Spike Lee

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Spike Lee bei der Premiere des Films BlacKkKlansman im Rahmen der Filmfestspiele in Cannes im Mai 2018

Shelton Jackson „Spike“ Lee (* 20. März 1957 in Atlanta, Georgia) ist ein US-amerikanischer Filmregisseur, Drehbuchautor, Produzent und Schauspieler. In seinen Filmen behandelt er gesellschaftspolitische und soziale Themen, insbesondere den Rassismus in den Vereinigten Staaten gegenüber der afroamerikanischen Bevölkerung.

Spike Lee ist der jüngste Sohn von fünf Geschwistern der Lehrerin Jacquelyn Shelton, die Kunst und afrikanisch-amerikanische Literatur unterrichtete, und des Jazzbassisten und Jazzkomponisten Bill Lee (1928–2023). Er bekam von seiner Mutter den Spitznamen Spike (Stachel, Dorn) wegen seines leidenschaftlichen und hitzigen Temperaments. Spike Lee bestreitet dies jedoch, er hatte ein gespanntes Verhältnis zu seiner Mutter, da sie strenger zu ihm war als der Vater. Noch als kleines Kind zog er mit seiner Familie von Atlanta nach Brooklyn. Dort besuchte er die John Dewey High School.

Die Eltern achteten darauf, dass ihre Kinder so wenig wie möglich Freizeit vor dem Fernseher verbrachten, verboten ihnen die Rockmusik, förderten stattdessen Jazz und Folk und forderten jedes Kind zum Erlernen eines Musikinstrumentes auf. Spike entschied sich für Gitarre und Klavier, seine große Liebe gehörte jedoch dem Sport. Seine Mutter starb 1977 an Leberkrebs. Zum Filmstudium zog es ihn wieder zurück nach Atlanta an die Clark Atlanta University, dort machte er 1979 seinen Abschluss in dem Bachelor-Studiengang Mass Communications an der afroamerikanischen Eliteuniversität Morehouse College. Hier studierten bereits Lees Vater und Großvater und er wurde daher von seiner Großmutter mütterlicherseits, Zimmie Shelton, auch dazu ermutigt und finanziell unterstützt. Sie hatte an der Partneruniversität Spelman College studiert, die im Gegensatz zum nur für männliche Studenten zugelassenem Morehouse College eine reine Frauenuniversität ist.

Spike Lee in Cannes, 1999

Sein Vater ist für die Filmmusik in einigen Filmen seines Sohnes verantwortlich, so etwa in Nola Darling, Do the Right Thing und Mo’ Better Blues, in denen er auch in Nebenrollen mitspielt.

Mit Auskünften über sein Privatleben hält sich Lee bedeckt, so untersagte er seinem Biografen Kaleem Aftab, seinen Vater zu befragen. Lees Großmutter Zimmie Shelton finanzierte seinen ersten kommerziellen Kinofilm Nola Darling und zählt zu Lees entschiedensten Unterstützerinnen. Da die meisten Familienangehörigen Lees den Lehrerberuf ausübten, führt er mit seinen Dozenturen eine gewisse Familientradition fort.[1]

Lee hatte 1991 eine Beziehung mit Halle Berry. 1992 lernte er Tonya Lewis (* 15. März 1966) kennen, sie heirateten am 2. Oktober 1993 und bei der Hochzeitsfeier sang sein Freund Stevie Wonder. Tonya Lewis-Lee ist eine Wirtschaftsanwältin und wurde nach der Heirat mit Lee als Schriftstellerin und Produzentin von Kinderfernsehen tätig. Lee nennt sie öffentlich respektvoll nur „Lady T“ und hat mit ihr zwei Kinder; die Familie lebt in Manhattan.

