Spielhalle

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Spielothek)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Spielhalle, Spielothek, in der Schweiz Spielsalon – in beabsichtigter Annäherung an konzessionierte Spielbanken auch als Casino (z. B. Big Cash-Casino, Automatencasino) – werden Einrichtungen bezeichnet, in denen dem volljährigen Kunden verschiedene Arten von Spielautomaten und Videospielen angeboten werden. Früher bezahlte der Kunde jeweils mehrere Spielversuche einzeln, indem er eine oder mehrere Münzen in das entsprechende Gerät einwerfen musste. Mittlerweile werden in aktuellen Geldspielautomaten Geldscheine als Zahlungsmittel üblich, sodass man gleich ein größeres Guthaben einzahlen kann. Spielhallen machten 2018 deutschlandweit einen Umsatz von 5,48 Milliarden Euro.[1]

Die ersten Spielhallen entstanden bereits im späten 19. Jahrhundert, siehe Penny Arcade.[2]

2016 gab es in Deutschland 9102 Spielhallenstandorte mit 14.877 konzessionierten Spielhallen und 155.075 Geldspielgeräten, wobei dies gegenüber 2014 einen Rückgang von ungefähr 2 % darstellt.[3] 2018 reduzierte sich das Angebot nochmals, und zwar auf 8.836 Standorte, 13.666 Konzessionen und 143.525 Geldspielgeräte.[4] Spielhallen unterliegen der Spielautomatensteuer bzw. Spielvergnügungsteuer, deren Höhe von Gemeinde zu Gemeinde variiert.[5] Das Aufkommen an Spielautomatensteuer stieg in den letzten Jahren deutlich von 201 Millionen Euro (2006) auf 1.071 Millionen Euro (2018). Im Jahr 2019 betrug die Spielautomatensteuer 997 Millionen Euro.[6]

Im Dezember 2019 eröffnete die EU-Kommission gegen Deutschland ein förmliches Beihilfeprüfverfahren wegen mutmaßlicher finanzieller Beihilfen für WestSpiel,[7][8] nachdem eine Untersuchung festgestellt hatte, dass Spielbanken in einem unmittelbaren Konkurrenzverhältnis zu Spielhallen stehen.[9]

Manche Spiele werden nur zum Spaß gespielt (Unterhaltungsgerät), während bei anderen ein Geldbetrag zum Gewinn aussteht (Geldspielgerät). Diejenigen Spiele, die lediglich zum Zeitvertreib dienen, sind in der Regel dementsprechend komplexer, spannender, zeitaufwändiger und/oder interessanter als solche, die wegen des Gewinns gespielt werden. Diese reinen Geschicklichkeitsspiele sind zugunsten der Geldspielgeräte stark auf dem Rückzug.

Arcade-Spiele

Bekannte Videospiele haben ihren Ursprung in der Spielhalle, z. B. Night Driver, Space Invaders, Pac-Man, Dig Dug, Frogger, Jungle Hunt, Donkey Kong, Out Run, After Burner, Asteroids. Bekannte Hersteller von Videospielen waren bzw. sind Namco, Sega, Atari, Taito und Nintendo.

Heutige Arcade-Videospiele kommen in der Regel aus den japanischen Spielhallen und erscheinen, wenn überhaupt, in Deutschland nur als Umsetzungen für Spielkonsolen wie Sonys PS2, Microsofts Xbox oder Nintendos GameCube. Vor allem die SEGA Dreamcast war bekannt für ihre vielen Spielhallen-Umsetzungen, da die identische Hardware auch in den Spielhallen-Automaten verbaut war.

Mechanische Spiele

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Elektro-mechanisches Spiel Championship Fast Draw (1964)

Vor den Arcade-Automaten gab es hauptsächlich Flipperautomaten und andere elektromechanische Spielautomaten, die es auch heute noch gibt. Bei vielen Spielen kann der Spieler auch seine Geschicklichkeit und das Reaktionsvermögen mit anderen messen. Beispiele für elektromechanische Spiele sind:

Zudem werden häufig auch weitere Spiele angeboten, insbesondere

Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit, die in den deutschen Spielhallen das überwiegende Angebot bilden, wurden auf Basis von Feldstudien über pathologisches Spielverhalten wiederholt stark kritisiert.[11]

In der Folge wurden die gesetzlichen Regelungen in Deutschland seit 2013 sowohl auf Länder- als auch auf Bundesebene stark verschärft. Außerdem wurde in den meisten Kommunen die für Spielautomaten erhobene Vergnügungsteuer stark erhöht, und zwar auch mit dem Zweck einer Lenkung, das heißt, um eine Beschränkung des Angebots zu erreichen.[12]

Rechtsgrundlagen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland ist eine Spielhalle nach § 33i der Gewerbeordnung (GewO) als ein Unternehmen definiert, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit (gemäß § 33c GewO) dient.[13] Spieldauer, Höchsteinsatz und -gewinn dieser Geldspielautomaten sind gesetzlich in der Spielverordnung (SpielV) geregelt. Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen sind in der Gewerbeordnung, der Spielverordnung sowie länderspezifischen Spielhallen- und Ausführungsgesetzen zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV) reglementiert.

