Schlacht bei Ouessant (1778)

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Seeschlacht bei Ouessant
Teil von: Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg

Historiengemälde des 19. Jahrhunderts von Théodore Gudin
Datum 27. Juli 1778
Ort 130 Kilometer westlich von Ouessant (engl.: Ushant) im Atlantischen Ozean
Ausgang unentschieden
Konfliktparteien

Großbritannien Konigreich Großbritannien

Frankreich Konigreich 1791 Frankreich

Befehlshaber

Augustus Keppel

Louis Guillouet d’Orvilliers

Truppenstärke

30 Linienschiffe,
6 Fregatten,
1 Kutter,
2 Brander

31 Linienschiffe,
7 Fregatten,
7 Korvetten

Verluste

700 Mann tot oder verwundet

500 Mann tot oder verwundet

Zahlen über Stärkeverhältnisse und Verluste können in der Literatur auseinandergehen.[1]

Die Seeschlacht bei Ouessant (englisch: Battle of Ushant oder auch First Battle of Ushant, französisch: Bataille d'Ouessant, in der deutschen Literatur wird der Ereignisort auch mit Quessant angegeben[2]) am 27. Juli 1778 war die erste Seeschlacht zwischen Großbritannien und Frankreich während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Sie endete ohne Entscheidung.

Großbritannien befand sich seit 1775 im Krieg gegen die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung. Im Jahr 1778 stellte Frankreich sich auf die Seite der Amerikaner und es kam zum Krieg mit Großbritannien. In Frankreich beabsichtigte man eine Invasion Großbritanniens. Dazu musste allerdings die Kanalflotte entscheidend geschlagen werden.

Augustus Keppel, der zuvor als Whig und Mitglied des House of Commons Gegner des Kriegskurses der Regierung gewesen war, hatte als Admiral das Kommando über die Kanalflotte erhalten. Von vornherein problematisch war, dass Hugh Palliser unter Keppel ein untergeordnetes Kommando erhalten hatte. Er gehörte zu den Lords der Admiralität und war Anhänger der Regierung.

Keppel hisste seine Flagge auf der Victory als seinem Flaggschiff. Als er bei der Flotte in Spithead ankam, war diese in einem schlechten Zustand. Nur wenige Schiffe waren einsatzbereit. Nach der offiziellen Kriegserklärung konnte die Zahl der einsatzfähigen Linienschiffe auf zwanzig erhöht werden. Mit diesen segelte er im Juni los und griff vor der französischen Küste zwei Fregatten an. Dies war die erste Kriegshandlung zwischen Frankreich und Großbritannien. Keppel kehrte nach England zurück, um seine Flotte zu verstärken, weil er erfahren hatte, dass in Brest 32 französische Kriegsschiffe bereitlägen.

Mit einer Flotte von nunmehr 30 Linienschiffen, sechs Fregatten, zwei Kuttern und zwei Brandern lief Keppel erneut aus und traf bei Ushant auf die französische Flotte unter Louis Guillouet, comte d’Orvilliers. Diese war am 8. Juli aus Brest ausgelaufen. Sie bestand aus 32 Linienschiffen und 16 Fregatten.

Nachdem sich die Flotten am 23. Juli erstmals in Sichtweite befanden, verhinderte ein orkanartiger Sturm für mehrere Tage eine Schlacht.

Skizze der Schlacht

Am Nachmittag des 23. Juli sichteten sich die beiden Flotten etwa hundert Meilen westlich von Ushant, die Franzosen befanden sich zu diesem Zeitpunkt leeseitig. Gegen Sonnenuntergang standen die Franzosen mit dem Wind aus West-Nordwest auf Südwest und fielen in nordöstlicher Richtung von den Briten ab, die sich in nördlicher Richtung befanden. Da die Briten die ganze Nacht hindurch fast bewegungslos blieben, nutzte d'Orvilliers eine Winddrehung, um nach Luv zu drängen. Am nächsten Morgen stellten die Briten fest, dass ihre Gegner in nordwestliche Richtung segelten. Keppel befand sich nun zwischen Brest und den Franzosen, während d'Orvilliers, obwohl er den Vorteil des offenen Rückzugs in seinen Hafen aufgab, durch den Windvorteil, weiter auf See bleiben und einen Kampf vermeiden konnte.[3]

Während der nächsten drei Tage versuchte Keppel vergeblich die französische Flotte zu stellen, die sich immer weiter in den Atlantik zurückzog. Um 6 Uhr morgens am 27. Juli, die Briten befanden sich in einer Dwarslinie, gab Keppel den Befehl, dass die Nachhut unter Sir Hugh Palliser, die einige Meilen entfernt war, eine Position an Luv einzunehmen. Um 9 Uhr gab D’Orvilliers seiner Flotte, die bis dahin in die gleiche Richtung, mehrere Meilen luvwärts, gesegelt war, Befehl zur Wende. Als die hintersten Schiffe der französischen Flotte jedoch wendeten, drehte der Wind und ermöglichte es den Briten, die Lücke zwischen ihnen und den Franzosen zu schließen.[4]