Sitz von Lees Produktionsfirma
40 Acres & A Mule Filmworks

Ein weiteres Master-Studium belegte er an der New Yorker Tisch School of the Arts, das er 1982 als Master of Fine Arts abschloss; einer seiner Studienkollegen war der Regisseur Ang Lee. Seinen Abschlussfilm Joe’s Bed-Stuy barbershop: we cut heads (1982) finanzierte ihm seine Großmutter, Ang Lee machte die Regieassistenz und sein Vater steuerte die Filmmusik bei. Der 45-Min.-Film kostete 175.000 $ und spielte acht Mio. Dollar ein; auf den Filmfestspielen von Cannes erhielt Lee dafür den Prix de Jeunesse. Anschließend gründete er auch seine eigene Produktionsfirma 40 Acres & A Mule Filmworks. Der Name seiner Firma soll an ein unerfülltes Versprechen aus der Endphase des Amerikanischen Bürgerkrieges erinnern: 1865 wurde durch die Nordstaaten den von der Sklaverei befreiten Afroamerikanern eine Kompensation in Form von Landbesitz und durch Überlassung nicht mehr benötigter Nutztiere zugesichert.[2]

Bereits Anfang der 1990er Jahre hielt er als Gastdozent Vorlesungen für Afroamerikanische Studien sowie für Visuelle und Umweltstudien an der Harvard University. Seit 2002 ist er Artistic Director (künstlerischer Leiter) bei der Tisch School of the Arts an der New York University.

2020 wurde er als Jurypräsident der 73. Internationalen Filmfestspiele von Cannes ausgewählt. Er ist damit der erste afroamerikanische Künstler, der diese Aufgabe bei einem der großen Filmfestivals innehat.[3]

New Black Cinema

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Lee ist einer der bekanntesten Protagonisten und Mitbegründer des New Black Cinema der 1980er Jahre. Er bevorzugt es, verschiedene Filmstile innerhalb eines Films anzuwenden. Vorrang hat für ihn immer die Geschichte, die er mit verschiedenen Inszenierungsformen erzählen will, seien sie neorealistisch, naturalistisch oder impressionistisch.

Spike Lee war der Entdecker bis dahin weitgehend unbekannter afroamerikanischer Schauspieler, die später internationale Berühmtheit erlangten, darunter Halle Berry, worauf sie auch in ihrer Dankesrede bei der Oscarverleihung 2002 hinwies, sowie Denzel Washington, Samuel L. Jackson und Laurence Fishburne.[4]

Nachdem bekannt geworden war, dass er in seinem Film Malcolm X (1992) die Vorbereitungen zur Ermordung von Malcolm X durch die Nation of Islam (NoI) darstellen wollte, erhielt er anonyme Morddrohungen. Daraufhin strich er diese Passagen aus dem Skript. Um den dreieinhalbstündigen Spielfilm fertigstellen zu können, wurde Lee vor allem von Bill Cosby finanziell unterstützt.[5]

Werbefilm und Musikvideo

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Von 1988 an war er der Regisseur von sieben Nike-Werbefilmen mit Michael Jordan, die dem Unternehmen mit der Nike-Air-Jordan-Kampagne eine weltweite Bekanntheit verschaffte. Fernsehwerbefilme für industrielle Kunden wie Levi Strauss & Co., AT&T, Philips, American Express, Snapple und Taco Bell halfen Lee, seine Spielfilme zu finanzieren. Weiterhin produzierte er Musikvideos für Miles Davis, Chaka Khan, Tracy Chapman, Anita Baker, Public Enemy, Bruce Hornsby, Prince, Michael Jackson und Eminem. 2019 drehte er das Video zum Lied Land of the Free von The Killers, in dem die Flüchtlinge an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze thematisiert werden.

Lee ist ein großer Fan der Filme Michael Moores und hat selbst einige politische Dokumentarfilme gedreht, darunter Vier kleine Mädchen (1997). Darin rekonstruierte er die Todesumstände von vier schwarzen Kindern aufgrund eines Brandanschlags 1963 auf eine Kirche (16th Street Baptist Church) in Birmingham, Alabama. Diese Tragödie gilt als der Wendepunkt der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, da sie von nun an ins Bewusstsein der US-amerikanischen Öffentlichkeit gelangte.

Der Dokumentarfilm When the Levees Broke handelt von der Überschwemmung von New Orleans durch die Deichbrüche des Lake Pontchartrain, die eine Folge des Hochwassers durch den Hurrikan Katrina war und vor allem der mangelhaften Qualität der Deiche. Entgegen der allgemeinen Ansicht war die Überschwemmung Lee zufolge keine Naturkatastrophe, sondern eine katastrophale Anhäufung von menschlichem Versagen, die ihre letzte Ursache im Rassismus gegenüber der schwarzen Bevölkerung habe.[6] Er porträtiert vor allem die Opfer der Katastrophe und weist damit nur indirekt auf die Tatenlosigkeit der Bush-Regierung hin.