Geldspielgeräte darf jedermann gewerblich betreiben, dem die Erlaubnis nach § 33c GewO erteilt wurde. Diese knüpft lediglich gewisse Zuverlässigkeitsvoraussetzungen an die beantragende Person, die Gewerbetätigkeit ist damit grundsätzlich erlaubt (sich ergebend aus der Gewerbe- und Berufsfreiheit, Art. 12 Grundgesetz (GG)). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen stellen ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar.

Nicht zu verwechseln ist es mit dem Glücksspiel im Sinne von § 284 Strafgesetzbuch (StGB). Erlaubnisse werden nach Landesrecht erteilt. Hier geht der Gesetzgeber in der Systematik davon aus, dass diese Angebote grundsätzlich gesellschaftsschädlich und damit grundsätzlich verboten sein sollen. Erlaubniserteilungen stellen mithin eine Ausnahme dar. Folglich handelt es sich hier um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt.

Bauplanungsrechtlich zählen Spielhallen zu den Vergnügungsstätten, die nur in bestimmten Baugebieten zulässig sind.[14]

In den Bundesländern werden die Konzessionen nach folgenden Gesetzen vergeben:

Bundesland Rechtsgrundlage
Baden-Württemberg Landesglücksspielgesetz[15]
Bayern Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland[16]
Berlin Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin[17]
Brandenburg Brandenburgisches Spielhallengesetz[18]
Bremen Bremisches Spielhallengesetz[19]
Hamburg Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg[20]
Hessen Hessisches Spielhallengesetz[21]
Mecklenburg-Vorpommern Gesetz zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages[22]
Niedersachsen Niedersächsisches Glücksspielgesetz[23]
Nordrhein-Westfalen Gesetz zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages[24]
Rheinland-Pfalz Landesgesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag und dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder[25]
Saarland Saarländisches Spielhallengesetz[26]
Sachsen Sächsisches Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag[27]
Sachsen-Anhalt Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Sachsen-Anhalt[28]
Schleswig-Holstein Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb von Spielhallen[29]
Thüringen Thüringer Gesetz zur Regelung des gewerblichen Spiels[30]

Reguliertes und unreguliertes Spielautomatenspiel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben dem weniger stark regulierten Spielautomatenspiel in Spielbanken mit Maximaleinsätzen von bis zu 500 € pro Spiel[31][32] und dem nach der Technischen Richtlinie 5 regulierten Spielautomatenspiel in der Spielhalle,[33] bei dem seit dem 11. November 2018 hohe Auflagen wie eine Ausweispflicht zur Freischaltung der Automaten, ein Maximaleinsatz von 0,2 € pro Spiel oder ein gedeckelter Maximalverlust von 60,00 € pro Stunde gelten,[34][35] gibt es in Deutschland das unregulierte, illegale Spielautomatenspiel in Cafe Casinos.[36] Kritiker befürchten, dass eine zunehmende Verschärfung der gesetzlichen Auflagen und der Schließung von Spielhallen zu einer Verschiebung der Nachfrage hin zu weniger regulierten Angeboten bzw. in den unregulierten Schwarzmarkt führt.[33][37][38] So gab es allein in Berlin Anfang 2020 neben den weniger als 300 legalen Spielhallenstandorten mehr als 2000 illegale Café-Casinos.[36]

Situation im Ausland

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Pachinko-Halle
Sega-Spielhalle in Tokio

Die in Spielhallen angebotenen Spiele hängen stark vom jeweiligen Glücksspielrecht ab.

In Japan wird das Angebot in Spielhallen durch das Pachinko-Spiel dominiert. Im April 2022 gab es landesweit 7279 Pachinko-Hallen.[39]

Nach den Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (früher Unfallverhütungsvorschriften, UVV) müssen Spielhallen in Deutschland u. a. mit optischen Raumüberwachungsanlagen („Videoüberwachung“), einer Überfallmeldeanlage und einem Geldwechselautomaten ausgestattet sein. Weitere Vorschriften betreffen die Höchstgrenze für Bargeldbestände und deren Schutz.[40]

Commons: Spielhalle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Spielhalle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Spielsalon – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Themenseite: Glücksspiel. Abgerufen am 19. Februar 2021.
  2. Jo Reichertz, Arne Niederbacher, Gerd Möll, Miriam Gothe, Ronald Hitzler: Jackpot. Erkundungen zur Kultur der Spielhallen. 2010, ISBN 978-3-531-17606-2, doi:10.1007/978-3-531-92049-8.
  3. Jürgen Trümper, Christiane Heimann, Arbeitskreis gegen Spielsucht e. V., Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte in Deutschland, Stand 1.1.2016, Unna 2016, S. 13 (Memento vom 13. Januar 2017 im Internet Archive). Für 2014 siehe auch (in Bezug auf Städte mit mindestens 10.000 Einwohnern) YellowPaper Glücksspiel und Verbraucherschutz (Memento vom 26. Februar 2015 im Internet Archive), EurActiv.de, 2015, S. 12 f.
  4. Jürgen Trümper, Christiane Heimann, Arbeitskreis gegen Spielsucht e. V., Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte in Deutschland, Stand 1.1.2016, Unna 2016, S. 21 (Memento vom 13. Januar 2017 im Internet Archive).
  5. Dr Norbert Dautzenberg: Definition: Vergnügungsteuer. Abgerufen am 20. Februar 2021.
  6. Vergnügungsteuern auf Unterhaltungsautomaten (Memento vom 24. Juni 2021 im Internet Archive)
  7. EU-Untersuchungen zu Spielbanken. 31. Januar 2020, abgerufen am 6. Dezember 2020.
  8. Staatliche Beihilfen — Deutschland — Staatliche Beihilfe SA.48580 (2017/FC) — Mutmaßliche Beihilfemaßnahmen für WestSpiel — Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, abgerufen am 6. Dezember 2020
  9. Staatliche Beihilfe SA.48580 (2017/FC)— Mutmaßliche Beihilfemaßnahmen für WestSpiel. Abgerufen am 19. März 2021.
  10. Gundolf S. Freyermuth, Lisa Gotto, Fabian Wallenfels: Serious Games, Exergames, Exerlearning: Zur Transmedialisierung und Gamification des Wissenstransfers. transcript Verlag, 2014, ISBN 978-3-8394-2166-6, S. 243.
  11. Bericht zur Evaluierung der Fünften Novelle der Spielverordnung, insbesondere im Hinblick auf die Problematik des pathologischen Glücksspiels, Bundesratsdrucksache 881/10, 8. Dezember 2010
  12. Keine neuen Spielhallen in der City, WAZ, 1. Januar 2012
  13. § 33i GewO – Einzelnorm. Abgerufen am 12. August 2022.
  14. Irina Bondarenko: Bau- und planungsrechtliche Steuerung der Ansiedlung von Spielhallen unter besonderer Berücksichtigung der Stadt Ludwigsburg Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, 2012.
  15. Landesglücksspielgesetz von Baden-Württemberg – abgerufen am 29. August 2019
  16. Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland von Bayern – abgerufen am 29. August 2019
  17. Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin – abgerufen am 29. August 2019
  18. Brandenburgisches Spielhallengesetz – abgerufen am 29. August 2019
  19. Bremisches Spielhallengesetz – abgerufen am 29. August 2019
  20. Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg – abgerufen am 29. August 2019
  21. Hessisches Spielhallengesetz – abgerufen am 29. August 2019
  22. Gesetz zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages von Mecklenburg-Vorpommern – abgerufen am 29. August 2019
  23. Niedersächsisches Glücksspielgesetz – abgerufen am 29. August 2019
  24. Gesetz zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages von Nordrhein-Westfalen – abgerufen am 29. August 2019
  25. Landesgesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag und dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder von Rheinland-Pfalz – abgerufen am 29. August 2019
  26. Saarländisches Spielhallengesetz – abgerufen am 29. August 2019
  27. Sächsisches Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag – abgerufen am 29. August 2019
  28. Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Sachsen-Anhalt – abgerufen am 29. August 2019
  29. Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb von Spielhallen von Schleswig-Holstein – abgerufen am 29. August 2019
  30. Thüringer Gesetz zur Regelung des gewerblichen Spiels – abgerufen am 29. August 2019
  31. Gerhard Meyer, Meinolf Bachmann: Spielsucht. Ursachen, Therapie und Prävention von glücksspielbezogenem Suchtverhalten. 2017, ISBN 978-3-662-54838-7, doi:10.1007/978-3-662-54839-4, S. 20.
  32. PM: 71-Jähriger wird Millionär: Millionen-Jackpot in Osnabrücker Spielbank geknackt. Abgerufen am 23. Juni 2021.
  33. a b Spielhallen kritisieren neue Automaten: «Geräte langweilig». Abgerufen am 23. Juni 2021.
  34. Merkblatt über die Aufstellung von Geldspielgeräten in Spielhallen und in Gaststätten. Abgerufen am 23. Juni 2021.
  35. Daddeln mit den Schutzvorschriften. Abgerufen am 23. Juni 2021.
  36. a b Zocken am Automaten nur noch mit Ausweiskontrolle. Abgerufen am 23. Juni 2021.
  37. Neue Schwarzmarkt-Gefahr bei Glücksspielen. Abgerufen am 23. Juni 2021.
  38. Stuttgarter Nachrichten, Stuttgart Germany: Spielhallenbetreiber gegen schärfere Vorschriften: Die Zocker-Branche zieht vor Gericht. Abgerufen am 23. Juni 2021.
  39. Tomoaki Kurishima: Glücksspiel und Glücksspielregulierung in Japan. In: Folien eines Vortrages an der Ruhr-Universität Bochum. 14. Juli 2022, abgerufen am 15. Juli 2022.
  40. BGV C3: Spielhallen, Spielcasinos und Automatensäle von Spielbanken (VBG 105) vom 1. April 1997 mit Durchführungsanweisungen vom Januar 2002