Schotenmuscheln

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Schotenmuscheln

Solemya elarraichensis

Systematik
Unterstamm: Schalenweichtiere (Conchifera)
Klasse: Muscheln (Bivalvia)
Unterklasse: Protobranchia
Ordnung: Solemyida
Überfamilie: Solemyoidea
Familie: Schotenmuscheln
Wissenschaftlicher Name
Solemyidae
Gray, 1840

Die Schotenmuscheln (Solemyidae) sind eine Familie innerhalb der Ordnung der Solemyida, die zur Teilklasse der Protobranchia innerhalb der Klasse der Muscheln gestellt wird. Die ältesten Vertreter der Solemyidae sind schon im Ordovizium nachgewiesen.[1] Derzeit werden je nach Auffassung der Autoren bis etwa 60 rezente und fossile Arten zur Familie der Schotenmscheln gestellt.

Die Familie der Schotenmuscheln beinhaltet Arten mit hinten und vorne abgerundeten, länglich-eiförmigen und länglich-elliptischen Gehäusen, oder Gehäusen, deren Ventral- und Dorsalrand weitgehend parallel verlaufen (gerundet rechteckig). Sie sind mäßig bis stark aufgebläht (dick) und sehr ungleichseitig mit einem mehr oder weniger deutlich zum Hinterende verlagerten Wirbel. Die Wirbel sind klein und stoßen zusammen. Die maximale Länge der Gehäuse beträgt fast 30 cm (†Acharax yokosukensis Kanie & Kuramochi, 1995[2]); sie klaffen am Vorder- und Hinterende. Eine Lunula ist nicht vorhanden, die Area ist dafür recht groß. Der Gehäuserand ist recht scharf und wird vom weit über die mineralische Schale überstehenden Periostracum gebildet. Das interne oder externe Ligament kann vor, zwischen und hinter den Wirbel oder ganz hinter den Wirbeln liegen. Intern kann ein Ligamentträger ausgebildet sein. Das Schloss ist zahnlos, anstelle des Schlosses kann ein Kallus vorhanden sein.

Die weißliche Schale ist dünn und zerbrechlich und besteht aus zwei je nach Art etwas unterschiedlich strukturierten aragonitischen Lagen[3] und dem fest haftenden, vergleichsweise dicken organischen Periostracum. Das Periostracum ist rotbraun mit dunklen oder grünlichen radialen Bändern. Die Oberfläche (des Periostracums) ist glatt und glänzend. Manche Arten besitzen breite radiale Rippen, die durch schmale und flache Streifen getrennt sind.

Es sind noch zwei Schließmuskeln vorhanden, von denen der vordere aber deutlich größer ist als der hintere Schließmuskel. Die Solemyidae besitzen keine Siphonen, die Mantellinie ist nicht eingebuchtet, oft verwachsen und undeutlich. Der Wassereinstrom erfolgt über das Vorderende. Sie besitzen auch keine Byssusdrüse. Einige Arten haben ihren Darm teilweise oder ganz reduziert. Sie ernähren sich von Bakterien im Kiemengewebe. Andere Arten ernähren sich zumindest z. T. auch von Detritus.

Geographische Verbreitung und Lebensweise

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Die Familie ist weltweit verbreitet. Die Arten kommen sowohl in kalten wie wärmeren Meeren vor. Die Arten der Gattung Solemya leben ein bis zwei Zentimeter tief eingegraben in eher flacheren Meeresgebieten (Gezeitenbereich bis etwa 600 Meter) in Sedimenten mit einem hohen Anteil von organischem Material, die oft sauerstoffarm und reich an Schwefelwasserstoff sind. Die Acharax-Arten sind dagegen ausgesprochene Tiefseeformen (tiefer als 400 Meter bis in rund 5.000 Meter), die an Cold Seeps vorkommen oder in Sedimenten, die von aufsteigenden hydrothermalen Wässern beeinflusst sind.

Viele (alle?) Arten der Familie Solemyidae ernähren sich von chemoautotrophen, sulfidoxydierenden Bakterien im Kiemengewebe. Die ist aber bisher noch nicht in allen Arten nachgewiesen. Bei den bisher untersuchten Arten ist dies der Fall, obwohl sich einige Arten noch zusätzlich von Detritus ernähren. Die chemoautotrophen Gammaproteobakterien von Solemya und Acharax unterscheiden sich sehr deutlich voneinander und lassen auf eine bereits lange zurück liegende Trennung dieser beiden Gattungen schließen.[4]

