Siderit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Siderit
Siderit mit Galenit (oben links) aus Neudorf im Harz
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1962 s.p.[1]

IMA-Symbol

Sd[2]

Andere Namen
  • Eisenkalk
  • Eisenspat
  • Raseneisenerz
  • Spateisenstein
  • Stahlstein
  • Weißeisenerz
Chemische Formel Fe[CO3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate und Nitrate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/B.02
V/B.02-040[3]

5.AB.05
14.01.01.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m
Raumgruppe R3c (Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167[4]
Gitterparameter a = 4,69 Å; c = 15,38 Å[4]
Formeleinheiten Z = 6[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4 bis 4,5
Dichte (g/cm3) 3,7 bis 3,9
Spaltbarkeit vollkommen nach {1011}
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig
Farbe gelb, braun, schwarz
Strichfarbe weißgelb
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis Perlmuttglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,875
nε = 1,633[5]
Doppelbrechung δ = 0,242[5]
Optischer Charakter einachsig negativ

Siderit, auch unter den bergmännischen Bezeichnungen Eisenkalk, Eisenspat, Spateisenstein, Chalybit und Stahlstein oder unter seiner chemischen Bezeichnung Eisencarbonat bzw. Eisen(II)-carbonat bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate). Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Fe[CO3] und entwickelt meist spätige oder derbe Massen bzw. feinkörnig dichte, kugelige und traubenförmige Aggregate, auch Sphärosiderit genannt. Eher selten sind rhomboedrische Kristalle mit bisweilen gekrümmten Flächen anzutreffen.

Siderit hat für gewöhnlich eine blassgelbe bis braune Farbe. Manganreiche Varietäten treten eher in schwarzer Färbung auf. Die Kristalle sind durchsichtig bis durchscheinend und glänzen glas- bis perlmuttartig. Bemerkenswert ist die sehr gute Spaltbarkeit nach den Rhomboederflächen.

Etymologie und Geschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seinen Namen erhielt das Mineral 1832 durch François Sulpice Beudant, der es bezugnehmend auf seine Zusammensetzung „Siderose“ nannte, nach σίδηρος sideros, dem griechischen Wort für Eisen. Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde Siderit 1845 von Wilhelm Ritter von Haidinger.

Als eines der wichtigsten Eisenerze ist Siderit seit urgeschichtlichen Zeiten bekannt. Mit seiner Verarbeitung begann in diversen Kulturen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Eisenzeit.

Siderit war bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt. Damit hätte Siderit theoretisch den Status eines grandfathered Mineral. Da allerdings beim Siderit verschiedene Synonyme parallel existierten wurde in der 1962 erfolgten Publikation der IMA: Commission on new minerals and mineral names die Name Siderit von einer Mehrheit der Kommission als offizieller bzw. vorrangiger Name empfohlen.[6] Da dies automatisch eine nachträgliche Ankerkennung für den Siderit bedeutete, wird das Mineral seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 1962 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Siderit zur Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Carbonate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Calcit, Gaspéit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Smithsonit und Sphärocobaltit sowie im Anhang mit Vaterit die „Calcitgruppe“ mit der System-Nr. Vb/A.02 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. V/B.02-040. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserfreie Carbonate [CO3]2−, ohne fremde Anionen“, wo Siderit zusammen mit Calcit, Gaspéit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Smithsonit, Sphärocobaltit und Vaterit die die „Calcitgruppe“ mit der System-Nr. V/B.02 bildet.[3]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Siderit in die neu definierte Klasse der „Carbonate und Nitrate“ (die Borate bilden hier eine eigene Klasse), dort aber ebenfalls in die Abteilung der „Carbonate ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Erdalkali- (und andere M2+) Carbonate“ zu finden ist, wo es zusammen mit Calcit, Gaspéit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Smithsonit und Sphärocobaltit die „Calcitgruppe“ mit der System-Nr. 5.AB.05 bildet.

Die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Siderit wie die veraltete 8. Auflage der Strunz’schen Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreien Carbonate“. Hier ist er zusammen mit Calcit, Magnesit, Rhodochrosit, Sphärocobaltit, Smithsonit, Otavit und Gaspéit in der „Calcitgruppe (Trigonal: R-3c)“ mit der System-Nr. 14.01.01 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserfreien Carbonate mit einfacher Formel A+CO3“ zu finden.

Kristallstruktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siderit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3c (Raumgruppen-Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167 mit den Gitterparametern a = 4,69 Å und c = 15,38 Å sowie 6 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Siderit ist in Salzsäure nur nach Erwärmen löslich, wobei er unter Bildung von Kohlenstoffdioxid (CO2) aufschäumt. Er unterscheidet sich dadurch vom Calcit (Kalkspat), der bereits mit kalter verdünnter Salzsäure heftig aufschäumend und CO2 bildend reagiert.

