Apicomplexa

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Apicomplexa

Toxoplasma gondii

Systematik
Klassifikation: Lebewesen
Domäne: Eukaryoten (Eukaryota)
ohne Rang: Diaphoretickes
ohne Rang: Sar
ohne Rang: Alveolata
ohne Rang: Apicomplexa
Wissenschaftlicher Name
Apicomplexa
Levine, 1970

Die Apicomplexa (von lat. apex ‚Spitze‘) sind einzellige, zu den Eukaryoten gehörige Parasiten, die infektiöse Sporozysten oder Oozysten produzieren und einen charakteristischen Generationswechsel durchlaufen, bei dem sich geschlechtliche und ungeschlechtlich vermehrende Zellen abwechseln.

Bekannte Vertreter sind die Malaria-Erreger der Gattung Plasmodium sowie Toxoplasma gondii, der Erreger der Toxoplasmose.

Schemazeichnung einer Zelle der Api­com­plexa (Querschnitt)[1]
Apikaler Komplex der Apicomplexa

Charakteristische Merkmale der Apicomplexa sind:

  • am vorderen (apikalen) Ende befindet sich der namensgebende charakteristische Organkomplex, der als „apikaler Komplex“ (englisch apical complex) bezeichnet wird. Er wird aus dem Zytoskelett gebildet, dazu kommen:
  • Jede Zelle besitzt ein Exemplar von spezialisierten Plastiden, den Apicoplasten. Im Gegensatz zu den einfacher gebauten Plastiden der höheren Pflanzen und Grünalgen besitzt dieses Organell zwei zusätzliche Hüllmembranen, womit sich eine Gesamtzahl von vier Hüllmembranen ergibt.
  • Die Einzeller zeigen eine „gleitende“ Fortbewegung, die ohne Geißeln (Flagellen) oder Zilien durch Veränderungen in der Zellform vonstattengeht. Geißeln finden sich nur in den sog. Mikrogameten einiger Arten; bei bestimmten Arten werden auch Pseudopodien (Scheinfüßchen) zur Nahrungsaufnahme (Phagocytose) gebildet (Beispiele für beide Sonderformen finden sich in der Gruppe der Conoidasida).

Es wird angenommen, dass sich der Apicoplasten aus einer Rotalge entwickelt hat, die im Zuge einer sekundären Endosymbiose durch eine andere Protisten-Zelle aufgenommen wurde. So stammen die beiden inneren Hüllmembranen vom ursprünglichen Plastiden der Rotalge, und jeweils eine Membran ist aus den Zellmembranen der Rotalge und des Wirtes hervorgegangen. Anfangsstadien einer solchen sekundären Plastiden-Endosymbiose findet man beispielsweise bei der Wimpertierchen-Gattung Mesodinium (siehe insbes. M. chamaeleon). Proteine, die im Apicoplast lokalisiert sind, besitzen eigene zweigeteilte Signalpeptide, die den Transport über die Zellmembran sichern. Der Apicoplast besitzt ein eigenes Plastiden-Genom, welches dem pflanzlicher Plastiden ähnelt. Unter anderem wurden Enzyme gefunden, die üblicherweise in Pflanzen Teil des Photosynthese-Apparates sind. In den Apicoplasten besitzen sie aber andere Aufgaben, und die Apicomplexa betreiben als obligate Endoparasiten keine Photosynthese. Ein Beispiel dafür ist die Ferredoxin-NADPH-Reduktase, die in Pflanzen Teil des Photosystems I ist. Obwohl die Apicomplexa die Fähigkeit zur Photosynthese verloren haben, ist der Apicoplast zum Überleben notwendig.[4]

Die meisten Apicomplexa sind haploid. Oft wird als ungeschlechtliche Vermehrungsphase zunächst eine Schizogonie (Syn. Merogonie, Zerfallsteilung) durchlaufen, bei der ein mehrkerniges Stadium (der Schizont/Meront) sich in unterschiedlich viele Zellen (die Merozoiten) teilt. Aus einigen Merozoiten können Gamonten und später Gameten entstehen, die während der Gamogonie (Gametogamie) zu einer Zygote verschmelzen. Aus der Zygote entstehen, nachdem die Meiose und oftmals eine weitere ungeschlechtliche Vermehrung (Sporogonie) vollzogen wurde, infektiöse Sporozoiten, die noch in Zystenhüllen stecken können.

Es können bei den Apicomplexa ein oder mehrere Wirte auftreten, die sich auf unterschiedliche Weise infizieren können. So werden z. B. die Oozysten oft mit dem Kot ausgeschieden und können durch eine Schmutz- und Schmierinfektion in einen neuen Wirt gelangen. Viele Sporozoen bilden in Zwischenwirten auch Dauerstadien in einer Cystenhülle aus, die von einem fleischfressenden Endwirt beim Verzehr von rohem Fleisch aufgenommen werden können. Beim Malaria-Erreger werden die Sporozoiten von Mücken beim Stechakt übertragen.

Ein Synonym zu Apicomplexa ist Sporozoa Leuckart, 1879.