Um 10.15 Uhr, die Briten befanden sich fast im Kielwasser der Franzosen, befahl Keppel seinen eigenen Schiffen eine Kiellinienformation einzunehmen und zu wenden. Wenig später führte eine Änderung der Windrichtung zu einem Regenschauer. Mit dem Einsetzen des Regens änderte sich die Windrichtung auf Südwest, was den Briten einen Vorteil verschaffte, den d'Orvilliers gegen 11:00 Uhr durch das Wenden seiner Schiffe zu verhindern suchte. Somit steuerten die Franzosen, nun in loser Formation auf die Briten zu.[3]

Die französischen Schiffe lagen 4 Striche vor dem Wind und d'Orvilliers befahl, hoch am Wind zu segeln, was dazu führte, dass die ersten drei Schiffe der Franzosen leicht von den Briten abdrehten. Doch um 11:20 Uhr war das vierte Schiff der Franzosen in Reichweite der Briten und eröffnete das Feuer. Zeitweilig hoffte D’Orvilliers seinerseits, die englische Nachhut von der Hauptmacht abschneiden zu können. Diese Chance konnte nicht genutzt werden, weil der Unterbefehlshaber der Louis-Philippe II. Joseph de Bourbon, duc d’Orléans einen Befehl nicht sofort befolgt hatte. Keppel versuchte die Gelegenheit zu nutzen, um seinerseits mit einer Übermacht die feindliche Nachhut anzugreifen. Dem konnte D’Orvillier mit einem Manöver zuvorkommen, weil die französischen Schiffe über bessere Segeleigenschaften verfügten und die Kampfschäden an Segeln und Takelage nicht so groß waren wie auf britischer Seite. Das Ausweichmanöver führte dazu, dass die Flotten sich voneinander entfernten. Bei Einbruch der Nacht wurde das Geschützfeuer eingestellt.

