Stadt des Friedens
Stadt des Friedens ist die Zusatz-Bezeichnung für eine Reihe von Städten in verschiedenen Ländern und Erdteilen, die im allgemein kulturphilosophischen Sinn als solche bezeichnet werden, die sich in der Vergangenheit konkret zu einer solchen erklärt haben oder die sich in einer Phase der Entwicklung hin zur „Stadt des Friedens“ verstehen.
Stadt des Friedens im allgemeinen kulturphilosophischen Sinn
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits im Altertum wurden Städte mit breit gefächerten kulturellen Traditionen mit dem Attribut „Stadt des Friedens“ versehen.
Dazu gehören die im Nahen Osten gelegene Städte
- Bagdad. Im Jahr 762, nachdem die Abbasiden kurz davor die Omajjaden-Dynastie von Damaskus als Herrscher über das Arabische Weltreich abgelöst hatten, begründete Kalif al Mansur, "der Siegreiche" genannt, auf der linken Seite des Flusses seinen Herrschaftssitz. Er nannte ihn Madinat as-Salam, "Stadt des Friedens".[1]
- Jerusalem gilt seit 1500 Jahren als Stadt des Friedens, was auch im Namen zum Ausdruck kommt: Mit dem Stadtnamen verwandt ist das hebräische Wort Schalom, so dass Jerusalem in Gen 14,18 einfach Salem („Frieden)“ genannt wird. Allerdings hat es sich durch die Aufeinanderfolge dreier Religionsstiftungen in seinem Umfeld zugleich zu einem Ort der Gewalt und des Unfriedens entwickelt, der bis in die Gegenwart anhält.
In Südamerika ist es
- Machu Picchu, das durch das Vorhandensein einer jahrtausendalten Inka-Kultur geprägt ist, in der die „Mutter Erde“ verehrt wurde, betrachtet sich als berufen, den Begriff auf sich zu beziehen.
Stadt des Friedens als subjektiver Akt der Selbstbezeichnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Europa häuften sich im 20. Jahrhundert Bestrebungen, Städte des Friedens zu schaffen.
In Italien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mirapuri. Hier kam es 1971 zur Neugründung einer eigenen „Stadt des Friedens und des Zukunftsmenschen“. Es bildete sich 1971 ein Freundeskreis von Arbeitern, Künstlern und Unternehmern um Michel Montecrossa und Mira Alfassa, die beschlossen, eine Kommune zu gründen, die wie ein Samenkorn für eine künftige Welt des Friedens aufgehen könnte.
In der Deutschen Demokratischen Republik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Berlin. Im Februar 1979 tagte der von Moskau gesteuerte Weltfriedensrat an der Spree. Dessen Vorsitzender, der Inder Romesh Chandra, verlieh der Stadt in der Komischen Oper in Anwesenheit des Berliner SED-Chefs Konrad Naumann – diese Ehrenbezeichnung in Anwesenheit einer "Delegation hervorragender Werktätiger". Einige Jahre später wurde an einer Häuserwand am Eingang des Nikolaiviertels in direkter Nähe zum Roten Rathaus eine Inschrift zu Berlins Friedenstitel angebracht. Die goldene, einem Picasso-Entwurf nachempfundene Taube an der Spandauer Straße wird eingerahmt von dem Schriftzug „Berlin – Stadt des Friedens“. Der Entwurf des Tauben-Reliefs wurde 1986 vom Ost-Berliner Bildhauer Gerhard Thieme geschaffen.[2] Nach der Herstellung der Einheit der geteilten Stadt sahen sich die Vertreter des jetzigen Westteils nicht in der Lage, die ehemals nur im Ostteil bestehende Zusatzbezeichnung für die ganze Hauptstadt zu übernehmen.