Adl et al. (2019) unterteilen die Apicomplexa in folgende Gruppen:[5]

Nach neueren Ergebnissen gehören auch die Microsporidia wohl zu den Apicomplexa, nicht, wie lange gedacht, zu den Pilzen. Diese besitzen keinen Apicoplasten. Vermutlich fehlt dieser aber nicht primär, sondern ist sekundär verlorengegangen. Aufgrund der morphologischen Ähnlichkeit waren Mikrosporidien auch traditionell in das Phylum Sporozoa mit einbezogen worden, was demnach nachträglich bestätigt wäre. Die Apicomplexa in diesem Sinne sind allerdings nur dann monophyletisch, wenn die Gattung Digyalum Koura et al. 1990 (vorher incertae sedis in den Gregarinen), herausgenommen wird. Diese besitzt einen Apicoplasten, möglicherweise mit Ursprung aus demselben Algentaxon wie derjenige der Apicomplexa. Demnach ist der Bauplan der Apicomplexa mehrfach unabhängig aus algenartigen, zur Photosynthese befähigten Vorfahren mit näherer Verwandtschaft zu den Dinoflagellaten hervorgegangen.[6]

Die Klasse Marosporida Mathur, Kristmundsson, Gestal, Freeman & Keeling 2020 ist eine neu eingerichtete Gruppe der Apicomplexa, die mit den Kokzidien (Coccidia) und Hematozoa (Haemosporida) verwandt ist.[7] Sie ist charakterisiert als eine phylogenetische Klade, die folgende Mitglieder umfasst:[8]

  • Familie Aggregatidae Labbé, 1899 (ausgegliedert aus den Kokzidien
  • Familie Rhytidocystidae Levine, 1979 (ausgegliedert aus den Kokzidien, Agamococcidiorida)
    • Rhytidocystis sp. 1 (Janouškovec et al., 2019)
    • Rhytidocystis sp. 2 (Janouškovec et al. 2019,
  • ohne Familienzuweisung, aber eng verwandt mit Rhytidocystidae

Die Marosporida infizieren wirbellose Meerestiere. Die Mitglieder dieser Gruppe verfügen über Plastidengenome und den typischen (kanonischen) Plastidenstoffwechsel der Apicomplexa. Sie haben jedoch das am stärksten reduzierte Apikoplastengenom, das bis 2020 sequenziert wurde. Es fehlt ihnen insbesondere die übliche (kanonische) RNA-Polymerase der Plastiden. Dieser Umstand eröffnet neue Einblicke in die Evolution reduktiver Organellen.[8]

Einzelnachweise

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  1. SIB: Apicomplexa Cell. Auf: SwissBioPics (interactive Vektorgraphik)
  2. Rhoptrien. Lexikon der Biologie (spektrum.de).
  3. Microneme. Lexikon der Biologie (spektrum.de).
  4. Robert Edward Lee: Phycology. 5 Aufl., Cambridge, 1. März 2018. S. 298f; doi:10.1017/9781316407219, PDF (mariomairal.com), Epub 6. August 2018 (englisch).
  5. Sina M. Adl, David Bass, Christopher E. Lane, Julius Lukeš, Conrad L. Schoch, Alexey Smirnov, Sabine Agatha, Cedric Berney, Matthew W. Brown, Fabien Burki, Paco Cárdenas, Ivan Čepička, Lyudmila Chistyakova, Javier del Campo, Micah Dunthorn, Bente Edvardsen, Yana Eglit, Laure Guillou, Vladimír Hampl, Aaron A. Hei​ss, Mona Hoppenrath, Timothy Y. James, Anna Karnkowska, Sergey Karpov, Eunsoo Kim, Martin Kolisko, Alexander Kudryavtsev, Daniel J.G. Lahr, Enrique Lara, Line Le Gall, Denis H. Lynn, David G. Mann, Ramon Massana, Edward A. D. Mitchell, Christine Morrow, Jong Soo Park, Jan W. Pawlowski, Martha J. Powell, Daniel J. Richter, Sonja Rueckert, Lora Shadwick, Satoshi Shimano, Frederick W. Spiegel, Guifré Torruella, Noha Youssef, Vasily Zlatogursky, Qianqian Zhang: Revisions to the Classification, Nomenclature, and Diversity of Eukaryotes. In: Journal of Eukaryotic Microbiology. Band 66, Nr. 1, Januar 2019, ISSN 1066-5234, S. 4–119, doi:10.1111/jeu.12691, PMID 30257078, PMC 6492006 (freier Volltext) – (englisch).
  6. Jan Janouškovec, Gita G. Paskerova, Tatiana S. Miroliubova, Kirill V. Mikhailov, Thomas Birley, Vladimir V. Aleoshin, Timur G. Simdyanov: Apicomplexan-like parasites are polyphyletic and widely but selectively dependent on cryptic plastid organelles. In: eLife, Band 8, 2019, S. e49662; doi:10.7554/eLife.49662 (englisch).
  7. NCBI Taxonomy Browser: Marosporida, Details: Marosporida Mathur, Kristmundsson, Gestal, Freeman & Keeling, 2020 …, includes: Marosporidia (class).
  8. a b Varsha Mathur, Waldan K. Kwong, Filip Husnik, Nicholas A. T. Irwin, Árni Kristmundsson, Camino Gestal, Mark Freeman, Patrick J Keeling: Phylogenomics Identifies a New Major Subgroup of Apicomplexans, Marosporida class nov., with Extreme Apicoplast Genome Reduction. In: Genome Biology and Evolution, Band 13, Nr. 2,18. November 2020, S. evaa244. Oxford University Press, ISSN 1759-6653; doi:10.1093/gbe/evaa244, PMC 7875001 (freier Volltext), PMID 33566096 (englisch).
Commons: Apicomplexa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien