Shanghai Yiqian Trading Company

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Shanghai Yiqian Trading Company (SYT; chinesisch 上海益謙貿易公司) ist ein chinesisches Unternehmen mit angeblichem Sitz im Stadtbezirk Zhabei von Shanghai, China. Laut Handelsregister soll das Unternehmen seinen Firmensitz in einem 21-stöckigen Bürohochhaus in der Pingxingguan Road haben. Anfang Juni 2016 tauchte die bislang unbekannte Firma erstmals namentlich als Interessent für den Kauf des Flughafens Frankfurt-Hahn auf.[1] Als Hauptanteilseigner der SYT tritt die Shanghai Guo Qing Investment Company auf, deren rechtlicher Vertreter Zhu Qing als Hauptanteilseigner der Shanghai Yiqian Trading Company auftritt. Die SYT ist bislang als Zwischenhändler für die Bauindustrie und den Einzelhandel in Erscheinung getreten.[2]

Die Firmenstruktur liegt im Dunkeln. Nach Recherchen des Tagesschau-Korrespondenten Sebastian Hesse (MDR), die im Juni 2016 im Stadtviertel Zhabei durchgeführt wurden, hat die SYT außer einem Eintrag im Handelsregister keine weitere wahrnehmbare Außendarstellung. Weder in offiziellen Adressverzeichnissen noch sichtbar an der Postadresse in Zhabei, etwa durch Firmenschilder, findet sich ein Hinweis auf die Firma. Der Handelsregisterauszug weist ausschließlich den Unternehmensnamen und die Postadresse aus. Die Präsenz besteht nur aus einem einzigen schlichten Büro[3] mit ca. sechs Angestellten.[1]

Über die Shanghai Guo Qing Investment Company, deren rechtlicher Vertreter der Hauptanteilseigner der SYT, Zhu Qing, ist, erfährt man ebenfalls nichts. SYT gab an, Geschäftsfelder der Shanghai Guo Qing Investment Company wären Immobilieninvestments, Kapitalmanagement, Logistik und der Verkauf von Baumaschinen.[4] Die Adresse dieser Firma gibt ebenfalls Rätsel auf. So findet sich unter der Adresse der Shanghai Guo Qing Investment Company lediglich ein Reifenhandel. Der Eigentümer des Geschäfts gab an, dass sich bei ihm des Öfteren geprellte Anleger der Investmentfirma meldeten und die Guo Qing Investment Company suchten.[5]

Auch deutschen Fachleuten, die die Wirtschaftswelt in Shanghai gut kennen und die unter anderem chinesische Unternehmen für deutsche Investoren evaluieren, ist eine Investmentgesellschaft namens Shanghai Yiqian Trading Company unbekannt.[6]

Kauf des Flughafens Hahn

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Flughafen Frankfurt-Hahn ist ein seit 1993 aus US-Militärverwendung konvertierter ziviler Flughafen in Rheinland-Pfalz. Jedoch arbeitete der „Jobmotor der Region“ (Eigenwerbung) von Beginn im Jahre 1998 an, trotz zunächst anderer Annahmen, defizitär. Angesichts von 132,8 Millionen Euro Schuldenlast (2014) leitete das Land Rheinland-Pfalz 2015 den Verkauf ein und suchte nach einem neuen Betreiber.[7] Nach einer Ausschreibung des Landes Rheinland-Pfalz erhielt die bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannte Firma Shanghai Yiqian Trading Company Anfang Juni 2016 den Zuschlag für den Kauf des Flughafens Hahn. Teilhaber Kyle Wang sagte der FAZ, er sehe in dem Flughafen ein großes Potential für Fluggäste aus Asien und Firmenjets.[8] Ein Bernsteinhändler aus Idar-Oberstein war als deutscher Vertreter des chinesischen Käufers offizieller Unterzeichner des Kaufvertrages über den Flughafen Hahn. Als Kaufpreis wurde ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag genannt.[9] Bei einer Pressekonferenz wurde auch die Shanghai Guo Qing Investment Company genannt. Dabei handle es sich um einen großen Baukonzern und den Investor hinter der SYT. Die genannten Unternehmen seien von der Unternehmensberatung KPMG geprüft. Laut dem vorgelegten Businessplan wollte der Käufer eine zweite Start- und Landebahn, ein Altenheim und ein Luxushotel auf dem Gelände bauen und die Hunsrückbahn wieder in Betrieb nehmen.[10] Die Gültigkeit des Verkaufs sei von mehreren Bedingungen, unter anderem von der Zustimmung des rheinland-pfälzischen Landtages, abhängig.

Einige Stunden nach Bekanntwerden der SWR-Recherchen, welche Zweifel an der Seriosität des Flughafenkäufers aufkommen ließen, verkündete der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz auf einer Pressekonferenz, der Verkauf sei gestoppt, da die SYT mit einer Teilzahlung in Verzug sei.[11][12][13] In der Folge reiste der Staatssekretär im Innenministerium, Randolf Stich, nach China um sich vor Ort über den Käufer zu informieren.[14] Seine Erkenntnisse führten dazu, dass die Landesregierung ankündigte, den Verkauf ans SYT endgültig zu stoppen.[15] Dabei tauchte auch der Verdacht auf, dass gefälschte Unterlagen bei der Ausschreibung vorgelegt wurden.[16]

Die rheinland-pfälzische CDU-Fraktion stellte gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) einen Misstrauensantrag, welcher aber am 14. Juli 2016 erwartungsgemäß mit allen Stimmen der Regierungsmehrheit abgewehrt wurde.[17] Dreyer sprach im Zusammenhang mit dem Verkauf von einem „schlimmen Fehler“, verwahrte sich aber gegen den Vorwurf der Wählertäuschung. Im Anschluss beschloss der Landtag ein Gutachten zum gescheiterten Hahn-Verkauf. Untersucht werden soll, ob beim geplanten Verkauf an die SYT die vom Rechnungshof genannten Kriterien beachtet wurden, die für die Auswahl von Geschäftspartnern und den Umgang mit ihnen gelten. Das Land hat nach dem gescheiterten Verkauf des Flughafens Hahn im Hunsrück bei der Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz Strafanzeige erstattet.[18] Im August 2018 wurden die Ermittlungen jedoch eingestellt. Eine angenommene Urkundenfälschung (Kopien angeblicher Bankbestätigungen) war aufgrund fehlender Originaldokumente nicht nachzuweisen. Da außer Notar- und Gutachterkosten dem Land keine Vermögensschäden entstanden sind, verzichtete es auf eine Beschwerde zur Einstellung.[19]

Bekannte Personen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Kyle Wang (Teilhaber)
  • Yu Tao Chou (Chefsprecher)
  • Zhu Qing (Sprecher des Hauptanteileigners)
  1. a b Sebastian Hesse: Phantom kauft Flughafen. 21. Juni 2016, abgerufen am 21. Juni 2016.
  2. nck/rei/dpa-afx: Flughafen Hahn geht an Shanghai Yiqian Trading Company. In: Manager Magazin. Spiegel-Gruppe, 6. Juni 2016, abgerufen am 22. Juni 2016: „Die Shanghai Yiqian Trading Company, die in China als Zwischenhändler für die Bauindustrie und den Einzelhandel tätig ist und mit Luftfahrt nichts zu tun hat.“
  3. Hausbesuch beim Hahn-Käufer (Memento des Originals vom 8. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de SWR.de vom 21. Juni 2016
  4. dpa/mli: Niemand weiß, wer den Flughafen Frankfurt-Hahn gekauft hat. In: Die Welt. Verlag Axel Springer, 7. Juni 2016, abgerufen am 22. Juni 2016: „Zu den Geschäftsfeldern der dahinter stehenden Shanghai Guo Qing Investment Company gehören nach SYT-Angaben Immobilieninvestment, Kapitalmanagement, Logistik und der Verkauf von Baumaschinen. "Sie ist in China das führende Unternehmen bei inländischen Bauprojekten."“
  5. Sebastian Hesse, ARD-Studio Shanghai: Der Retter aus China - verzweifelt gesucht. In: Tagesschau. 29. Juni 2016, abgerufen am 30. Juni 2016: „In der Minlei Road 319 - unter der im Handelsregister eingetragenen und auch vom Mainzer Innenministerium angegebenen Adresse - gibt es keine "Guo Qing Investment Company". Diese Angabe ist schlicht falsch.“
  6. Meldung von Tagesschau.de vom 21. Juni 2016 (abgerufen am 22. Juni 2016)
  7. Rheinland-Pfalz will den Flughafen Frankfurt-Hahn verkaufen, Deutschlandfunk-Länderzeit vom 4. Februar 2015, abgerufen am 6. Februar 2015
  8. Hendrik Ankenbrand, Timo Frasch: F.A.Z. exklusiv: Nur noch die Chinesen glauben an den Flughafen-Kauf. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. Juni 2016, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 5. Juli 2016]).
  9. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rlp.de
  10. Geniale Vision oder größenwahnsinnige Utopie?: Der Businessplan des Hahn-Investors SYT | Rheinland-Pfalz | Nachrichten. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Juli 2016; abgerufen am 7. Juli 2016 (deutsch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de
  11. Lewentz über Verhandlungen mit Hahn-Käufer: Landesregierung prüft rechtliche Schritte (Statement in voller Länge) | Rheinland-Pfalz | Nachrichten. In: swr.online. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. Juni 2016; abgerufen am 30. Juni 2016 (deutsch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de
  12. Verkauf des Airport Frankfurt-Hahn droht zu platzen. airliners.de, 29. Juni 2016, abgerufen am 29. Juni 2016.
  13. Hat der einst stolze Hahn bald ausgekräht? volksfreund.de, 29. Juni 2016, abgerufen am 30. Juni 2016.
  14. Verkauf des Flughafens Hahn: Nun zweifelt auch Dreyer an SYT | Rheinland-Pfalz | Nachrichten. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Juli 2016; abgerufen am 7. Juli 2016 (deutsch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de
  15. Nach Gesprächen in Shanghai über Flughafen-Deal: Hahn-Verkauf an SYT vor dem Aus | Rheinland-Pfalz | Nachrichten. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Juli 2016; abgerufen am 7. Juli 2016 (deutsch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de
  16. Mainzer Landtag berät über Flughafen Hahn - Alarmglocken verhallten ungehört. Abgerufen am 7. Juli 2016.
  17. Landtag wehrt Misstrauensantrag gegen Dreyer ab Der Spiegel vom 14. Juli 2016, abgerufen am 17. Juli 2016
  18. Staatsanwaltschaft für Anzeige gegen Hahn-Käufer zuständig Die Welt vom 15. Juli 2016, abgerufen am 17. Juli 2016
  19. Ermittlungen wegen gescheiterten Hahn-Verkaufs eingestellt (Memento des Originals vom 24. Februar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de SWR Aktuell vom 31. August 2018