In der Bundesrepublik Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Suhl: Auf Grund ihrer Geschichte als Standort von Rüstungsbetrieben erklärten am 14. Februar 1991 die gewählten Vertreter des Stadtrates Suhl zur "Stadt des Friedens".[3]
- Nürnberg bezeichnet sich als „Stadt des Friedens und der Menschenrechte“, in negativer Abgrenzung von seiner Geschichte, weil es der Veranstaltungsort aller Reichsparteitage der NSDAP gewesen war; dagegen positiv, weil es als Sitzungsort des Internationalen Militärtribunals der Alliierten über das Deutsche Reich bekannt wurde.[4]
- Osnabrück ist heute der Sitz der Deutschen Stiftung Friedensforschung. 780 wurde die Stadt von Karl dem Großen als Bischofssitz gegründet, 1648 wurde hier und in der Stadt Münster der Westfälische Friede geschlossen, weshalb die Stadt sich auch als „Friedensstadt“ bezeichnet.
In den Niederlanden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Genf. Durch die Anwesenheit z. B. dieser Institutionen auf ihrem Stadtgebiet sieht sich die Kommune autorisiert, sich als „Stadt des Friedens“ zu begreifen:[6]
In Norwegen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oslo. Die norwegische Hauptstadt hat durch den bereits mehrjährigen, allerdings bisher wenig erfolgreichen „Oslo-Friedensprozess“ internationale Aufmerksamkeit erlangt und sieht sich daher motiviert, mit der Bezeichnung „Stadt des Friedens“ für sich zu werben.
Stadt des Friedens auf dem Weg zur Erlangung dieses angestrebten Titels
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist das Phänomen zu beobachten, dass hauptsächlich europäische Städte fantasievolle kommunalpolitische Wege beschreiten, um die Bezeichnung „Stadt des Friedens“ zu erlangen. Diese Kommunen streben dieses Ziel an durch Profilierung auf abrüstungspolitischem Gebiet, durch Initiativen zur Bewusstseinsbildung, durch Maßnahmen auf kulturpolitischem Gebiet, in der Form von vertiefter Verarbeitung ihrer eigenen Geschichte usw. Bei einigen dieser Städte ist ihre historische Verflechtung in Geschehnisse des letzten großen Weltkrieges bzw. daraus resultierenden politischen Vorgänge unübersehbar. Das trifft z. B. auf diese Städte zu:
- Aachen. Eine Bürgerinitiative dieser Stadt erklärte: "Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner verpflichten sich, den Prozess, Aachen zu einer Stadt des Friedens zu machen zu unterstützen und durch eigene und gemeinsame Initiativen voranzutreiben."[7]
- Dresden. Mit einem Friedensappell im Jahre 2008 beschloss ein breites Bürgerbündnis antifaschistischer, friedens-, gerechtigkeits- und umweltorientierter Gruppen, die Stadt Dresden zu einer „Stadt des Friedens, der Demokratie und der Menschenrechte“ zu machen. Ausgangspunkt ist die weitgehende Kriegszerstörung der Stadt und die in neuerer Zeit zunehmenden Versuche der Neonaziszene, diese historische Hypothek für ihre Ziele zu missbrauchen. Diese Zielangabe ist am 13. Februar 2010 durch eine Menschenkette bekräftigt worden, an der sich 15.000 Menschen beteiligten.[8]
Friedensappell 2008[9]
- Tübingen. Hier hat eine Friedenskoordination verschiedener in Tübingen agierender Gruppen einen „Friedensappell“ erlassen, der die Tübinger zur Ausrufung einer „Friedensstadt“ auffordert.[10]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ see: Die Stadt des Friedens. In: welt.de. 4. April 2003, abgerufen am 7. Oktober 2018.
- ↑ INSCHRIFT "STADT DES FRIEDENS" ABMONTIERT Büffel über der Taube
- ↑ http://www.prignitzer-appell.de/info/suhl.htm
- ↑ http://www.nuernberg.de/internet/portal/buerger/menschenrechte.html
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 3. September 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ — ( des vom 11. Juni 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ http://www.friedenlernen.de/system/files/Aachen (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Stadt des Friedens.pdf
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 17. Januar 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ http://www.manager-dj-lothar.de/HTMLPDF/Frieden/3Dresdner_Friedensappell_2008.htm
- ↑ http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten_artikel,-Friede-den-Friedensvorarbeitern-_arid,56829.html (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.