Tedros Adhanom Ghebreyesus

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Tedros Adhanom Ghebreyesus (2018)

Tedros Adhanom Ghebreyesus (Tigrinya und amharisch ቴዎድሮስ አድሓኖም ገብረኢየሱስ; * 3. März 1965 in Asmara, damals Kaiserreich Abessinien, heute Eritrea) ist ein äthiopischer Biologe, Immunologe und Politiker. Er ist seit dem 1. Juli 2017 Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und war zuvor in Äthiopien Außenminister (seit dem 29. November 2012) und Gesundheitsminister (seit Oktober 2005).

Leben und Wirken

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Als Kind erlebte Tedros hautnah, wie sein drei- oder vierjähriger Bruder verstarb. Später, als er in Dänemark Biologie studierte, erkannte er, dass es die Masern waren, die man durch Impfung verhindern kann. „Ich habe das nicht akzeptieren können, bis heute nicht.“[1]

Tedros machte an der Universität Asmara 1986 seinen Bachelor of Science (BSc) im Fach Biologie. 1991 trat er der kommunistischen Volksbefreiungsfront von Tigray bei, die gemeinsam mit anderen äthiopischen Befreiungsorganisationen (u. a. der eritreischen Volksbefreiungsfront) im gleichen Jahr den Diktator Mengistu Haile Mariam stürzte. Bis 1992 studierte Tedros an der University of London, wo er seinen Master of Science (MSc) in Immunology of Infectious Diseases (Immunologie von Infektionskrankheiten) ablegte. An der University of Nottingham promovierte er 2000 zum Doctor of Philosophy (Ph.D.) im Fach Community Health.[2]

2005 bis 2012 war Tedros äthiopischer Gesundheitsminister und von 2012 bis 2016 Außenminister. In seiner Zeit als Gesundheitsminister Äthiopiens leitete er eine umfassende Reform des Gesundheitssystems des Landes ein. Er etablierte eine universelle Krankenversicherung und verbesserte trotz begrenzter Ressourcen den Zugang zur Gesundheitsversorgung. Er wurde 2009 zum Vorsitzenden des Global Fund zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria gewählt. Zuvor bereits war er Vorsitzender des Roll Back Malaria Partnership Board und Co-Vorsitzender des Partnership for Maternal, Newborn and Child Health Board.[3]

Im Mai 2017 wurde Tedros Adhanom Ghebreyesus auf der 70. Weltgesundheitsversammlung für eine Amtszeit von fünf Jahren zum Generaldirektor der WHO gewählt. Er wurde als erster Generaldirektor der WHO von der Weltgesundheitsversammlung aus mehreren Kandidaten gewählt und er ist der erste Mensch aus Afrika, der technischer und administrativer Leiter der WHO ist. Mit der Ernennung von Simbabwes Präsident Robert Mugabe zum „Goodwill“-Sonderbotschafter der WHO für Afrika rief Tedros weltweit Entrüstung hervor. Vier Tage später machte er sie rückgängig. Im April 2022 begann turnusmäßig der Prozess der Wahl des WHO-Generaldirektors. Vertreter von insgesamt 28 Staaten, darunter auch Deutschlands, Österreichs, Luxemburgs sowie der meisten europäischen Staaten, schlugen Ghebreyesus zur Wiederwahl vor. Er blieb der einzige vorgeschlagene Kandidat und wurde im Mai 2022 auf der 75. Weltgesundheitsversammlung für eine zweite Amtszeit gewählt.[4] Im Januar 2024 beschrieb er die Situation der Bevölkerung von Gaza als „höllisch“ und hat für Frieden im Israelisch-Palästinenischen Konflikt aufgerufen.[5] Im Dezember 2024 war er während eines Angriffes der Israelischen Luftstreitkräfte auf den Internationalen Flughafen von Sanaa in Yemen mit einem WHO-Team ebenfalls auf dem Flughafen.[6] Bei dem Luftschlag wurde einer seiner Begleiter verletzt.[6]

2021 wurde Ghebreyesus in die National Academy of Medicine gewählt, 2022 als Ehrenmitglied in die Royal Society.

Tedros ist Mitglied der International Gender Champions, die sich für Geschlechtergleichstellung in nationalen und internationalen Organisationen einsetzt.

