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The Royal Atlas of Modern Geography

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The Royal Atlas of Modern Geography war der wichtigste und auch international als Standard-Nachschlagewerk[1] anerkannte britische Atlas der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vom berühmten schottischen Kartografen Alexander Keith Johnston.[2] Er wurde von 1861 bis 1915 jährlich neu herausgegeben,[3] ständig aktualisiert[4] und dokumentierte damit den jeweils aktuellen geographischen Kenntnisstand der damaligen Zeit. Gut erhaltene Exemplare stellen heute wertvolle Sammelobjekte dar.

Einband von 1877 in rot

Der Atlas ist sehr großformatig und kam daher in der Erstausgabe mit 48 (doppelseitigen) Karten aus. Die Karten sind Lithographien, einseitig bedruckt und zu Beginn noch teilweise mit Handkolorit ergänzt. Auf den unbedruckten Rückseiten befinden sich noch einmal die Kartennummern, um das Aufsuchen zu erleichtern.

Reine Kartenfläche gesamt: 11,76 m²

Abmessungen des Buches: 50,5 cm x 34,5 cm

Ausführung der Bindung: Halbfranz mit Kaliko-Bezug, in verschiedenen Farben. Darauf geprägt und vergoldet: die schottische Krone mit Schwert und Szepter gekreuzt, Goldschnitt. Das Design blieb über den gesamten Lebenzyklus nahezu unverändert

Register: über 140.000 Ortsnamen

Gewicht: 6,85 kg (1877, 1861 unwesentlich weniger)

Sämtliche Gewässer sind im Royal Atlas in blau gedruckt

Alle Wasserläufe (sowie Seen und Küsten) sind (im Gegensatz z. B. zu Stielers Hand-Atlas) in blau gedruckt. Statt eines Gesamtregisters gibt es ein separates Register hinter jedem Kartenblatt, welcher wie bei modernen Atlanten das Planquadrat (z. B. „Gb“ also 7. Spalte und 2. Zeile) eines Orts statt Breite und Länge angibt. Das führt zu einem besonders bequemen Aufsuchen von Orten (wenn man weiß, in welchem Land er liegt), da man sich weder die aufzuschlagende Seite noch die Breite und die Länge des Ortes merken muss, sondern nur zwei Buchstaben. Während sich der Autor ständiger Überarbeitung rühmte, finden sich auf den einzelnen Karten im 19. Jahrhundert keinerlei Hinweise auf das Druck- oder Revisionsdatum. Das Werk wurde nach königlicher Genehmigung der Queen gewidmet, wie man einem Zusatzblatt entnehmen kann.

Der Atlas kam zu einer günstigen Zeit auf den Markt, als die kaufkräftige Mittelschicht wuchs, die Telegrafie und der Zeitungsmarkt expandierten und damit Nachrichten aus fernen Regionen in britische Haushalte brachten. Viele Forschungsreisende erweiterten damals den geografischen Kenntnisstand und ihre Reiseberichte stießen auf großes Interesse. Gleichzeitig wurde das Britische Empire um exotische Regionen erweitert. Entsprechend hoch war in den gebildeten und zahlungskräftigen Kreisen der Bedarf nach verlässlichen geographischen Informationen. Zudem wurden durch die trigonometrische Vermessung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts immer weitere Regionen der Erde realistisch darstellbar und ältere Karten somit hoffnungslos überholt. Weiter verbessert wurden die Aussichten des neuen Atlanten durch die Widmungs-Genehmigung von Queen Victoria, welche einem königlichen Empfehlungsschreiben gleichkam.

Die Karte „Asia“ gibt einen Eindruck des durchgängigen Kartendesigns

Dementsprechend wurde dieser hochwertige und umfangreiche Atlas sofort sehr positiv aufgenommen: Die Präzision des Atlas wurde als erstaunlich gerühmt,[5] Schönheit und Klarheit der Zeichnung als unübertroffen.[6] Oft gelobt wird die Farbe Blau für alle Wasserläufe, Seen und Ufer (inklusive der Bezeichnungen), zur besseren Unterscheidung von Straßen und Eisenbahnlinien.[7] Auch die unübertroffene Lesbarkeit und Einheitlichkeit der Zeichnung wurde lobend hervorgehoben.[8]

Die Ausstattung mit Einzelregistern zu jedem Kartenblatt wurde als unbedenklich erklärt, da bei den gebildeten Klassen angenommen werden könne, dass diese wüssten, in welchem Land ein Ort zu finden sei.[9] Dieser gewagten Behauptung widersprach The Saturday Review und hoffte auf die baldige Fertigstellung des Gesamtindex.[10] Dieser erschien 1864 und musste separat erworben werden.

