Schneidladung
Eine Schneidladung ist eine Bauart eines Sprengsatzes mit besonders hoher und gezielt gerichteter Durchschlagskraft. Sie wird beispielsweise verwendet, um dicke Profilstahlelemente, massive Träger oder Stahlbetonteile zu durchtrennen. Eine normale Sprengladung hat aufgrund geringer Richtwirkung nicht die nötige Effektivität, da nicht genügend gerichtete Energie entwickelt wird.[1]
Um ein bis zu 1 m dickes massives Stahl- oder Stahlbetonelement zu durchtrennen, ist zum einen eine bestimmte Detonationsgeschwindigkeit des eingesetzten Sprengstoffes erforderlich, zum anderen ist zur Erzielung der Richtwirkung ein besonderer mechanischer Aufbau der Sprenglandung nötig (ähnlich im Wirkprinzip zu einer in militärischen Bereich eingesetzten Hohlladung), mit dem die Wirkung auf eine Linie fokussiert wird.
Aufbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Schneidladung besteht aus einem V-förmigen Metallkörper, dem „Liner“. An diesem ist auf ganzer Länge hochbrisanter Sprengstoff aufgebracht. Es existieren verschiedene Bauweisen: eine besteht beispielsweise aus zwei Metallprofilen, in deren Zwischenraum der Sprengstoff eingebracht ist.
Wirkungsweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Zündung der Ladung wird Energie freigesetzt. Diese verformt das Material der Ummantelung und lässt es durch die Kraft der Explosion zu einer Art Geschoss werden, welches schließlich den Stahl durchschneidet.
Das Wirkungsprinzip ähnelt dem einer Hohlladung aus dem militärischen Bereich. Der Unterschied besteht darin, dass die freigesetzte Energie nicht auf einen einzelnen sehr begrenzten Punkt konzentriert wird, sondern auf eine linienförmige, schmale Fläche. Auf diese Weise kann mit relativ geringem Material- und Arbeitsaufwand auch die solideste Stahlkonstruktion schnell gezielt geschwächt werden.
Brückensprengungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Spezielle Varianten mit 7,5–9,0 kg pro Meter Schneidladung hochbrisantem Sprengstoff werden im militärischen Bereich für das „Durchschneiden“ von Brücken (Stahl und Stahlbeton) angewendet. Diese Schneidladungen haben eine Durchschlagskraft von bis zu 100 cm Stahlbeton. Im Gegensatz zur konventionellen Sprengung wird dabei die Brücke nicht komplett zerstört, sondern zerstört sich erst bei Belastung, beispielsweise durch die Überfahrt von Lkw oder Panzern. Der Einsatz militärischer Schneidladungen war den Pionieren vorbehalten, inzwischen haben sie auch Einzug in den Abbruch von Gebäuden, vorzugsweise Industrieanlagen, gefunden. Die bei der Bundeswehr benutzten Arten sind aus der Liste von Bundeswehrmunition ersichtlich.
Anwendungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Abriss von Stahlkonstruktionen
- Abtrennung von Raketenstufen nach ihrem Ausbrennen
- Trennen unterirdischer Rohre in der Gas- und Erdölindustrie[2]
-
Kampfmittelbeseitigung (Übung)
-
Schneidladung als Teil des Selbstzerstörungsmechanismus einer Falcon 9 v1.0
Handelsnamen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Blade von Royal Ordnance (nicht mehr erhältlich)
- Linear Cutter
- Semtex Razor von Explosia
- ResaFlex
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Technische Regel zum Sprengstoffrecht Sprengarbeiten (abgerufen am 24. April 2020)
- Patent DE3739683C2: Schneidladung. Angemeldet am 24. November 1987, veröffentlicht am 12. Mai 1999, Erfinder: Christfried Arthur Adolf Heinrich Müller.
- Recycling von polymeren Verbundstrukturen aus Rotorblättern (abgerufen am 24. April 2020)
- Bauwerkssprengungen (abgerufen am 24. April 2020)
- Fachtagung Abbruch in Bauportal S. 7, 8 (abgerufen am 24. April 2020)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Die Baustellen: Einsatzvon linearen Hohlladungen, Ausgabe September 2008, Seiten 42–44 (online-PDF 1,01 MB) ( vom 22. April 2018 im Internet Archive), eingesehen am 22. April 2018
- ↑ Pipe Recovery Systems. In: dynaenergetics.com. Archiviert vom ; abgerufen am 4. Mai 2017 (englisch).