren Ausnutzung des Tageslichts durften die für die Scheidestube verwendeten Fenster nicht zu klein gewählt werden.[3] Zum Schutz vor herumfliegenden Steinsplittern wurden vor den Fenstern Drahtsiebe befestigt.[5] Die Tür befand sich an einer anderen Seite des Raumes.[1] Die Scheidestube musste genügend groß sein, um für alle anfallenden Arbeiten genügend Platz zu bieten.[3] Eine bestimmte Mindesthöhe war erforderlich, damit der beim Scheiden der Erze auffliegende Staub nicht zu stark die Luft verunreinigte.[6] Für eine gute Belüftung des Raumes sorgten die geöffnete Tür oder in die Fenster einmontierte Ventilatoren.[3] Damit auch in den Wintermonaten in der Scheidestube gearbeitet werden konnte, musste die Stube beheizbar sein.[5] Diese Anforderung wurde im Oberharzer Bergbau erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfüllt.[3]
Innenausstattung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Scheidestube befanden sich zunächst einmal die Scheidebänke.[7] Diese waren unter den jeweiligen Fenstern montiert und zwar so, dass maximal zwei Scheideorte von einem Fenster mit Tageslicht versorgt wurden.[5] An der Wand, in der sich die Tür befand, wurde keine Scheidebank montiert. In der Mitte der Scheidestube befand sich ein langer Tisch, auf den die Scheidegänge gestürzt werden konnten.[1] Um die Scheidestube in den Wintermonaten beheizen zu können, war in ihr ein Ofen eingebaut.[5] An den einzelnen Arbeitsplätzen befanden sich die Werkzeuge, Hämmer und Scheidefäustel,[2] die für die jeweiligen Arbeiten benötigt wurden.[3] Zum Sammeln der aufbereiteten Erze befanden sich an den Arbeitsplätzen der Scheidebank mehrere Körbe. Auch für das taube Gestein wurden Körbe oder Fässer bereitgestellt.[1]
Nutzung der Räumlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Scheidestube erfolgte das Reinscheiden der Erze.[8] Hierfür wurden die auf den Tisch gestürzten Scheidegänge zunächst mit Wasser übergossen, um sie vom Staub zu befreien.[3] Anschließend wurden sie entsprechend an die einzelnen Scheidejungen verteilt.[1] In einigen Scheidestuben arbeiten teilweise bis zu 36 Scheidejungen.[4] Die Scheidegänge wurden nach dem Verteilen zunächst von einem Arbeiter zur Scheidebank getragen.[5] Dort wurden die Erzbrocken zerschlagen und das taube Gestein abgetrennt.[5] Außerdem wurden bei gemischten Erzen die einzelnen Erzsorten voneinander getrennt und sortiert gesammelt.[9] Um die aufbereiteten Erze für die weitere Verarbeitung zu lagern, hatte jede Scheidestube auf der Rückseite des Gebäudes eine oder mehrere Erzkammern.[5]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e Adolph Lefoinne, August Gillon (Hrsg.), Carl Hartmann: Vorträge über allgemeine Hüttenkunde gehalten an der Berg- und Gewerbsschule zu Lüttich. Verlag von Wolfgang Gerhard, Leipzig 1860, S. 23–26.
- ↑ a b c Franz Ludwig Canerinus: Anleitung zur Scheide- oder Aufbereitungskunst der Mineralien. Andreäische Buchhandlung, Frankfurt am Main 1782, S. 16–17.
- ↑ a b c d e f g h Moritz Ferdinand Gaetzschmann: Die Aufbereitung. Erster Band, Verlag von Arthur Felix, Leipzig 1864, S. 75–87.
- ↑ a b Carl Hartmann: Vademecum für den praktischen Berg- und Hüttenmann. Erster Band Bergwerksbetrieb, Verlag von Richard Neumeister, Leipzig 1859, S. 314–318.
- ↑ a b c d e f g h i P. Ritter von Rittinger: Lehrbuch der Aufbereitungskunde. Verlag von Ernst & Korn, Berlin 1867, S. 14–15.
- ↑ Christian Ernst Stifft: Versuch einer Anleitung zu der Aufbereitung der Erze. bey Johann Christian Krieger, Marburg und Cassel 1818, S. 55–57.
- ↑ Erklärendes Wörterbuch der im Bergbau in der Hüttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrücke und Fremdwörter. Verlag der Falkenberg'schen Buchhandlung, Burgsteinfurt 1869.
- ↑ Carl Hartmann: Handwörterbuch der Mineralogie, Berg-, Hütten- und Salzwerkskunde, der Mineralogie und Geognosie. Erster Band A bis F, Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1859, S. 71–73.
- ↑ Karl Karmasch, Friedrich Heeren: Technisches Wörterbuch oder Handbuch der Gewerbskunde. In alphabethischer Ordnung, Erster Band A - G, Verlag von Gottlieb Haase Söhne, Prag 1843, S. 245–246.