Schließungssatz von Poncelet
Der Schließungssatz von Poncelet ist ein Satz der projektiven Geometrie und besagt: Kann man ein -Eck () gleichzeitig einem Kegelschnitt umschreiben und einem anderen Kegelschnitt einschreiben, so gibt es noch unendlich viele weitere -Ecke mit dieser Eigenschaft.
Alternative Formulierung: , seien Kegelschnitte. liege innerhalb von . Man startet dann folgende Kette von Konstruktionen: Von einem Punkt auf wird die Tangente zu gezogen, die in einem weiteren Punkt schneidet, von diesem Punkt wird die zweite Tangente auf gezogen usw. Schließt sich die aus den Tangentenabschnitten gebildete Figur wieder im Punkt , so besagt der Satz, dass es noch unendlich viele weitere solche Figuren zu den Kegelschnitten , gibt. Man kann mit einem beliebigen anderen Punkt von starten und erhält wieder ein geschlossenes Vieleck. Die so erhaltenen Vielecke heißen auch Poncelet-Polygone.
Jean-Victor Poncelet gab in seinem Traité des propriétés projectives des figures von 1822 einen („synthetischen“) geometrischen Beweis. Carl Gustav Jacobi (Journal für reine und angewandte Mathematik, Bd. 3, 1828) gab einen Beweis mit elliptischen Funktionen. Ein moderner Beweis von Phillip Griffiths macht transparent, dass die Gruppeneigenschaften elliptischer Kurven hinter diesem Satz stecken. Der Satz ist nach Griffiths äquivalent dem Additionsgesetz elliptischer Integrale. Viele weitere berühmte Mathematiker haben Beiträge für den Satz und seine Verallgemeinerung geliefert, beispielsweise gab Arthur Cayley explizite Bedingungen dafür an, wann Kegelschnitte solche Poncelet-Polygone haben (Philosophical Magazine Bd. 6, 1852, 99, Phil.Trans.Royal Society Bd. 151, 1861, S. 225, auch in Henri Lebesgue: Les coniques. 1942). Das wird vom Standpunkt der Theorie elliptischer Kurven auch dargestellt in Griffiths, Harris On Cayley's explicit solution to Poncelet's porism. L'enseignement Mathematique, 24 (1978).
Der Satz ist das Paradebeispiel für eine Klasse geometrischer Probleme, die Schließungsprobleme genannt werden.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolf Barth, Thomas Bauer: Poncelet theorems. Expositiones Mathematicae, Bd. 14, 1996, 125–144.
- Henk Bos, C. Kers, Frans Oort, D. W. Raven: Poncelet's closure theorem. Expositiones Mathematicae, Bd. 5, 1987, S. 289.
- Kenji Ueno, Koji Shiga, Shigeyuki Morita: A Mathematical Gift II. American Mathematical Society 2000
- Dmitry Fuchs, Serge Tabachnikov Ein Schaubild der Mathematik, Springer Verlag 2011 (Kapitel 29)
- Griffiths Complex analysis and algebraic geometry, Bulletin AMS, 1979, S. 607
- Griffiths, Harris: A Poncelet theorem in space. Comm. Math. Helvetici Bd. 53, 1977, S. 145.
- Griffiths: Variations on a Theorem of Abel. Inventiones Mathematicae Bd.35, 1976.
- Rohn: Das Schließungsproblem von Poncelet und seine Erweiterungen. Jahresbericht DMV 1913.
- Friedrich Dingeldey zum Schließungssatz in: Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften
- Stutz: Zur Anwendung der elliptischen Funktionen auf das Poncelet'sche Schliessungsproblem. 1909, Dissertation
- Hurwitz Über unendlich vieldeutige geometrische Aufgaben, insbesondere die Schließungsprobleme, Mathematische Annalen, Band 15, 1879, S. 8–16
- Jacobi: Ueber die Anwendung der elliptischen Transcendenten auf ein bekanntes Problem der Elementargeometrie.
- Ervedoza, Pouchin Le théorème de Poncelet, 2003, französisch, pdf
- Serge Tabachnikov: Billards, Société Mathématique de France, Panoramas et Synthèses, 1995 (sowie Geometry and Billiards, Online, pdf)
- Prasolov, Tikhomirov Geometry, AMS 2001.[1]
- Vladimir Dragović, Milena Radnović: Bicentennial of the Great Poncelet Theorem (1813–2013): Current advances, Bulletin AMS, Band 51, 2014, S. 373–445, Online
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Webseite von Prof. Dr. Th. Bauer der Universität Marburg
- Animation auf Seite der Uni Mainz, mit Staatsexamensarbeit von Ulrike Herr
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Einfacher Beweis für den Spezialfall von Kreisen (S. 179f). Eine Erweiterung auf beliebige Kegelschnitte (Ellipsen) stammt von A. A. Panov (Moskau), siehe Alexander Shen Mathematical Entertainments, Mathematical Intelligencer 1998, Nr. 4, S. 31f