tert-Butylsulfinamid

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Strukturformel
Strukturformel von tert-Butylsulfinamid
Vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name tert-Butylsulfinamid
Andere Namen
  • 2-Methyl-2-propansulfinamid (IUPAC)
  • Ellmans Sulfinamid
Summenformel C4H11NOS
Kurzbeschreibung

weiß-fast weiß[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer) 619-964-4
ECHA-InfoCard 100.108.188
PubChem 3382465
ChemSpider 2627606
Wikidata Q7705231
Eigenschaften
Molare Masse 121,20 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

107 °C[1]

Löslichkeit

löslich in Methanol[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

tert-Butylsulfinamid, auch Ellmans Sulfinamid, ist eine organische Verbindung aus der Klasse der Sulfinsäureamide. Da das Schwefelatom eine tetraedrische Umgebung besitzt, ist die Substanz chiral. Beide Enantiomere sind kommerziell verfügbar und werden als Auxiliar eingesetzt. Die enantiomerenreine Synthese und Anwendung in asymmetrischen Reaktionen wurde im Wesentlichen durch Jonathan Ellman entwickelt.

Gewinnung und Darstellung

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Synthese des Racemats

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Für die Synthese von racemischem tert-Butylsulfinamid wird vor allem ein von Horst Prinzbach entwickeltes Verfahren verwendet. Dieses geht von tert-Butyldisulfid, einem billigen Nebenprodukt aus der Erdölproduktion aus. Das Disulfid wird mit Wasserstoffperoxid oxidiert und anschließend mit Chlorgas zum tert-Butylsulfinylchlorid umgesetzt.[2] Das Chlorid kann mit Lithiumamid in das tert-Butylsulfinamid überführt werden.[3]

racemische Synthese nach Prinzbach

Enantioselektive Synthese

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Für die großtechnische enantioselektive Synthese des tert-Butylsulfinamid werden im Wesentlichen zwei Verfahren genutzt. Das erste Verfahren stellt eine Variation der racemischen Synthese dar. Dabei kommt neben Wasserstoffperoxid auch Vanadylacetylacetonat als Katalysator zum Einsatz. Um die chirale Information in das Oxidationsprodukt zu bringen, muss außerdem ein chiraler Ligand eingesetzt werden. Dieser leitet sich vom cis-1-Amino-2-indanol ab, welches in eine Schiffsche Base überführt wird. Durch eine Aufarbeitung mit Chloressigsäure kann das als Nebenprodukt anfallende 2-Methyl-2-propanthiol abgefangen werden, welches ansonsten zu stark riechenden Verunreinigungen im Produkt führen würde.[3]

enantioselektive Synthese mit chiralem Ligand

Neben chiralen Liganden können auch Cyclohexanonmonooxigenase,[4] Bovines Serumalbumin,[5] oder von Fruktose abgeleitete Ketone[6] zur enantioselektiven Oxidation genutzt werden.

Ein weiteres großtechnisches Verfahren geht von N-Tosylnorephedrin als Auxiliar aus. Dieses wird mit Sulfurylchlorid cyclisiert und mit tert-Butylmagnesiumbromid umgesetzt. Mit Lithiumamid wird das enantiomerenreine Produkt erhalten und das Auxiliar kann in guter Ausbeute zurückgewonnen werden.[7]

enantioselektive Synthese mit chiralem Auxiliar

tert-Butylsulfinamid wird vorwiegend als enantiomerenreine Substanz eingesetzt. So können durch Kondensation Aldimine und Ketimine erzeugt werden, die ebenfalls enantiomerenrein sind. Für diesen Kondensationsschritt können verschiedene Katalysatoren eingesetzt werden, wie z. B. Titantetraethanolat[3][8], Magnesiumsulfat oder Kupfersulfat mit Pyridinium-para-toluolsulfonat.[3] So erzeugte Imine können mit metallorganischen Reagenzien, wie Grignard-Verbindungen oder Organolithiumverbindungen, in diastereoselektiven Reaktionen weiter reagieren. Durch Abspalten des Sulfins entstehen chirale Amine.[3]

enantioselektive Synthese einer Cetirizin-Vorstufe nach Senanayake[9]