Modifikationen und Varietäten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oligonit ist eine manganhaltige und Pistomesit eine magnesiumhaltige Varietät des Siderit.[3]

Bildung und Fundorte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
„Siderit-Rose“ auf Quarz aus Redruth, Cornwall, England

Siderit ist in einer Reihe von Gesteinstypen anzutreffen – so bildet er sich diagenetisch in tonigen Sedimenten in Form sogenannter Toneisensteinkonkretionen und metasomatisch in karbonatischen Sedimenten, was bis hin zu abbauwürdigen Vorkommen nach heutigen Maßstäben führen kann. Außerdem ist das Mineral in hydrothermalen Erzgängen anzutreffen, die bei mittleren bis niedrigen Temperaturen gebildet wurden. Darüber hinaus kommt Siderit in verschiedenen metamorphen und magmatischen Gesteinen vor.

Als größtes Sideritvorkommen der Erde gilt der Erzberg in der Steiermark (Österreich) mit etwa 400 Millionen Tonnen abbauwürdiger Erzmenge. Bislang (bis 2010) wurden davon rund 250 Millionen Tonnen abgebaut. Schätzungsweise weitere 150 Millionen Tonnen sollten nach dem derzeitigen Stand der Technik noch abgebaut werden können.[8]

Weitere bedeutende, aber bereits großteils abgebaute Vorkommen von Siderit in Österreich finden sich in Radmer in der Steiermark (Untertagebau 1939 bis 1979 mit zuletzt ca. 450.000 Tonnen jährlich) sowie am Hüttenberger Erzberg in Kärnten (Bergbau von ca. 300 v. Chr. bis 1978, zuletzt ca. 200.000 Tonnen jährlich im Untertagebau, Höchststand 1940 mit 313.000 Tonnen). In Deutschland befinden sich beachtliche Sideritlagerstätten im Siegerland (Westfalen), im Westerwald, im Harz (Neudorf), im Thüringer Wald (Schmalkalden, Kamsdorf) sowie im sächsischen Erzgebirge. An der Saar wurde es in Form von Lebacher Eiern gefördert.

Große Sideritlagerstätten findet man außerdem in Australien, Böhmen (Tschechien), Bolivien, Minas Gerais (Brasilien), China, Portugal (Panasqueiro), Spanien und England (Tavistock in Devonshire sowie Camborne Redruth in Cornwall). Berühmt sind auch die spektakulär aussehenden spätigen Massen, die in Mont Saint-Hilaire in Québec (Kanada) entdeckt wurden.

Insgesamt sind für Siderit bisher über 7300 Fundorte dokumentiert (Stand 2023), so auch in Gesteinsproben des Mittelatlantischen Rückens und des Chinesischen Meeres (Qiongdongnan-Becken).[9]

Facettierter Siderit aus der Morro Velho mine, Nova Lima, Minas Gerais, Brasilien

Siderit ist mit nahezu 50 % Eisengehalt und wegen seiner leichten Verhüttung ein wertvolles Eisenerz.

Für die Verwendung als Schmuckstein ist Siderit zu weich und zu empfindlich. Klare und optisch ansprechende Varietäten werden gelegentlich für Sammler in verschiedenen Glatt- oder Facettenschliffen angeboten.[10][11]

  • Wilhelm Haidinger: Zweite Klasse: Geogenide. II. Ordnung. Baryte I. Parachrosbaryt. Siderit. In: Handbuch der Bestimmenden Mineralogie. Braumüller and Seidel, Wien 1845, S. 499–506 (rruff.info [PDF]).
  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 64.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Dörfler Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 114.
Commons: Siderite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 22. März 2023]).
  3. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 286 (englisch).
  5. a b Siderite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 22. März 2023 (englisch).
  6. International Mineralogical Association: Commission on new minerals and mineral names. In: Mineralogical Magazine. Band 33, 1962, S. 260–263 (englisch, rruff.info [PDF; 168 kB; abgerufen am 22. März 2023]).
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  8. Erzberg: 250 Millionste Tonne Erz abgebaut. In: aktien-portal.at. Voestalpine – Presseaussendung, 12. Mai 2010, abgerufen am 22. März 2013.
  9. Fundortliste für Siderit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 22. März 2023.
  10. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 222.
  11. Michael R. W. Peters: Siderit mit Abbildungen verschiedener Roh- und Schmucksteine. In: realgems.org. Abgerufen am 22. März 2023.