Während seiner Zeit als Gesundheitsminister sollen Journalisten davon abgehalten worden sein, über Cholera-Ausbrüche zu berichten.[7] Im Januar 2020 soll Tedros, dessen Wahl zum WHO-Generaldirektor von der chinesischen Regierung unterstützt worden war, auf Drängen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping Informationen über die Mensch-zu-Mensch-Übertragung von COVID-19 zurückgehalten haben, was von der WHO dementiert wird.[8] Da die WHO Chinas Vorgehen und die angebliche Offenheit seiner Führung lobt sowie Propagandabotschaften unkommentiert lässt, wurde von Tedros vielfach der Rücktritt gefordert.[9] In der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen der äthiopischen Zentralregierung und der Regionalregierung in Tigray ab November 2020 warf ihm erstere eine einseitige Parteinahme für letztere vor.[10]

Tedros Adhanom Ghebreyesus ist ein patronymischer Name wie die meisten äthiopischen Personennamen. Adhanom ist dabei der Vatersname und Ghebreyesus der (nicht immer verwendete) Name des Großvaters, nicht der Nachname. Als Kurzform wird anstelle des nicht existierenden Nachnamens der Rufname Tedros verwendet.[11]

Werke (Auswahl)

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  • Tedros Adhanom Ghebreyesus, Tesfamariam Alemayehu, Andrea Bosma, Karen Hanna Witten, Awash Teklehaimanot: Community participation in malaria control in Tigray region Ethiopia. Acta Tropica. 61 (2), 1996, doi:10.1016/0001-706X(95)00107-P, PMID 8740892, S. 145–156 (englisch).
  • Tedros Adhanom Ghebreyesus, Mitiku Haile, Karen Hanna Witten, Asefaw Getachew, Ambachew M. Yohannes, Mekonnen Yohannes, Hailay D. Teklehaimanot, Steven W. Lindsay, Peter Byass: Incidence of malaria among children living near dams in northern Ethiopia: community based incidence survey. BMJ. 319 (7211), 11. September 1999, doi:10.1136/bmj.319.7211.663, PMID 10480820, S. 663–666 (englisch).
  • Tedros Adhanom Ghebreyesus: The effects of dams on malaria transmission in Tigray Region, northern Ethiopia, and appropriate control measures. Jisc Library Hub Discover (PhD thesis). University of Nottingham, 2000 (englisch).
  • Tedros Adhanom Ghebreyesus, Michel Kazatchkine, Michel Sidibé, Hiroki Nakatani: Tuberculosis and HIV: time for an intensified response. The Lancet. 375 (9728), Mai 2010, doi:10.1016/S0140-6736(10)60595-8, PMID 20488527, S. 1757–1758 (englisch).
  • Tedros Adhanom Ghebreyesus: Achieving the health MDGs: country ownership in four steps. The Lancet. 376 (9747), Oktober 2010, doi:10.1016/S0140-6736(10)61465-1, PMID 20864154, S. 1127–1128 (englisch).
Commons: Tedros Adhanom Ghebreyesus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. World Health Organization Chief Tedros Adhanom Ghebreyesus Never Stops Worrying. Abgerufen am 30. März 2021.
  2. Curriculum Vitae: Dr Tedros Adhanom Ghebreyesus: Candidate for Director-General of the World Health Organization Endorsed by the African Union. (pdf, 527 kB) In: who.int. 11. Oktober 2016, abgerufen am 20. Juni 2019 (englisch).
  3. Biography Dr Tedros Adhanom Ghebreyesus. In: who.int. Abgerufen am 20. Juni 2019 (englisch).
  4. Nominations for the post of WHO Director-General. Abgerufen am 24. April 2023 (englisch).
  5. WHO chief breaks down describing 'hellish' Gaza conditions. 25. Januar 2024, abgerufen am 28. Dezember 2024.
  6. a b Head of WHO Tedros at Yemen airport during Israeli air strikes. Abgerufen am 26. Dezember 2024 (britisches Englisch).
  7. Bianca Blei: Tedros Adhanom Ghebreyesus, ein Afrikaner in globaler Mission. In: derstandard.at. 28. April 2020, abgerufen am 17. Mai 2020.
  8. WHO: Erklärung zu falschen Anschuldigungen im Spiegel. In: unric.org. 11. Mai 2020, abgerufen am 17. Mai 2020.
  9. Francesca Polistina: Tedros Adhanom Ghebreyesus. Abgerufen am 11. Juli 2020.
  10. Ethiopia army accuses WHO boss Dr Tedros of supporting Tigray leaders. BBC News, 18. November 2020, abgerufen am 18. November 2020 (englisch).
  11. Kai Kupferschmidt: WHO-Chef Tedros steht vor der Herausforderung seines Lebens. In: Der Tagesspiegel. 15. Februar 2020, abgerufen am 18. April 2020.