Schwalbe III
Das Projekt Schwalbe III (Baustelle des Sonderbaukommandos Organisation Todt), auch unter dem Decknamen „Mondstein“ bzw. „Gluto“ bekannt, war eine im Zweiten Weltkrieg im unteren Polenztal (Sachsen) geplante unterirdische Hydrieranlage zur Herstellung von synthetischem Flug- und Fahrzeugbenzin, die vor alliierten Luftangriffen geschützt war. Das Projekt wurde nicht fertiggestellt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geplant war dort die U-Verlagerung einer Hydrieranlage für Braun- und Steinkohlenteer der Sudetenländischen Treibstoffwerke AG zur Herstellung von Flugbenzin. Die Bauarbeiten begannen am 3. Februar 1945 unter der Sonderbauleitung Königstein/Sächs. Schweiz, die Bauausführung oblag der Fa. Lehmann & Co.[1] Die Arbeitskräfte kamen aus dem nahegelegenen Außenlager ⊙ des KZ Flossenbürg mit 250 Häftlingen, davon 180 Italiener, 21 Russen, je elf Belgier und Polen, sowie zehn Deutsche und Angehörige sechs weiterer Nationalitäten.[2] Sie wurden untergebracht in Baracken oberhalb des Hotels zur Waltersdorfer Mühle, direkt am Wegesrand der ehemaligen Waltersdorfer Mühle und im Ortsteil Gluto. Die Inbetriebnahme war zum 15. Juli 1945 geplant, jedoch wurden die Bauarbeiten bereits am 31. März 1945 wieder abgebrochen. Der Gleisanschluss für das Projekt war bereits größtenteils fertiggestellt und verlief von der heutigen Bahntrasse (Sebnitztalbahn) in Porschdorf abzweigend bis zu der ehemaligen Waltersdorfer Mühle (abgerissen) und der Generatorstation.⊙ Die Trasse wurde später durch die UdSSR wieder abgebaut. Ein Teil des Projektes war ein Lagerstollen für Sprengmittel, ⊙ ein anderer waren mehrere Luftschutzstollen an der Felskante, ⊙ nahe der Brandaussicht sowie am südwestlichen Felshang des Frinzberges.
Nachdem am 20. März 1945 der Abtransport von 21 nicht arbeitsfähigen Häftlingen nach Leitmeritz erfolgt war, begann für die verbliebenen über 200 Menschen in den letzten Kriegstagen ein Todesmarsch, der in Oelsen endete und den nur etwa 80 Häftlinge überlebten.[3]
Einige der Erinnerungen an die Zwangsarbeiter des Außenlagers sind auf dem Porschdorfer Friedhof, hier liegen soweit bekannt, elf Italiener begraben.[4] Im Juni 2022 wurde die Grabanlage erneuert.
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Längsstollen des ehem. Sprengstofflagers
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Rechts unterhalb der Brandaussicht – Erste Stollenanschläge für LS-Stolle
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Links unter der Brandaussicht – Erste Stollenanschläge für Luftschutzstollen
Analoge Projekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schwalbe I | Deckname Eisenkies | Deilinghofen | Nordrhein-Westfalen |
Schwalbe II | Deckname Eisenrose | Königstein | Sächsische Schweiz |
Schwalbe IV | Deckname Selenit | Finnentrop | Sauerland |
Schwalbe V | Deckname Molchfisch | Berga/Elster | Thüringen |
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfgang Benz (Hg.), Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager – Band 4: Flossenbürg, Mauthausen, Ravensbrück. C.H. Beck Verlag, München 2006, ISBN 9783406529641
- Francesco Berti: Reise mit meinem Freund – Leben und Tod des Giuliano Benassi im Konzentrationslager Flossenbürg und im Außenlager Porschdorf. s. l. : Jacobs Verlag, 2016, ISBN 978-3899182453
- Wolfgang Benz, Barbara Distel, Flossenbürg: Das Konzentrationslager Flossenbürg und seine Außenlager. C.H. Beck Verlag, 31. Dezember 2020, ISBN 978-3406562297,
- Hans Brenner, Eiserne «Schwalben» für das Elbsandsteingebirge. KZ-Häftlingseinsatz zum Aufbau von Treibstoffanlagen in der Endphase des Zweiten Weltkrieges. Sächsische Heimatblätter 45 (1999), H. 1, S. 9–16, ISSN 0486-8234
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- http://www.altbergbau-untertage-u-verlagerungen-lost-places.de/index.php/u-verlagerungen/schwalbe-3-mondstein#!
- https://www.gedenkplaetze.info/konzentrationslager-und-ihre-aussenlager/aussenlager-porschdorf-schwalbe-iii
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Sachsenschiene.net
- ↑ Porschdorf | KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Abgerufen am 8. November 2020.
- ↑ U-Verlagerung Mondstein. In: minehunters.de. Abgerufen am 9. November 2020 (deutsch).
- ↑ Ein Grab für Häftlinge aus Italien. Abgerufen am 8. November 2020.