Tempel der Minerva (Marano di Valpolicella)
Tempel der Minerva | |
Tempel der Minerva, Marano di Valpolicella | |
Bedeutung | Archäologische Stätte mit den Überresten eines Tempels, der Minerva gewidmet ist |
Baubeginn: | 6. Jahrhundert v. Chr |
Gründung | 6. Jahrhundert v. Chr |
Blütezeit | Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr.- zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr |
Zerstört | Spätantike |
Aufgegeben | |
Entdeckung | 1835 |
Lage: | 45° 33′ 44,3″ N, 10° 54′ 36,7″ O |
Anfahrt | Verona → Marano di Valpolicella |
Öffnungszeiten | Siehe Website |
Eintritt | frei |
Der Tempel der Minerva ist ein archäologisches Gebiet auf dem Berg Castelon in der Gemeinde Marano di Valpolicella in der Provinz Verona. Die Stätte wurde mindestens seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. als Heiligtum genutzt und ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. zu einer der Minerva geweihten Kultstätte ausgebaut.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Stätte befindet sich an den östlichen Hängen des Monte Castelon, zwischen den Tälern von Fumane und Marano. An diesem Ort gab es in der Antike vermutlich eine Wasserquelle, die aus dem Fels entsprang, sowie eine natürliche Senke, in der sich das Wasser wahrscheinlich sammelte. Diese Stätte wurde bereits in der Eisenzeit, im 6. Jahrhundert v. Chr., besucht. Die Gläubigen jener Zeit nutzten die natürliche Höhlung nicht nur zur Sammlung von Opfergaben oder Überresten von Opferritualen, sondern richteten auch einen Bereich ein, in dem ein Weihebrand durchgeführt wurde – also ein Feuer, in dem die Gaben für die Gottheiten verbrannt wurden. Archäologische Untersuchungen (an den Ablagerungen des Weihebrandes, die alles sind, was von dieser Phase der Stätte übriggeblieben ist) haben verschiedene organische Überreste zutage gefördert, darunter Samen, Holzfragmente und Essensreste, sowie Bronzeringe, Fibeln, Bullae und Keramikfragmente.[1]
Seit dem Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. wurde an diesem Ort, der wohl eine gewisse Bedeutung und kultische Funktion erlangt hatte, ein gemauerter Tempel zu Ehren der Minerva errichtet. Die Bautechnik und der architektonische Stil deuten darauf hin, dass dieses Bauvorhaben von einem römisch-hellenistischen Auftraggeber ausgeführt wurde. Von diesem Bauwerk, das größtenteils unter den Ruinen des jüngeren Tempels liegt, ist nur wenig bekannt: Es verfügte über eine zentrale Aula mit einem Boden aus rosafarbenem Opus caementicium, in den Mosaiksteine eingelassen waren. Südlich dieser Aula befand sich ein länglicher Raum mit einem Boden aus weißem Opus cementitium; nördlich ein weiterer Raum mit einem Boden aus rosafarbenen Kalksteinplatten. Der Tempel muss reich bemalt gewesen sein, da zahlreiche Wandmalereifragmente gefunden wurden. Die Dekoration entsprach dem sogenannten „Ersten pompejanischen Stil“, der die Stein- und Marmormauern hellenistischer Paläste imitierte. In diesem Fall zeigte die untere Partie der Wände ein durchgehendes Motiv von wellenartigen Ornamenten, möglicherweise als Bezug auf das am Standort vorhandene Wasser.[1]
In augusteischer Zeit oder in den ersten Jahrzehnten der Kaiserzeit wurde der Tempel vollständig neu errichtet; die neue Struktur, auf die sich die heute sichtbaren Überreste beziehen, hatte im Zentrum eine rechteckige innere Cella, 8-9 Meter hoch, mit einem kleinen rituellen Becken in der nordwestlichen Ecke. Um die Cella herum verliefen drei Galerien auf derselben Ebene wie die Cella, nach einem architektonischen Plan, der von Tempeln aus keltischen oder germanischen Gebieten inspiriert war. Diese Galerien befanden sich an den nördlichen, östlichen und südlichen Seiten der Cella, waren offen und hatten ein dorisches Säulengang (ein Teil der nördlichen Seite war durch eine Mauer mit einem Netzverband verkleidet). Die vierte Seite, nach Westen zum Berg hin, wurde hingegen von einem Kanal eingenommen, der die gleichen Maße wie die drei Galerien hatte.[1]
Die Stätte verfiel in der Spätantike allmählich, auch aufgrund der Ausbreitung des Christentums; das Dach wurde bei einem Brand zerstört und der Tempel, der nicht mehr repariert werden konnte, verfiel und wurde schließlich von den vom Berggipfel herabfallenden Trümmern begraben[1]. Jahrhunderte später wurde in der Nähe die Kirche Santa Maria di Valverde (früher bekannt als „di Santa Maria Minerbe“ oder „di Santa Maria sopra Minerva“) errichtet.[2]
Grabungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Wiederentdeckung des Tempels ist Girolamo Orti Manara zu verdanken, der nach einer Reihe von Nachforschungen im Jahr 1835 eine Ausgrabungskampagne an der Stätte begann (das Vorhandensein eines Tempels auf dem Berg war den Einwohnern und Historikern bereits bekannt, auch wenn der genaue Standort in Vergessenheit geraten war); trotz der technischen Schwierigkeiten gelang es ihm, einen Teil der Überreste des letzten Gebäudes sowie verschiedene Funde und Inschriften freizulegen, die von Giuseppe Razzetti auf Papier reproduziert wurden.[1][2]
Trotzdem wurde der Ort erneut verlassen und nach dem Bau von Terrassierungen („marogne“) in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Ein Projekt zur Aufwertung begann 2005, wobei die bereits von Orti Manara entdeckten Überreste wieder freigelegt wurden. Anschließend begann eine zweite Reihe von Ausgrabungen, bei denen weitere Teile des imperialen Tempels freigelegt und Spuren der ältesten Siedlungen dokumentiert werden konnten. Die letzte Ausgrabungskampagne, die 2023 im zentralen Bereich des Tempels durchgeführt wurde, brachte den Boden und die Reste der republikanischen Bauphase mit Putzbelägen ans Licht. Das archäologische Gebiet wurde 2020 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.[1]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Brunella Bruno und Giovanna Falezza (Hrsg.): Archeologia e storia sul Monte Castelon di Marano di Valpolicella (a cura di Brunella Bruno e Giovanna Falezza). SAP - Società Archeologica, Mantova 2016, ISBN 978-88-99547-01-1 (italienisch).
- Brunella Bruno, Giovanna Falezza, Massimo Donisi, Piero Manfrin: Marano di Valpolicella. Intervento di valorizzazione nel sito archeologico del Tempio di Minerva sul Monte Castelon (= Archeologia del Veneto, Notiziario delle Soprintendenze). SAP - Società Archeologica, Mantova 2022, ISBN 978-88-99547-73-8, S. 95–100 (italienisch).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Offizielle Website Tempel der Minerva (italienisch). Abgerufen am 10. Dezember 2024.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f Il tempio di Minerva – TEMPIO DI MINERVA. Abgerufen am 6. Dezember 2024 (it-IT).
- ↑ a b Brunella Bruno, Giovanna Falezza: Archeologia e storia sul Monte Castelon di Marano di Valpolicella (a cura di Brunella Bruno e Giovanna Falezza). SAP - Società Archeologica, Mantova 2016, ISBN 978-88-99547-01-1, S. 45–46.