Lees Filme wurden dafür kritisiert, dass sie nichtschwarze Gruppen mitunter schlecht darstellen. Viele seiner Geschichten haben die Kritik an ethnisch bedingten Ungleichbehandlungen zum Thema, im Speziellen meist die Diskriminierung von Afroamerikanern. Einige Kritiker werfen Lee jedoch die Neigung vor, afroamerikanische Charaktere als „den anderen überlegen“ darzustellen und in die häufig klischeehaften Darstellungen von bestimmten anderen ethnischen Gruppen eigene Vorurteile und Antipathien einzubauen. Damit würde er seine Anti-Diskriminierungs-Aussagen selbst untergraben. So hätte er in Jungle Fever Italoamerikaner nicht positiv dargestellt.[7] Auch wurde ihm von mehreren Kritikern vorgeworfen, negative Stereotype über Franzosen, Hispanics, Koreaner und Juden zu bedienen. Ausdrücklich erwähnt wurde dabei der Film Mo’ Better Blues. Lee selbst wehrte sich gegen den Vorwurf, in seinen Filmen Antisemitismus zu verbreiten.[8]

Filmografie (Auswahl)

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Auszeichnungen (Auswahl)

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Oscar

  • Gunnar Landsgesell, Andreas Ungerböck (Hrsg.): Spike Lee. (= film. 14). Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-929470-87-X. (14 thematische Essays, zudem Interviews und Rezensionen aller Filme. Mit einem Vorwort von Danny Glover)
  • Kaleem Aftab: Spike Lee: That’s My Story and I'm Sticking to It, as told to Kaleem Aftab. Faber & Faber, London 2005, ISBN 0-571-22040-1. (von Lee autorisierte Biografie).
  • Bettina Kasten: Spike Lee * 1957. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-010662-4, S. 433–437.
  • Delphine Lefort: The Spike Lee Brand. A Study of Documentary Filmmaking, State University of New York Press, Albany 2015
  • Mark A. Reid (Hrsg.): Spike Lee’s 'Do the Right Thing'. Cambridge University Press, Berkeley 1997, ISBN 0-521-55954-5.
  • Spike Lee, Ralph Wiley: Best seat in the house. A basketball memoir. Crown Publ., New York, NY 1997, OCLC 68187530.
  • Spike Lee, Ralph Wiley: Malcolm X. Der Film und die Legende. Ins Dt. übertragen von Adelheid Hartmann. Bastei-Verlag Lübbe, Bergisch Gladbach 1993, ISBN 3-404-13489-3.
  • Spike Lee, Ralph Wiley: By any means necessary. The trials and tribulations of the making of Malcolm X. Hyperion, New York 1992, ISBN 1-56282-913-0. (enthält das Film-Manuskript von Malcolm X)
  • Spike Lee: Spike Lee’s gotta have it. Inside guerrilla filmmaking. Simon & Schuster, New York/ London 1987, ISBN 0-671-64417-3.
Commons: Spike Lee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Artikel

Interviews

Rezensionen

Bilder

Einzelnachweise

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  1. Gunnar Landsgesell: Ich muss flexibel sein. (Memento vom 27. April 2014 im Internet Archive) In: Datum. Nr. 3, 2006.
  2. William Tecumseh Sherman: Special Field Order No. 15. 16. Januar 1865.
  3. Spike Lee wird Jurypräsident in Cannes. In: spiegel.de, 14. Januar 2020 (abgerufen am 14. Januar 2020).
  4. Jackie McGlone: Lover and a fighter. In: The Scotsman. 12. Juni 2005.
  5. Spike Lee Says Money From Blacks Saved 'X'. In: New York Times. 20. Mai 1992.
  6. Tobias Moorstedt: Die Wut, die bleibt. In: taz. 29. August 2006.
  7. Spike Lee. In: prisma. Abgerufen am 3. April 2021.
  8. Caryn James: Critic's Notebook; Spike Lee's Jews and the Passage From Benign Cliche Into Bigotry. In: The New York Times. 16. August 1990.
  9. Gregg Kilday: Satellite Awards: 'Spotlight' Collects Four Prizes, Including Best Picture. In: The Hollywood Reporter. 21. Februar 2016.