Schloss Świdwin

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Schloss Schivelbein
Komtur Leopold Alexander von Wartensleben (1710–1775)

Das Schloss in Świdwin (Schivelbein) beherbergt ein regionales Kulturzentrum. Das Schloss befindet sich an linken Ufer des Flusses Rega in einem Flussknie, nordwestlich von der Stadt.

Die erste Burg wurde von den askanischen Markgrafen von Brandenburg, die das Gebiet um Świdwin/Schievelbein 1258 vom Bistum Cammin gekauft hatten, am Ende des 13. Jahrhunderts errichtet. Sie hatte einen trapezförmigen Grundriss mit einem Wohngebäude an der nördlichen Burgmauer.

Das Adelsgeschlecht der Wedel, vertreten durch den Hofmarschall Wedego von Wedel, ab 1319 Besitzer der Stadt Schivelbein, begann das Schloss zu erweitern, verkauften es aber aus Geldnot 1384 an den Deutschen Orden. Die Ritter verwandelten das Schloss in den Sitz einer Vogtei. Am Ende des 14. Jahrhunderts trugen sie das alte Wohngebäude ab, errichteten den neuen Ostflügel und die Vogtei am Nordabschnitt der Burgmauer sowie ein neues Burgtor mit dem Torturm.

Im Jahr 1445 erwarb der Kurfürst von Brandenburg Friedrich II., „der Eiserne“ aus dem Haus Hohenzollern, das Schloss für die Markgrafschaft zurück. Durch einen Gebietstausch[1][2] zwischen dem Amt Schivelbein und der Johanniter-Komturei Quartschen gehörte das Schloss seit 1540 dem evangelischen Johanniterorden, der zwei neue Flügel errichtete. Dadurch ist ein geschlossener Innenhof entstanden. Als übergeordneter Bauherr gilt der Herrenmeister Veit von Thümen.

Melchior von Barfuß, der bis 1540 Komtur in Quartschen gewesen war, wirkte anschließend als kurfürstlicher Landvogt im Schivelbeiner und Dramburger Kreis und war hier gleichzeitig Komtur.[3] 1545 wurde der von Margraf Johann von Küstrin schnell nobiltierte Rat Franz von Neumann Komtur zu Schivelbein, er setzte seine Karriere im Orden als Herrenmeister fort, blieb aber als Person in der historische Geschichtsschreibung bei den Johannitern umstritten.[4] Vor Ort wirkten weitere Komture, wesentlich später Kommendatoren genannt. 1571 war Detlof von Winterfeld sen. der örtliche Komtur. Ein weiterer dieser Komture (Comthure; Comptoir) war der Senior von Sonnenburg, Sitz der Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis zu Jerusalem (kurz Johanniterorden), der Sohn des Vorgenannten, Georg von Winterfeld(e), nachfolgend[5] Senior des Ordens und dann sogar Herrenmeister. Nach ihm folgten Bogislaf von Schwerin und Heino Henrich von Fleming, der seit 1688 und noch nach 1720 im Amt war.[6]

Die Doppelfunktion von Komtur und Landvogt war eine Art Statthalterschaft in Personalunion.[7] Einer der letzten Kommendatoren der Kommende Schivelbein war ein persönlicher Freund Friedrich des Großen, frühzeitig Freimaurer und Träger des Ordens Pour le Mérite, der Graf Leopold Alexander von Wartensleben (1710–1775). Graf Wartensleben starb als amtierender Komtur von Schivelbein.

Nach Auflösung der Schivelbeiner Johanniterordens-Komturei 1808 und der fast zeitgleichen Umwandlung der Balley Brandenburg in eine Vereinsstiftung und damit der faktische Einziehung des Ordenseigentums wurde das Schloss nunmehr Eigentum des Staates Preußen. Die noch 1939 bestehende Schlossmühle wurde als landwirtschaftlicher Hof bezeichnet, mit 8,5 ha.[8] Zuletzt beherbergte es eine Mädchenschule mit Internatsbetrieb.

Seit 1945 stand Schivelbein unter der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Das ausgeplünderte Gebäude diente als landwirtschaftliche Schule. 1952 brannte es nieder und wurde von 1962 bis 1968 wiederaufgebaut.

