Es sei eine zweidimensionale, kompakte, orientierbare Fläche ohne Rand und bezeichne die Gauß-Krümmung. Nach dem Satz von Gauß-Bonnet ist das Flächenintegral von über gleich dem -Fachen der Euler-Charakteristik, das heißt
.
Man setze und . Weiter sei die Oberfläche der konvexen Hülle von und die Gauß-Krümmung auf , die fast überall definiert und ist. Dann ist
und muss auf verschwinden (hier werden einige Details übergangen, da die konvexe Hülle nur schwache Differenzierbarkeitseigenschaften hat). Daher ist
und die einfache Rechnung
ergibt eine untere Schranke für das Integral der absoluten Krümmung über .
Man nennt eine zweidimensionale, kompakte, orientierbare Fläche ohne Rand straff, wenn diese untere Schranke angenommen wird, das heißt, wenn[1]
Für eine zweidimensionale, kompakte, orientierbare Fläche ohne Rand sind folgende Aussagen äquivalent:[2]
ist straff, das heißt .
Jede Ebene zerlegt in höchstens zwei Zusammenhangskomponenten, das heißt, sind und die beiden offenen Halbräume mit , so ist für jedes leer oder zusammenhängend.
Die dritte Eigenschaft nennt man die Zwei-Stück-Eigenschaft oder kurz TPP, nach der englischen Bezeichnung two-piece-property. Diese äquivalente Eigenschaft verwendet keine differentialgeometrischen Begriffe und erlaubt daher eine Verallgemeinerung der Straffheit auf allgemeinere Flächen. Offenbar hat die Oberfläche jeder konvexen Menge die TPP. Man kann Straffheit daher als Verallgemeinerung der Konvexität ansehen.[3]
Die Kugeloberfläche mit Radius hat bekanntlich konstante Gauß-Krümmung und Euler-Charakteristik 2. Daher ist
.
Die Kugeloberfläche ist daher straff. Das ist viel einfacher mittels der TPP zu sehen, da die Kugel konvex ist, denn offenbar hat jede konvexe Oberfläche die TPP.
Es sei eine Immersion einer differenzierbaren, zweidimensionalen, orientierbaren Mannigfaltigkeit in den dreidimensionalen euklidischen Raum. Für sei ein Einheitsvektor, der senkrecht zur Tangentialebene in ist, sodass stetig ist (dazu benötigt man die Orientierbarkeit). Die Gauß-Krümmung ist als die Determinante der Jacobi-Matrix der Abbildung definiert. Dann kann man ganz ähnliche Überlegungen wie oben anstellen und nennt straff, wenn
Die oben definierte Straffheit einer Fläche bedeutet die Straffheit der Immersion . Natürlich gibt es auch andere Immersionen, die straff sind, etwa die Einschränkung der linearen Abbildung mit reellen Konstanten auf , die offenbar eine Immersion der Kugeloberfläche auf ein Ellipsoid im ist. Diese Immersion ist ebenfalls straff. Dagegen ist die Immersion der eingedellten Kugelfläche nicht straff, ebenso wenig wie eine Immersion , die die Eindellung abbildet.
In diesem Zusammenhang gilt folgender Satz von Chern und Lashof: Jede straffe Immersion der Kugeloberfläche in den bildet auf die Oberfläche einer konvexen Menge ab.[8]
Im zitierten Lehrbuch „Tight and taut immersions of manifolds“ von T. E. Cecil und P. J. Ryan findet sich eine systematische Untersuchung straffer Immersionen und verwandter Begriffe. Dort werden weitere äquivalente Charakterisierungen mittels Eigenschaften der Abbildung sowie Verallgemeinerungen auf höhere Dimensionen behandelt, dabei spielt auch die TPP (Zwei-Stück-Eigenschaft) eine wichtige Rolle.
↑Thomas Banchoff, Wolfgang Kühnel: Tight Submanifolds, Smooth and Polyhedral, MSRI publications, Band 32, Cambridge University Press (1997), ISBN 0-521-62047-3, Seiten 52–118
↑Tevian Dray: Differential Forms and the Geometry of General Relativity, CRC Press (2015), Kap. 18: Curvature, Formel (18.88) auf Seite 232
↑Manfredo P. do Carmo: Differentialgeometrie von Kurven und Flächen, Vieweg-Verlag, 3. Auflage (1993), ISBN 978-3-528-27255-5, Paragraph 3.3: Die Gauß-Abbildung in lokalen Koordinaten, Seite 116
↑Thomas Banchoff, Nicolaas Kuiper: Geometrical class and degree for surfaces in three-space, Journal of Differential Geometry (1981), Band 16, Seiten 559–576
↑T. E. Cecil, P. J. Ryan: Tight and taut immersions of manifolds, Pitman Publishing Inc. (1985), ISBN 0-273-08631-6, Definition auf Seite 2
↑T. E. Cecil, P. J. Ryan: Tight and taut immersions of manifolds, Pitman Publishing Inc. (1985), ISBN 0-273-08631-6, Theorem 7.16