Stockholmer Programm
Das Stockholmer Programm ist ein Programm mit Richtlinien für eine gemeinsame Innen- und Sicherheitspolitik der Mitgliedstaaten der Europäischen Union für die Jahre 2010 bis 2014.
Inhalte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Fünfjahresprogramm enthält die Richtlinien einer gemeinsamen Politik zum Schutz der Grundrechte in der Europäischen Union, dem Schutz des Privatlebens, dem Schutz von Minderheiten und besonders schutzbedürftigen Personengruppen sowie zur Unionsbürgerschaft. In dem Programm wird auch eine neue europäische Sicherheitsarchitektur durch den Ausbau der polizeilichen, militärischen und geheimdienstlichen Zusammenarbeit und neuer Maßnahmen im Bereich des Datenaustauschs und der Überwachung des Internets ausformuliert.[1]
Es behandelt so verschiedene Bereiche wie innere- und öffentliche Sicherheit, Migration (Europäischer Pakt zu Einwanderung und Asyl), die Bekämpfung der organisierten Kriminalität mit den Schwerpunkten Kinderpornographie, Computerkriminalität, Menschenhandel, Wirtschafts- und Finanzkriminalität sowie Drogenhandel und Terrorismusbekämpfung, aber auch des Familienrechts, des Zivilrechts, des Erbrechts und anderes. Dazu gehören zum Beispiel auch die Bereitstellung eines Beistandes für Verbrechensopfer oder gemeinsame Mindeststandards für Beschuldigte in Strafverfahren, die Einführung von Videokonferenztechnologien in grenzüberschreitenden Verfahren für die Beweisaufnahme und die Schaffung eines zentralen elektronischen Justizportals.[2]
Vorgesehen sind ein Ausbau der Kapazitäten von Europol und Eurojust sowie die Schaffung einer Interoperabilität von Polizei-Datenbanken, ein zentrales Bevölkerungsregister, grenzüberschreitende Onlinedurchsuchungen, mehr Kontrolle des Internet, eine bessere Satellitenüberwachung, eine Risikoanalyse mittels Software, gemeinsame Abschiebeflugzeuge und -flüge, neue Flüchtlingslager in Drittstaaten, der Einsatz des Militärs zur Migrationsabwehr, polizeiliche Interventionen auch außerhalb der EU, der Ausbau der Europäischen Gendarmerietruppe und eine verstärkte Zusammenarbeit der In- und Auslandsgeheimdienste etc.[3]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Stockholmer Programm ist das Nachfolgeprogramm des Haager Programms. Es wurde von der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft auf ihrem informellen Treffen am 15. bis 17. Juli 2009 vorbereitet und nach dem Ort seiner Veröffentlichung (Stockholm) benannt. Nach der Beschlussfassung durch den Rat für Justiz und Inneres am 1. Dezember wurde es dem Europäischen Rat am 10. und 11. Dezember 2009 zur endgültigen Abstimmung durch die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel in Brüssel vorgelegt.[4][5]
Nachfolgeprogramm
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachfolger des Stockholm-Programms ist das Post-Stockholm-Programm (PSP), das die bisherigen Schwerpunkte weiterführen soll. Zusätzlich soll es in Anpassung an die weltpolitische Lage auch eine Antwort auf das Problem der Foreign Fighters – Menschen aus Europa, die aufseiten der syrischen Rebellen an Kämpfen teilnehmen – geben. Das PSP soll zudem stärker auf der Solidarität beim Umgang mit Flüchtlingsströmen aus Kriegsgebieten aufbauen.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Asylpolitik der Europäischen Union
- Europäische Sicherheitsstrategie, die äußere EU-Sicherheitsstrategie
- Erweiterter Sicherheitsbegriff
- Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union
- Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
- Rat für Justiz und Inneres
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- The Stockholm Programme: An open and secure Europe serving the citizen, Entwurf, 16. Oktober 2009 (PDF-Datei 765 KB). OpenDocument-Text, (ODF-Datei; 93 KB; ODT).
- European Civil Liberties Network: Erklärung des Europäischen Bürgerrechtsnetzwerks zum neuen Fünfjahresplan der EU zur Justiz- und Innenpolitik. April 2009. (PDF-Datei; 88 KB)
- Christine Wicht: Sicherheit um jeden Preis. Das Stockholmer Programm der Europäischen Union. Blätter für deutsche und internationale Politik 3/2010, S. 91–98. (PDF-Datei; 33 KB)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Europäischer Rat: Vom Europäischen Rat im Dezember 2009 endgültig beschlossener Text des Stockholmer Programms (PDF; 549 kB)
- Europäisches Parlament: Entschließung vom 25. November 2009 zum Stockholmer Programm
- Schwedische EU-Ratspräsidentschaft: Stockholm Programme.
- Das Stockholmer Programm. Zusammenfassung der Gesetzgebung. In: EUR-Lex. Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union
- Bundesministerium des Innern: Stockholmer Programm (2009, im Archiv)
- Matthias Monroy: Internetsperren, Governmental Hacking und Beobachtungszentrum zur Verbrechensprävention. Telepolis, 16. Oktober 2009.
- Ralf Bendrath: Stockholm-Programm: Debatte über innere Sicherheit in der EU spitzt sich zu. Netzpolitik.org, 10. Oktober 2009.
- Gipfelsoli: Soziale Bewegungen gegen die „globale Sicherheitsarchitektur“!. September 2008.
- Amnesty International EU Office: EU: Close human rights gaps in the Stockholm Programme. 15. Juli 2009.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Matthias Monroy: Überwacht im Stadion. In: Jungle World. 22. Oktober 2009.
- ↑ Bundesministerium für Justiz: Referat. 16. März 2009.
- ↑ Kritik am „Stockholm Programm“. In: Telepolis. 15. April 2009.
- ↑ Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland: Europa-Kommunikation & Europäische Vorausschau: EU-Vorausschau für Justiz und Inneres
- ↑ Matthias Monroy: Warum hast du nichts gemacht, um das aufzuhalten?. In: Telepolis. 17. September 2009.
- ↑ Regine Kramer: Das „Post-Stockholm-Programm“. In: Öffentliche Sicherheit9-10/14. Abgerufen am 26. April 2015. S. 48–49.