Großbritannien

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Admiral Keppels Flotte[5]
Schiff Kanonen Kommandant Verluste Anmerkungen
getötet verwundet Insgesamt
Vorhut
Duke 90 William Brereton
Queen 90 Isaac Prescott Geschwaderflaggschiff von Vice-admiral Robert Harland
Monarch 74 Joshua Rowley
Hector 74 John Hamilton
Centaur 74 Phillips Cosby
Shrewsbury 74 John Lockhart Ross
Cumberland 74 Joseph Peyton
Berwick 74 Keith Stewart
Exeter 64 John Neal Pleydell Nott
Stirling Castle 64 Charles Douglas
Zentrum
Victory 100 John Campbell (First Captain)
Jonathan Faulknor
Flottenflaggschiff von Admiral Augustus Keppel
Sandwich 90 Richard Edwards
Prince George 90 John Lindsay
Foudroyant 80 John Jervis
Courageux 74 Constantine Phipps
Thunderer 74 Robert Boyle-Walsingham
Valiant 74 John Leveson-Gower
Terrible 74 Richard Bickerton
Vengeance 74 Michael Clements
Bienfaisant 64 John MacBride
Vigilant 64 Robert Kingsmill
Nachhut
Formidable 90 Captain John Bazely Geschwaderflaggschiff von Vice-admiral Hugh Palliser
Ocean 90 John Laforey
Elizabeth 74 Frederick Lewis Maitland
Robust 74 Alexander Hood
Egmont 74 John Carter Allen
Ramillies 74 Robert Digby
Worcester 64 Mark Robinson
America 64 Edward Pakenham
Defiance 64 Samuel Goodall
Fregatten und sonstige Schiffe
Arethusa 32 Samuel Marshall
Proserpine 28 Evelyn Sutton
Milford 28 William Burnaby
Fox 28 Thomas Windsor
Andromeda 28 Henry Bryne
Lively 20 Robert Biggs
Alert 12 William George Fairfax Kutter
Pluto 8 James Bradby Brander
Vulcan 8 James Lloyd Brander
Stärke: 7 Dreidecker, 23 Zweidecker und 9 kleinere Schiffe mit 2470 Kanonen
Admiral d’Orvilliers Flotte[6]
Schiff Kanonen Kommandant Verluste Anmerkungen
getötet verwundet Insgesamt
Vorhut
Couronne 80 Jean-Michel Huon de Kermadec Geschwaderflaggschiff von Lieutenant-général Louis Charles du Chaffault de Besné
Duc de Bourgogne 80 detachiert – nicht an der Schlacht beteiligt
Glorieux 74 Antoine Hilarion de Beausset
Palmier 74 Henry-César Boscal de Réals
Bien-Aimé 74 Marcel-Ambroise d’Aubenton
Dauphin Royal 70 Armand-Claude Poute de Nieuil
Vengeur 64 Claude-François Renart d'Amblimont
Alexandre 64
Indien 64 Charles-Marie de La Grandière
Saint Michel 64 Claude Mithon de Genouilly
Amphion 50 Jean François Denis de Keredern de Trobriand
Zentrum
Bretagne 100 Louis Guillaume de Parscau du Plessix Flottenflaggschiff von Lieutenant-général Louis Guillouet d’Orvilliers
Ville de Paris 90 Antoine de Thomassin de Peynier Flaggschiff von Chef d’escadre Luc Urbain du Bouëxic de Guichen
Orient 74 Charles Jean d'Hector
Fendant 74 Louis-Philippe de Rigaud de Vaudreuil
Magnifique 74 François-Louis de Brach
Actif 74 Thomas d’Estienne d’Orves
Réfléchi 64 Armand-François Cillart de Suville
Éveillé 64 Nicholas-Hyacinthe de Botderu
Artésien 64 Charles Sochet des Touches
Actionnaire 64 Vincent-Joseph-Marie de Proisy de Brison
Nachhut
Saint-Esprit 80 Pierre de Roquefeuil-Montpeyroux Geschwaderflaggschiff von Lieutenant-général Louis-Philippe II. Joseph de Bourbon und Chef d’escadre Toussaint-Guillaume Picquet de la Motte
Robuste 74 François Joseph Paul de Grasse
Conquérant 74 François-Aymar de Monteil
Intrépide 74 Louis-André Beaussier de Chateauvert
Zodiaque 74 Paul-Jules de la Porte-Vezins
Diadème 74 Jacques de Boutier de La Cardonnie
Solitaire 64 Bon Chrétien de Briqueville
Roland 64 Jean-François Gilart de Larchantel
Sphinx 64 Claude-René Pâris de Soulanges
Triton 64 Gaspard de Ligondès
Fier 50 Jean-Baptiste Turpin du Breuil
Fregatten und Korvetten
Sensible 34 Charles René Louis de Bernard de Marigny
Andromaque 32
Junon 32 Antoine de Beaumont
Iphigéne 32
Nymphe 32
Surveillante 32
Sincére 32
Perle 16 Charles de Mengaud de la Haye
Hirondelle 16
Ecureuil 14
Sérin 14
Curieuse 10
Favorite 10
Lunette 4 Gilbert Pierre Alexandre Chavagnac
Stärke: 2 Dreidecker, 29 Zweidecker und 14 kleinere Schiffe mit 2486 Kanonen

Das Aufeinandertreffen der beiden Flotten hatte so gut wie keine militärischen Folgen. Keine der beiden Seiten konnte ein Schiff des Gegners erobern oder versenken. Beide Flotten kehrten in ihre Häfen zurück.

Kriegsgerichtsprozess gegen Keppel

Franzosen und Engländer bezichtigten sich gegenseitig des Ausweichens. In Großbritannien löste die ergebnislose Schlacht eine heftige öffentliche Debatte über die Verantwortung dafür aus. Dabei konzentrierte sich die Auseinandersetzung auf Keppel und Hugh Palliser. Beide beschuldigten sich auch gegenseitig. Die Verhandlung des Kriegsgerichts gegen beide Kontrahenten wurde je nach Parteimeinung unterschiedlich betrachtet. Der Prozess gegen Keppel dauerte insgesamt fünf Wochen und wurde in der Öffentlichkeit breit diskutiert.[7] Insgesamt war aber die öffentliche Meinung und auch die der Marine eher auf Seiten von Keppel. Es kam sogar zu gewaltsamen Protesten in London. Beide Beschuldigten wurden freigesprochen, verloren aber ihre Posten. Kaum weniger kritisch wurde in Frankreich die Leistung d’Orvilliers beurteilt. Er wurde seines Kommandos enthoben und trat in ein Kloster ein.

Commons: Battle of Ushant (1778) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bodart: Militär-historisches Kriegs-Lexikon, (1618–1905). S. 256.
  2. Saalfeld: Allgemeine Geschichte der neuesten Zeit
  3. a b Clowes: The Royal Navya history from the earliest times to the present S. 413ff.
  4. Syrett: The Royal Navy in European waters during the American Revolutionary War S. 41ff.
  5. Rif Winfield & Stephen S Roberts: French Warships in the Age of Sail 1626–1786., S. 35–36.
  6. Rif Winfield & Stephen S Roberts: French Warships in the Age of Sail 1626–1786., S. 35.
  7. zeitgenössisches Beispiel: The trial of the Honourable Augustus Keppel, Admiral of the Blue Squadron (…) Portsmouth, 1779 Digitalisat