Siegfried Oberndorfer

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Siegfried Oberndorfer

Siegfried Oberndorfer (* 24. Juni 1876 in München; † 1. März 1944 in Istanbul) war ein deutscher Arzt, Pathologe und Krebsforscher.

Oberndorfer studierte in München und Kiel Medizin. Seine Promotion erfolgte wie die Ablegung des Staatsexamens und die Bestallung als Arzt 1900 in München.[1]:S. 70 Von Oktober 1900 bis September 1901 war Oberndorfer Assistent bei Friedrich Wilhelm Zahn (1845–1904) in Genf. Als Schiffsarzt konnte er eine auf der Strecke Hamburg-Brasilien 1901 auftretende Pestepidemie erfolgreich bekämpfen.[1]:S. 70 1902 kehrte er wieder als Assistent an das von Otto von Bollinger geleitete Pathologische Institut der Universität München zurück. 1906 wurde Oberndorfer nach dem frühen Tod von Hans Schmaus (1862–1905) die Leitung des Pathologischen Instituts des Krankenhauses Rechts der Isar übertragen. In München habilitierte er sich 1906 in Pathologischer Anatomie mit einer Arbeit über Chronische Appendizitis.

Von 1910 an leitete Oberndorfer das Pathologische Institut des Krankenhauses in München-Schwabing, wo er die folgenden 22 Jahre (ab 1911) als außerordentlicher Professor und Vorstand tätig war. Während des Ersten Weltkrieges war er als Stabsarzt tätig, 1915 bei Rijssel.[1]:S. 70 f.

Nachfolger am Institut Rechts der Isar wurde Hermann Dürck (1869–1941), sein Kollege und Freund aus der gemeinsamen Zeit bei Otto von Bollinger. Da Dürck aufgrund seiner Stelle am Pathologischen Institut der Universität Jena die Leitung des Instituts Rechts der Isar erst am 1. August 1911 antreten konnte, musste Oberndorfer am Institut verbleiben. Im Pathologischen Institut am Krankenhaus Schwabing wurde er von Emil Emmerich (1882–1937) vertreten, der bis Juli 1911 die kommissarische Leitung innehatte.

Im Herbst 1933 verließ Oberndorfer, einer Einladung der Istanbuler Universität folgend, Deutschland, da das NS-Regime ihn am 1. April 1933 aus rassistischen Gründen aus dem Dienst im Krankenhaus München-Schwabing zusammen mit den Chefärzten Otto Neubauer und David Mandelbaum entlassen hatte. Bis zu seinem Tod blieb und publizierte er im Exil in der Türkei, wo er als ordentlicher Professor der Medizinischen Fakultät und Direktor am Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie in Istanbul wirkte und 1937 an das Institut für Krebsforschung versetzt wurde, wo er Wesentliches für die Onkologie in der Türkei beitrug. Oberndorfer starb 1944 an einem Mediastinaltumor, einer Geschwulst des Mittelfellraums.[1]:S. 50 und 70–72

1912 begann Oberndorfer mit dem Aufbau einer Präparatesammlung, die im Demonstrations- und Sammlungsraum im ersten Obergeschoss untergebracht war und als Lehrsammlung bis heute Bestand hat; sie ist öffentlich nur in Ausnahmefällen zugänglich. Allerdings war deren Zukunft auch im Februar 2019 noch unklar.[2][3]

Publikationen (Auswahl)

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  • Karzinoide Tumoren des Dünndarmes. In: Frankfurter Zeitschrift für Pathologie. 1, 1907, S. 426–429.
  • Das neue pathologische Institut des Krankenhauses München-Schwabing. In: Frankfurter Zeitschrift für Pathologie. 1912, S. 325–361, Tafeln 4–26.
  • Taschenbuch des Feldarztes, VIII Teil, Sektionstechnik. Lehmanns Verlag, München 1917
  • Pathologisch-anatomische Situsbilder der Bauchhöhle. Lehmanns Medizinische Atlanten, München 1922.
  • Die Geschwülste des Darmes. In: Handbuch der pathologischen Anatomie. Band 4,3, Berlin 1929.
  • Prostata, Hoden, Geschwülste. In: Handbuch der pathologischen Anatomie. Band 6, Berlin 1931.
  • Batın uzuvlarının sitüs'ü. [Situs der Organe des Unterleibs]. Istanbul 1935.
  • Genel Patoloji. Übersetzt von Suat Fuat Atay, İzzet Kandemir, Azim Sözmen und Orhan Toygar. Istanbul 1937.
  • Seçilmiş bazı tümörlerin histolojik teşhisleri. [Feingewebliche Diagnostik ausgewählter Geschwülste]. Istanbul 1941.
  • Irwin M. Modlin, Michael D. Shapiro, Mark Kidd: Siegfried Oberndorfer: Origins and perspectives of carcinoid tumors. In: Human pathology. Bd. 35 (2004), Heft 12, S. 1440–1451.
  • M. L. Corman and A. Khoynezhad: Siegfried Oberndorfer. In: M. L. Corman: Colon and Rectal Surgery. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia 2005, S. 1091.
  • Ali Vicdani Doyum: Alfred Kantorowicz unter besonderer Berücksichtigung seines Wirkens in İstanbul (Ein Beitrag zur Geschichte der modernen Zahnheilkunde). Wellm, Pattensen 1985 (Zugl. Diss. d. Med. Fak. d. Univ. Würzburg 1985), S. 70–72.
  • Joachim Thomas Katz: Leben und Werk der Pathologen Prof. Dr. Siegfried Oberndorfer, erster Chefarzt der Pathologie am Krankenhaus München-Schwabing. Book, 2005.
  • Joachim Katz: Leben und Werk des Pathologen Siegfried Oberndorfer (1876–1944), Vorstand des Pathologischen Instituts am Krankenhaus München-Schwabing. Dissertation, Bayerische Akademie der Wissenschaften. 2005.
  • Gregor Barbaryka: Das Pathologische Institut der Universität München in der Ära Max Borst von 1910 bis 1946. In: Elisabeth Kraus (Hrsg.): Die Universität München im Dritten Reich: Aufsätze. Bd. 2. Herbert Utz Verlag, München 2008, ISBN 3831607265, S. 63–132.
  • Nico Biermann / Dominik Groß: Löwenstein [Loewenstein], Ernst. In: dies.: Pathologen als Verfolgte des Nationalsozialismus. 100 Porträts. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-515-13138-4, S. 144–146.

Einzelnachweise

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  1. a b c d Ali Vicdani Doyum: Alfred Kantorowicz unter besonderer Berücksichtigung seines Wirkens in İstanbul (Ein Beitrag zur Geschichte der modernen Zahnheilkunde). Medizinische Dissertation, Würzburg 1985.
  2. Stefan Mühleisen: Mit Rippenschere, Hirnmesser und Humor. Siegfried Oberndorfer hat nicht nur die Pathologie am Klinikum Schwabing begründet, sondern ihr einen exzellenten Ruf beschert. In: Süddeutsche Zeitung vom 12. Juni 2015, S. R 4.
  3. Laura Felbinger: „Wohin nur mit all den Leichenteilen?“ Pathologische Sammlung der Schwabinger Klinik soll erhalten bleiben. In: Hallo München (8. Februar 2019).