Studentenwohnheim
Ein Studentenwohnheim oder Studierendenwohnheim (teilweise auch Studentenwohnanlage, Studentendorf oder kurz Studentenheim genannt) ist eine Unterkunft für Studenten. Sie können hier während des Studiums kostengünstig wohnen, meist in kleinen Einzelzimmern, Studiowohnungen oder in Wohngemeinschaften.
In den USA und in Großbritannien sind die Unterkünfte der Studenten oft in einen verwaltungsorganisatorisch zusammengehörenden Campus integriert. In Großbritannien sind zum Teil noch Schlafsäle üblich, in den USA sind größere Wohnheimkomplexe Standard. In Deutschland und Österreich gibt es zahlreiche eigene Trägervereine, die den Studenten die Wohnplätze vermieten. Die deutschen Studierendenwerke etwa vermieten mit Stand von 2023 rund 196.000 Wohnheimplätze.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Situation in verschiedenen Ländern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Deutschland gab es im Wintersemester 2021/2022 rund 240.000 Wohnheimplätze für insgesamt 2,5 Millionen Studierende.[2]
Meist werden die deutschen Studentenwohnheime von den örtlichen Studierendenwerken betrieben. Es gibt aber auch viele selbstverwaltete, private oder kirchliche Studentenwohnheime. Die größte zusammenhängende Wohnanlage eines deutschen Studierendenwerks ist die Studentenstadt Freimann in München. Das größte private, selbstverwaltete Studentenwohnheim Deutschlands ist das Hans-Dickmann-Kolleg („HaDiKo“) in Karlsruhe.
In Deutschland wohnten im Sommersemester 2012 rund 10 % aller Studierenden in Wohnheimen. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebungen 1991 (damals: 16 %). Dieser vergleichsweise hohe Wert im Jahr 1991 war vor allem durch die Situation in den neuen Ländern bedingt; dort wurde die Zahl der Wohnheimplätze seit 1991 im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen, bei denen Mehrbett- in Einzelzimmer umgewandelt wurden, deutlich verringert. In den alten Ländern lag der Anteil der Wohnheimnutzer bereits 1991 auf einem ähnlichen Niveau wie 2012. Die Wohnheimnutzung, so die Sozialstudie des Deutschen Studierendenwerks, hängt vor allem vom Angebot an Wohnheimplätzen ab. In Brandenburg, Bayern und Baden-Württemberg sei diese Wohnform im Ländervergleich anteilig am stärksten verbreitet, mit rund 15 %. In den Hamburg, Berlin und Bremen werden demnach nur Heimplätze für 5 % der Studierenden angeboten, sodass überwiegend auf eigene Wohnungen beziehungsweise Wohngemeinschaften ausgewichen wird.[3] Der anteilige Rückgang der Wohnform Studentenwohnheim liegt vor allem daran, dass die Studierendenzahlen deutlich schneller steigen als die Zahl der Wohnheimplätze.[4] Wie aus der Sozialerhebung ferner hervorgeht, bevorzugen insbesondere ältere Studenten eine eigene Wohnung.[3]
Knapp ein Zehntel der Studierenden zieht Wohnheime anderen Wohnformen vor, wobei der Kostenfaktor eine Rolle spielt. Wohnheime des Studierendenwerks sind zur sozialen Versorgung von Studenten gedacht, die keine andere bezahlbare Unterkunft finden[3]. Für kostengünstigen Wohnraum werden auch von privaten Anbietern beispielsweise in Berlin oder München auch Containerdörfer als beständig installiertes Wohnheim für Studenten angeboten.[5] Im Sommersemester 2012 gaben Studierende rund 34 % ihrer monatlichen Einnahmen für das Wohnen aus, was etwa 298 Euro entspricht. Die Unterbringung in Wohnheimen ist dabei mit einer durchschnittlichen Miete von 240 Euro meist die günstigste Option.[6]
Etwa seit Ende der 1990er-Jahre sind die meisten Studentenwohnheime mit Internetanschlüssen ausgestattet. Manche Studentenwohnheime bieten auch weitere Einrichtungen, die von den Bewohnern genutzt werden können. Hierzu zählen etwa Waschräume mit Münzwaschmaschinen, Sporteinrichtungen oder Partyräume, die von den Hausbewohnern angemietet werden können. Auch kleine Geschäfte oder Warenautomaten zur Versorgung der Bewohner sind anzutreffen.
Zu unterscheiden sind Studentenwohnheime von privatwirtschaftlich betriebenen Apartmenthäusern die grundsätzlich auch anderen Mietern offenstehen, auch wenn sich manche besonders an Studenten richten. Hierunter finden sich vor allem in den großen Universitätsstädten auch Anbieter mit exklusiven Angeboten, die teurer sind als die öffentlich geförderten Einrichtungen.
Österreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2021 gab es in Österreich 237 Studentenheime mit 35.117 Heimplätzen.[10] Die Heimträger sind meist private Organisationen. Viele von ihnen haben ein enges Verhältnis zu politischen Parteien, Interessenvertretungen, Gebietskörperschaften oder kirchlichen Einrichtungen. Sie arbeiten gemeinnützig und sind nicht profitorientiert. Die meisten Heimträger betreiben nur ein Wohnheim, allerdings gibt es auch Heimträger, die zehn und mehr Heime führen.
