Steinfurt (Herbstein)

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Steinfurt
Stadt Herbstein
Koordinaten: 50° 31′ N, 9° 24′ OKoordinaten: 50° 31′ 30″ N, 9° 24′ 25″ O
Höhe: 415 m ü. NHN
Fläche: 4,19 km²[1]
Einwohner: 191 (30. Juni 2021)[2]
Bevölkerungsdichte: 46 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 36358
Vorwahl: 06643
Blick auf Steinfurt
Blick auf Steinfurt

Steinfurt ist ein Stadtteil von Herbstein im mittelhessischen Vogelsbergkreis im Tal der Schwarza.

Lage von Steinfurt (Steinfort) auf einer Kartes des Hochstifts Fulda von 1574

Die älteste erhaltene Erwähnung von Steinfurt stammt aus dem Jahr 1273 und nennt den Namen „Steinfort“.[3] Der Ortsnamen findet sich in einem Kopiar aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals gehörte Steinfurt zum Hochstift Fulda. Dieses vergab das Dorf als Mannlehen an die Freiherren von Riedesel zu Eisenbach. In zwei Urkunden aus dem Jahre 1338 wird der Ort als „Steinfuorte“[4] und „Steynfurt“[5] erwähnt.

Eine Akte von 1538 nennt „Steynfort“.[6] Der Ortsname Steinfurth findet sich ebenfalls in Wetterau. Die Deutung des Ortsnamens lautet: Siedlung an der Furt mit natürlichem oder künstlichem Steingrund.[7] Im 16. Jahrhundert besaß das Kloster Neuenberg Zinseinkünfte in den Dörfern Steinfurt, Heistorff, Windischmess, Bannerod, Weidenau und Schlirf, welche der Fuldaer Fürstabt Johann III. von Henneberg-Schleusingen in mehreren Briefen an alle Riedesel zu Eisenbach anforderte.[8] Das Kloster war während der Bauernkriege 1525 geplündert und zerstört worden.

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Steinfurt angehört(e):[1][9]

Materielles Recht

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In Steinfurt galten die Riedesel’schen Verordnungen aus dem 18. Jahrhundert als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit diese Verordnungen keine Bestimmungen enthielten. Dieses Sonderrecht behielt theoretisch seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, in der gerichtlichen Praxis wurden aber nur noch einzelne Bestimmungen angewandt. Das Partikularrecht wurde zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst.[13]

Gerichtsverfassung seit 1803

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In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Schlechtenwegen ab 1806 das „Riedeselsche Patrimonialgericht Altenschlirf“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übertragen. „Landgericht Altenschlirf“ war daher von 1821 bis 1853 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Altenschlierf das für Steinfurt zuständig war. 1853 erfolgte die Verlegung des Landgerichts nach Herbstein.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in Amtsgericht Herbstein und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[14] Ab 1943 wurde das Amtsgericht Herbstein nur noch als Zweigstelle des Amtsgerichts Lauterbach betrieben, bis es 1968 endgültig aufgelöst wurde und dem Amtsgerichtsbereich von Lauterbach zugeschlagen wurde.

Einwohnerentwicklung

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Belegte Einwohnerzahlen bis 1970 sind:[1]

  • 1961: 228 evangelische und 31 katholische Einwohner
Steinfurt: Einwohnerzahlen von 1834 bis 1970
Jahr  Einwohner
1834
  
232
1840
  
235
1846
  
241
1852
  
215
1858
  
224
1864
  
219
1871
  
209
1875
  
201
1885
  
196
1895
  
209
1905
  
212
1910
  
225
1925
  
233
1939
  
243
1946
  
287
1950
  
279
1956
  
246
1961
  
261
1967
  
233
1970
  
220
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]

Ortsvorsteher ist Boris Schaaf (Stand Juni 2022).[15]

Das dörfliche Leben in Steinfurt wird von folgenden Vereinen geprägt:

  • Männergesangverein Frohsinn Steinfurt (Gründung 1907)
  • Freiwillige Feuerwehr mit Jugendfeuerwehr
  • Dorfclub (Gründung 1985)

Anmerkungen und Einzelnachweise

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Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  3. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Altenschlirf) und Verwaltung.
  4. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs. Infolge des Deutschen Krieges wurde die Provinz Oberhessen dort zwangsweise Mitglied.
  5. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Oberhessen aufgelöst.

Einzelnachweise

  1. a b c d Steinfurt, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Stadt Herbstein – Zahlen, Daten, Fakten. Abgerufen am 28. November 2021.
  3. Franz Michael Denner: Urkunden der ehemaligen Fuldischen Ämter. Fulda 1820. Band V. S. 385.
  4. Eduard Erwin Becker: Riedeselsches Urkundenbuch. 1200–1500. Offenbach 1924. Regest, Nr. 111, S. 30.
  5. Eduard Erwin Becker: Riedeselsches Urkundenbuch. Regest Nr. 112, S, 32.
  6. Archiv Lauterbach. 38, 1, 1 a.
  7. Lutz Reichardt: Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen. Namenbuch. Dissertation. Göppingen 1973. S. 360.
  8. StAD F 27 A, 33/148.
  9. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 23 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 425 (Google Books).
  12. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  13. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 29, Anm. 92 und S. 103, Anm. 14.
  14. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  15. Ortsbeiräte der Stadt Herbstein. In: Internetauftritt der Stadt Herbstein. Abgerufen am 3. Juni 2022.