Analogiezauber
Unter Analogiezauber oder Sympathiezauber, auch sympathetische Magie sind magische, religiöse oder therapeutische Handlungen, die auf der Annahme beruhen, dass zwischen äußerlich ähnlichen Dingen eine Verbindung (Sympathie) besteht, sich diese daher beeinflussen und dieser Einfluss sich für das Ziel der Handlung nutzbar machen lässt. Typische Beispiele sind etwa, dass Rot und Blut in Beziehung stehen, oder phallische Objekte und männliche Potenz. Derartige Praktiken sind weltweit verbreitet, besonders in medizinisch-therapeutischen Bereich.
Da ein Abbild oder ein Symbol eine Ähnlichkeit bzw. Entsprechung mit dem Abgebildeten bzw. Symbolisierten aufweist, kann diese Verbindung für Analogiezauber genutzt werden. Ein bekanntes Beispiel solchen Bildzaubers ist die sogenannte Voodoo-Puppe, die ein Abbild eines bestimmten Menschen sein soll. Durch den Analogiezauber sollen Schmerzen und Verletzungen, die der Puppe zugefügt werden, die Person treffen, deren Abbild die Puppe ist.
Ebenso findet sich die Anwendung des Prinzips, nach dem zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos Analogie bzw. Entsprechung besteht. Dementsprechend könne eine Handlung im Kleinen, also etwa mit handbarer Gerätschaft, oder spezielle Zeremonien, die Entwicklungen im Makrokosmos beeinflussen, also etwa das Wetter beeinflussen, Naturgefahren abwehren, die Ernte fördern.
Weiterhin besteht dem Sympathieprinzip zufolge auch eine dauerhafte Verbindung zwischen dem Ganzen und seinen Teilen, auch dann, wenn diese vom Ganzen getrennt werden. Beispielsweise wird angenommen, dass eine dauerhafte Verbindung zwischen abgeschnittenen Haaren und Nägeln oder irgendwelchen Körperausscheidungen einer Person und der Person selbst bestehen. Daher wird das, was man mit den abgetrennten Teilen des Körpers vollführt (z. B. Verbrennen), durch sympathische Wirkung auch mit der Person geschehen (z. B. Auftreten von Fieber).
Dabei bilden sympathetische Vorstellungen oft über viele Jahrhunderte die vorherrschende Lehrmeinung, so in kosmologischen Theorien die griechische Vier-Elemente-Lehre, die hermetische Philosophie, oder die beiden traditionellen chinesischen Theorien, die des Yin-Yang und die Fünf-Elemente-Lehre,[1] in denen jeweils einige Grundprinzipien eine Klasse untereinander in Beziehung stehender Sachverhalte bilden (wie „Yang ist Himmel, männlich, aktiv, schöpferisch, herrschend usw.“, sodass ein Repräsentant des Yang-Prinzips auch alle anderen beeinflusst).
Auch Elemente der frühen Medizin (frühe Systeme sind etwa die Signaturenlehre oder die auf der Vier-Elemente-Lehre beruhende Humoralpathologie nach Hippokrates[2] und Galen) und Volksmedizin, auch in der Heiligenverehrung im Volksglauben, indem etwa die Martyrien oder bestandenen Versuchungen des Heiligen diesen als Schutzheiligen qualifizieren, beispielsweise gilt der auf einem Rost gebratene Laurentius von Rom als Schutzpatron der Bäcker und Köche und anderer Berufsgruppen, die mit dem Feuer zu tun haben.
In seinem für die Entwicklung des Magie-Diskurses in der Anthropologie einflussreichen Werk The Golden Bough postulierte James George Frazer die Magie als Vorstufe der Religion, wobei er Magie im Wesentlichen als sympathetische Magie betrachtete und dabei homöopathische oder imitative Magie und Übertragungsmagie (contagious magic) unterschied. Erstere erfasst Vorstellungen wie die Verbindung roter Objekte zu Blut oder gelber zu Gelbsucht, letztere etwa die Vorstellung, dass eine dauerhafte Verbindung zwischen abgeschnittenen Haaren und Nägeln oder irgendwelchen Körperausscheidungen einer Person und der Person selbst bestünde, wobei er ein Gesetz der Ähnlichkeit für erstere, und ein Gesetz der direkten Übertragung für letzteres formulierte.[3]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Friedrich Pfister: Analogiezauber. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Band 1, de Gruyter, Berlin/Leipzig 1927, S. 385–395.
- Karl Beth: Sympathie (4). In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Band 8, de Gruyter, Berlin/Leipzig 1927, S. 628 f.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Analogiezauber. In: Peter C. A. Schels: Kleine Enzyklopädie des deutschen Mittelalters.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Joseph Needham: Wissenschaft und Zivilisation in China. Band 1. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-57692-5, 10. Die grundlegenden Ideen der chinesischen Wissenschaft, S. 163 ff. (englisch: The shorter science and civilisation in China, University Press, Cambridge 1978. Übersetzt von Rainer Herbster, insb. Die Schule der Naturalisten (Yin-Yang Chia), Tsou Yen und der Ursprung und die Entwicklung der Fünf-Elemente-Lehre. S. 187 ff.; Die Theorie der zwei Kräfte 209 ff. – Diskussion des analogiemagischen Aspekts »Assoziatives« Denken und seine Bedeutung S. 212 ff. und Die Theorien der Elemente und die Experimentalwissenschaft in China und Westeuropa. S. 219 ff).
- ↑ Vgl. auch Carl Werner Müller: Gleiches zu Gleichem. Ein Prinzip frühgriechischen Denkens. Wiesbaden 1965; und Hermann Grensemann: Der Arzt Polybos als Verfasser hippokratischer Schriften. Verlag der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (In Kommission bei Franz Steiner Verlag, Wiesbaden), Mainz 1968 (= Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse. Jahrgang 1968, Nr. 2), S. 85.
- ↑ Frazer: The Golden Bough. 3. Auflage. Band 1, S. 53 f. (“Homoeopathic magic is founded on the association of ideas by similarity: contagious magic is founded on the association of ideas by contiguity. […] Both branches of magic, the homoeopathic and the contagious, may conveniently be comprehended under the general name of Sympathetic Magic, since both assume that things act on each other at a distance through a secret sympathy […].”) Vgl. auch Frazer: Der goldene Zweig. Leipzig 1928, S. 17.