Das Taxon wurde 1840 von John Edward Gray als Solenomyadae aufgestellt, basierend auf der unberechtigten Emendation Solenomya Children, 1823.[5] In der Systematik von Bouchet & Rocroi (2010) ist es die einzige Familie der Überfamilie Solemyoidea. Sie unterteilen die Familie in drei Unterfamilien Solemyinae, Acharacinae und Clinopisthinae unterteilt. Carter et al. (2007) unterteilten dagegen die Überfamilie Solemyoidea noch in vier Familien, drei davon (Ctenodontidae Wöhrmann, 1893, Ovatoconchidae Carter, 2007 und Clinopisthidae Pojeta, 1988) sind nur fossil bekannt. Die Familie Solemyidae s. str. wird in zwei Unterfamilien Solemyinae und Janacekiinae Růžička & Řehoř, 1978 unterteilt. Graham Oliver und John Taylor (2012) behandeln die Familie Ovatoconchidae als Synonym von Solemyidae. Der Fossilbericht der Familie Solemyidae würde damit bis zurück in das Ordovizium reichen; Ovatoconcha stammt aus dem Floium (Unteres Ordovizium). Die Gattungen der Ovatoconchidae sind daher mit einem Fragezeichen markiert. In neueren Originalpublikationen wird die Unterfamiliengliederung der Solemyiidae meist nicht verwendet. Der Familie werden nur zwei rezente und einige ausschließlich fossile Gattungen zugewiesen[6][7]. Beide rezente Gattungen werden in Untergattungen gegliedert.

  • Philippe Bouchet, Jean-Pierre Rocroi, Rüdiger Bieler, Joseph G. Carter, Eugene V. Coan: Nomenclator of Bivalve Families with a Classification of Bivalve Families. Malacologia, 52(2): 1–184, 2010 doi:10.4002/040.052.0201
  • Joseph G. Carter, Cristian R. Altaba, Laurie C. Anderson, Rafael Araujo, Alexander S. Biakov, Arthur E. Bogan, David C. Campbell, Matthew Campbell, Chen Jin-hua, John C. W. Cope, Graciela Delvene, Henk H. Dijkstra, Fang Zong-jie, Ronald N. Gardner, Vera A. Gavrilova, Irina A. Goncharova, Peter J. Harries, Joseph H. Hartman, Michael Hautmann, Walter R. Hoeh, Jorgen Hylleberg, Jiang Bao-yu, Paul Johnston, Lisa Kirkendale, Karl Kleemann, Jens Koppka, Jiří Kříž, Deusana Machado, Nikolaus Malchus, Ana Márquez-Aliaga, Jean-Pierre Masse, Christopher A. McRoberts, Peter U. Middelfart, Simon Mitchell, Lidiya A. Nevesskaja, Sacit Özer, John Pojeta, Jr., Inga V. Polubotko, Jose Maria Pons, Sergey Popov, Teresa Sánchez, André F. Sartori, Robert W. Scott, Irina I. Sey, Javier H. Signorelli, Vladimir V. Silantiev, Peter W. Skelton, Thomas Steuber, J. Bruce Waterhouse, G. Lynn Wingard, Thomas Yancey: A Synoptical Classification of the Bivalvia (Mollusca). Kansas University Paleontological Contributions, 4: 1–47, Lawrence, Kansas, USA 2011, ISSN 1946-0279 PDF
  • Guido Poppe und Yoshihiro Goto: European Seashells Volume 2 (Scaphopoda, Bivalvia, Cephalopoda). 221 S., Verlag Christa Hemmen, Wiesbaden 1993 (2000 unv. Nachdruck) ISBN 3-925919-10-4
  • Raymond Cecil Moore (Hrsg.): Treatise on invertebrate paleontology. Mollusca, 6, Bivalvia 1. XXXVIII, 489 S., New York, 1969 (S.N250).

Einzelnachweise

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  1. P. Graham Oliver, John D. Taylor: Bacterial symbiosis in the Nucinellidae (Bivalvia: Solemyida) with descriptions of two new species. Journal of Molluscan Studies, 78: 81–91, 2012 doi:10.1093/mollus/eyr045
  2. Kazutaka Amano, Hisao Ando: Giant fossil Acharax (Bivalvia: Solemyidae) from the Miocene of Japan. The Nautilus, 125(4): 207-212, 2011 PDF
  3. Kei Sato, Rei Nakashima, Ryuichi Majima, Hiromi Watanabe, Takenori Sasaki: Shell Microstructures of Five Recent Solemyids from Japan (Mollusca: Bivalvia). Paleontological Research, 17(1):69-90, 2013 doi:10.2517/1342-8144-17.1.69
  4. Sven C. Neulinger, Heiko Sahling, Jörg Süling, Johannes F. Imhoff: Presence of two phylogenetically distinct groups in the deep-sea mussel Acharax (Mollusca: Bivalvia: Solemyidae). Marine Ecology Progress Series, 312: 161–168, 2006 PDF
  5. John Edward Gray: Shells of molluscous animals. Synopsis of the contents of the British Museum, 42: 105-152, Woodfall & Son, London 1840 Online bei Google Books (S. 136)
  6. World Register of Marine Species: Solemyidae Gray, 1840
  7. Paleobiology Database: Solemyidae Adamas & Adams 1857
  8. a b c J C. Cope: Early Ordovician (Arenig) bivalves from the Llangnog Inlier, South Wales. Palaeontology, 39: 979-1025, 1996.
  9. John Bowman Bailey: Paleobiology, Paleoecology, and Systematics of Solemyidae (Mollusca: Bivalvia: Protobranchia) from the Mazon Creek Lagerstätte, Pennsylvanian of Illinois. Bulletins of American Paleontology, 382: 1-61, 2011 PDF (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museumoftheearth.org.
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