Im Additionsschritt können verschiedene Diastereoselektivitäten erreicht werden. So liefern die Addition von Grignard-Verbindungen und Lithiumorganylen unterschiedliche Diastereomere.[9][10] Darüber hinaus können die chiralen Ketimine auch reduziert werden, je nach eingesetztem Reduktionsmittel wird auch hier unterschiedliche Diastereoselektivität erreicht. So kann das Diastereomerenverhältnis dr von 99:1 beim Einsatz von DIBALH auf 1:99 beim Einsatz von L-Selektrid verschoben werden.[11]

verschiedene Selektivitäten bei der Reduktion von enantiomerenreinen Ketiminen

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Eintrag zu tert-Butylsulfinamide bei TCI Europe, abgerufen am 13. Oktober 2022.
  2. Thomas Netscher, Horst Prinzbach: Sterically Crowded Sulfonate Esters: Novel Leaving Groups with Hindered S-O Cleavage. In: Synthesis. Band 1987, Nr. 08, 1987, S. 683–688, doi:10.1055/s-1987-28045.
  3. a b c d e MaryAnn T. Robak, Melissa A. Herbage, Jonathan A. Ellman: Synthesis and Applications of tert -Butanesulfinamide. In: Chemical Reviews. Band 110, Nr. 6, 2010, S. 3600–3740, doi:10.1021/cr900382t.
  4. Stefano Colonna, Nicoletta Gaggero, Giacomo Carrea, Piero Pasta, Veronique Alphand, Roland Furstoss: Enantioselective Synthesis of tert-Butyltert-Butanethiosulfinate Catalyzed by Cyclohexanone Monooxygenase. In: Chirality. Band 61, 2001, S. 40–42, doi:10.1002/1520-636X(2001)13:1<40::AID-CHIR8>3.0.CO;2-M.
  5. Sergei V. Dzyuba, Alexander M. Klibanov: Asymmetric thiosulfinations catalyzed by bovine serum albumin and horseradish peroxidase. In: Biotechnology Letters. Band 25, Nr. 23, 2003, S. 1961–1965, doi:10.1023/B:BILE.0000004385.50406.06.
  6. Stefano Colonna, Vincenza Pironti, Jozef Drabowicz, Franck Brebion, Louis Fensterbank, Max Malacria: Enantioselective Synthesis of Thiosulfinates and of Acyclic Alkylidenemethylene Sulfide Sulfoxides. In: European Journal of Organic Chemistry. Band 2005, Nr. 9, 2005, S. 1727–1730, doi:10.1002/ejoc.200400892.
  7. Zhengxu Han, Dhileepkumar Krishnamurthy, Paul Grover, Q. Kevin Fang, Xiping Su, H. Scott Wilkinson, Zhi-Hui Lu, Daniel Magiera, Chris H. Senanayake: Practical and highly stereoselective technology for preparation of enantiopure sulfoxides and sulfinamides utilizing activated and functionally differentiated N-sulfonyl-1,2,3-oxathiazolidine-2-oxide derivatives. In: Tetrahedron. Band 61, Nr. 26, 2005, S. 6386–6408, doi:10.1016/j.tet.2005.03.122.
  8. G. K. Surya Prakash, Mihirbaran Mandal, George A. Olah: Asymmetric Synthesis of Trifluoromethylated Allylic Amines Using α,β-Unsaturated N-tert-Butanesulfinimines. In: Organic Letters. Band 3, Nr. 18, 2001, S. 2847–2850, doi:10.1021/ol010134x.
  9. a b Derek A Pflum, Dhileepkumar Krishnamurthy, Zhengxu Han, Stephen A Wald, Chris H Senanayake: Asymmetric synthesis of cetirizine dihydrochloride. In: Tetrahedron Letters. Band 43, Nr. 6, 2002, S. 923–926, doi:10.1016/S0040-4039(01)02294-8.
  10. Anthony W Shaw, S. Jane deSolms: Asymmetric synthesis of α,α-diaryl and α-aryl-α-heteroaryl alkylamines by organometallic additions to N-tert-butanesulfinyl ketimines. In: Tetrahedron Letters. Band 42, Nr. 41, 2001, S. 7173–7176, doi:10.1016/S0040-4039(01)01513-1.
  11. Giorgio Chelucci, Salvatore Baldino, Simona Chessa, Gerard A. Pinna, Franco Soccolini: An easy route to optically active 1-substituted-1-pyridyl-methylamines by diastereoselective reduction of enantiopure N-tert-butanesulfinyl ketimines. In: Tetrahedron: Asymmetry. Band 17, Nr. 22, 2006, S. 3163–3169, doi:10.1016/j.tetasy.2006.11.026.