Das Schloss wurde am 29. Juni 1953 und am 28. August 2013 unter A-1191 in das Verzeichnis der Baudenkmäler der Woiwodschaft Westpommern eingetragen.[9]

Commons: Schloss Świdwin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Ludwig Böttger, Julius Kohte: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Köslin, Bd. 3., Die Kreise Schivelbein, Dramburg, Neustettin, Bublitz u. Rummelsburg, Hrsg. Provinzialverband Pommern, Léon Saunier, Stettin 1934. DNB
  • Gustav Kratz: Robert Klempin: Die Städte der Provinz Pommern. Abriß der Geschichte, zumeist nach Urkunden. In Commission bei A. Bath (Mittler`s Sortiments-Buchhandlung), Berlin 1865 (Google Books).
  • Adolf von Winterfeld: Geschichte des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. Mit besonderer Berücksichtigung der Ballei Brandenburg oder des Herrenmeisterthums Sonnenburg. Berendt, Berlin 1859, S. 783–784 (Google Books).
  • Leszek Kajzer: Leksykon zamków w Polsce. Arkady, Warszawa 2001. ISBN 83-213-4158-6 (polnisch).
  1. Codex diplomaticus Brandenburgensis, Band 18, herausgegeben von Adolph Friedrich Riedel, Reimer, Berlin 1859, S. 277–279 (Google Books).
  2. Justus Christoph Dithmar: Genealogisch-Historische Nachricht Von denen Hochwürdigsten und Durchlauchtigsten Herren-Meistern Des Ritterlichen Johanniter-Ordens In der Marck, Sachsen, Pommern und Wendland Samt Des Jetzigen Herren-Meisters Prinz Carln, Printzen in Preußen, Königl. Hoheit. 1737. Hrsg.: Balley Brandenburg. 16. Kapitel. Vom Vierzehnten Herrn-Meister, Veit von Thümen, Schivelbein. Eigenverlag, Frankfurt an der Oder 1737, S. 68–70 (google.de [abgerufen am 26. September 2022]).
  3. Heinrich Kypke: Chronik des alten Adelsgeschlechtes der von dem Lentcze nebst den bürgerlichen Abzweigungen der Lenz (Lentz, Lentze). Hauptband, Kapitel V. Wischan & Burkhardt, Halle a. S. 1904, S. 170 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 26. September 2022]).
  4. Eduard Ludwig Wedekind: Geschichte des Ritterlichen St. Johanniter-Ordens, besonders dessen Herrenmeisterthums Sonnenburg oder der Ballei Brandenburg. 1853. 10. Die Ballei Brandenburg oder das Herrenmeisterthums Sonnenburg. Deckersche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei, Berlin 1853, S. 100–105 (google.de [abgerufen am 26. September 2022]).
  5. Ad. M. Hildebrandt: Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie 1884. Hrsg.: Herold Verein zu Berlin. XII. Auflage. Carl Heymanns Verlag, Berlin 1884, S. 388 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 26. September 2022]).
  6. Johann Christoph Beckmann, Justus Christoph Dithmar: Beschreibung Des Ritterlichen Johanniter-Orden Und dessen absonderlicher Beschaffenheit im Herrn-Meisterthum In der Marck, Sachsen, Pommern und Wendland, Frankfurt an der Oder 1726, S. 171 (Google Books).
  7. Heinrich Kaak: Regionalität und Transfergeschichte. Ritterordenskommenden der Templer und Johanniter im nordöstlichen Deutschland und in Polen seit dem Mittelalter. In: Christian Gahlbeck, Heinz-Dieter Heimann, Dieter Schumann (Hrsg.): Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg. N.F. Online–Ressource Auflage. Band 4, Angespanntes Verhältnis zum Patron und ungesichterter Besitz im 16. Jahrhundert. Lutherisches Bekenntnis in der Neumark. Diplomatisches Ringen um die "auswärtigen" Besitzungen. Lukas Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-86732-793-0, S. 472–482 (google.de [abgerufen am 26. September 2022]).
  8. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen. Nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben bearbeitet. In: H. Seeliger (Hrsg.): Letzte Ausgabe Paul Niekammer. 9. Reprint Klaus D. Becker Potsdam. Facsimile Edition Auflage. Band I f. Ausgabe Pommern, Regierungsbezirk Köslin. Kreis Belgard. Verlag von Niekammer’s Adreßbüchern GmbH, Leipzig 1939, ISBN 978-3-88372-229-0, S. 224 (google.de [abgerufen am 26. September 2022]).
  9. https://www.nid.pl/pl/Informacje_ogolne/Zabytki_w_Polsce/rejestr-zabytkow/zestawienia-zabytkow-nieruchomych/stan%20na%2030.09.13/ZPO-rej.pdf

Koordinaten: 53° 46′ 21,7″ N, 15° 46′ 8″ O