Studentenwohnheime gibt es in den Universitäts- und Fachhochschulstandorten Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck, Linz, St. Pölten, Leoben, Klagenfurt, Hagenberg im Mühlkreis, Dornbirn, Wiener Neustadt und Eisenstadt.
Die größten Heimträger in Österreich | Anzahl der Heime | Anzahl der Heimplätze |
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Akademikerhilfe | 36 | 4700[11] |
STUWO Gemeinnützige Studentenwohnbau AG | 21 | 4200 |
Österreichische Jungarbeiterbewegung | 20 | 3800[12] |
Österreichische Studentenförderungsstiftung | 15 | 1999 |
Kuratorium für die Errichtung von Adolf Schärf Studentenheimen | 6 | 1623 |
Wirtschaftshilfe der Arbeiterstudenten | 9 | 852 |
Wirtschaftshilfe Bundesländer (gesamt) | 24 | 3144 |
Stand 2001/02 bzw. 2005/06, Tochtergesellschaften nicht berücksichtigt. |
Laut der Studierenden-Sozialerhebung 2006 wohnten 9,9 Prozent der Studierenden in Studentenwohnheimen. Die durchschnittlichen Wohnkosten betragen österreichweit 232 Euro (zum Vergleich: Studenten in Wohngemeinschaften: 277 Euro, Studenten mit eigenem Haushalt: 347 Euro).
Im Jahr 1998 wohnten noch 11 Prozent der österreichischen Studenten in Studentenwohnheimen. Ihre monatlichen Wohnkosten beliefen sich dabei im Durchschnitt auf 2690 Schilling (zum Vergleich: Studenten in Wohngemeinschaften: 3470 Schilling; Studenten mit eigenem Haushalt: 4220 Schilling).
Die Investitionsförderungen für Studentenwohnheime durch die öffentliche Hand wird zur „indirekten Studentenförderung“ gezählt.
Grundsätzliche gesetzliche Regelungen für das Leben in Studentenwohnheimen sind seit 1986 durch das Studentenheimgesetz (BGBl. 291/1986) festgelegt.
Nordamerika
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Nordamerika werden Studentenwohnheime meist direkt von den Universitäten betrieben, wobei die Wohndauer oft an die Semesterzeiten gekoppelt ist. Außerhalb der Semesterzeiten werden die Unterkünfte teilweise anderweitig genutzt, zum Beispiel als Ferienunterkunft. Zwei- und Dreibettzimmer sind weitaus üblicher als Einzelzimmer. Die Mehrzahl der Zimmer hat keine eigene Nasszelle. Küchen sind häufig überhaupt nicht vorhanden. In vielen Hochschulen sind Studenten unterschiedlicher Klassenstufen (Freshmen, Sophomores, Juniors und Seniors) räumlich getrennt untergebracht, wobei der Wohnkomfort gegen Ende des Studiums gewöhnlich höher ist als am Anfang.
„Room & Board“ (Wohnheim und Mensa) wird zu einem Festpreis abgerechnet, der in der Studienfinanzierung und -förderung in den Vereinigten Staaten neben den Studiengebühren einen erheblichen Faktor darstellt.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Studierendenwohnheime. In: studierendenwerke.de. Abgerufen am 28. März 2023.
- ↑ Nachgezählt. In: Der Spiegel. Nr. 8, 18. Februar 2023, S. 21.
- ↑ a b c Elke Middendorff, Beate Apolinarski, Jonas Poskowsky, Maren Kandulla, Nicolai Netz: Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2012: 20. Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks, durchgeführt durch das HIS-Institut für Hochschulforschung. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2012, Kap. 11: Wohnsituation, S. 403–425 (sozialerhebung.de [PDF; 121 kB; abgerufen am 2. Dezember 2020]).
- ↑ HIS-Institut für Hochschulforschung: Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2012. Auszug., S. 32 (PDF).
- ↑ Frachtcontainer werden in Berlin zur Studentenwohnung. In: berlin.de. 19. Juli 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 3. Mai 2021; abgerufen am 20. August 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ HIS-Institut für Hochschulforschung: Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2012. Auszug., S. 25 (PDF).
- ↑ Studentenwohnheim des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) e. V. Website des Vereins, abgerufen am 8. März 2016.
- ↑ Hans-Dickmann-Kolleg (HaDiKo). Webseite der studenteischen Selbstverwaltung mit Informationen über den Neubau. Abgerufen am 11. März 2022.
- ↑ Studierendenwerk Würzburg : Studierendenwerk Würzburg. Abgerufen am 8. Mai 2024.
- ↑ Österreichischer Studentenheim-Index 2021. In: studium.at. Abgerufen am 23. Februar 2023.
- ↑ Christoph H. Benedikter: 100 Jahre Akademikerhilfe. Wohnen – Studieren – Vertrauen. Hrsg.: Akademikerhilfe Österreich. Michael Wagner, Innsbruck 2022, ISBN 978-3-7107-6798-2, S. 6.
- ↑ Bei der ÖJAB sind in den obigen Zahlen (Stand: September 2011) auch 3 Jugendwohnheime mit 350 Wohnplätzen enthalten, die nicht nur Studenten, sondern auch andere junge Menschen aufnehmen, z. B. Lehrlinge und junge Arbeitnehmer.