Die wichtigste deutsche geografische Zeitung „Petermanns Geographische Mittheilungen[11] bezeichnete das Werk 1861 als den besten englischen Atlas und lobte die Sorgfalt der Bearbeitung und die Sauberkeit der Ausführung, tadelte jedoch die mit wenigen Ausnahmen mangelhafte Terrainzeichnung. The Spectator[12] sah ebenfalls Stielers Handatlas als den besten (und günstigeren) Atlas, aber den Royal Atlas als den besten, wenn man auf englische Bezeichnungen nicht verzichten mochte.[13] und wiederholte die Einstufung für die 1877er Ausgabe.[14] Zur Relativierung sei erwähnt, dass der nur halb so teure Stielers Handatlas bis 1890 gänzlich ohne Register auskommen musste.[15]

Die sofortige Akzeptanz des Atlas und seine Einstufung als Standardwerk zeigt sich auch darin, dass allein die Erstausgabe von 1861 in 21 britischen Bibliotheken noch heute vorhanden ist.[16]

Editionsgeschichte

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1859: Die erste Ausgabe[17] erschien bei Blackwood & Sons Edinburgh vom 1. März 1859 bis zum 1. Juni 1861 in 10 Lieferungen zu je 10s 6p. Queen Victorias Prinzgemahl Albert bekam sofort nach der Fertigstellung ein Probeexemplar jeder neuen Seite zur persönlichen Begutachtung.[18] Die Verlagsbindung kostete noch einmal 10s 6p. So ergibt sich ein Gesamtpreis von 5 £ 15 s 6 p.[19]

1873: Der Atlas wurde um eine kleinformatige Nordpolarkarte (als Frontispiz ohne Nummerierung, also eigentlich 49 Karten, offiziell nur 48) erweitert.[20]

1876: Diese Ausgabe wurde erstmals bei W & AK Johnston, Edinburgh publiziert bei gleichem Preis.[21]

Inhaltsverzeichnis 1877. Neue Karten mit * markiert

1877: 2 Karten mehr:[22] „Central Asia“ und „New Zealand“ (letzteres bisher nur als Nebenkarte auf „Oceania“ und bereits 1861 in The Economist als zu kleinmaßstäblich kritisiert[23]). Die Nummerierung der Karten blieb zunächst unverändert, so dass es die Nr. 28 (Asia und neu: Central Asia) und die Nr. 36 (South Australia und neu: New Zealand) jeweils zweimal direkt hintereinander gab. Der Preis stieg von 5 £ 15 s 6 p auf 6 £ 6s.[24] Kurz darauf wurde die Nummerierung geändert, so dass sie nun bis Karte 50 reichte (mit der offiziell nicht gezählten Nordpolkarte: 51 Karten).

1884: Erweiterung der Darstellung Afrikas: 2 Blätter: 1. „South Africa“ und 2. „North-Western Africa and Central Africa“ anstelle eines Blatts mit den zwei Karten „North-Western Africa“ und „South Africa“ (also offiziell 51 Karten).[25]

1887: „Canada“ und „Mexico“ wurden eingefügt (nun offiziell 53 Karten). Gleichzeitig erfolgte eine breite, blaue Schattierung an der Küstenlinie.[26]

1894: Eine neue Karte „Australia“ wurde eingeführt und die USA wurden in 4 statt 2 Karten dargestellt. Darüber hinaus wurden viele Stadtpläne als Nebenkarten eingeführt[27] (offiziell 56 Karten).

1909: Drei weitere Karten:[28] “South Pole”, “Political Map of Great Britain”, “Map of Japan and Korea”. Gesamtzahl inklusive der nun offiziell gezählten Nord- und Südpolkarten: 60.

1912: Am Ende des Werks wurde zusätzlich zu den Seitenregistern ein genereller Index mit geographischen Koordinaten eingebunden.[29]

Neben dem Royal Atlas wurde ab 1868 der „Handy Royal Atlas“ angeboten, welcher verkleinerte Ausgaben der Karten des Royal Atlas im gleichen Design bot, allerdings nur etwa ein Drittel der Orte enthielt.

Commons: The Royal Atlas of Modern Geography – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

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  1. Alice Bertha Kroeger: Guide to the Study and Use of Reference Books. Boston and New York, 1902, Seite 48
  2. Erwähnung jeweils im Artikel über Johnston, Alexander Keith. In: Pierers Universal-Conversations-Lexikon. 6. Auflage, 1875 (Deutschland), Meyers Konversations-Lexikon. 5. Auflage 1897 (Deutschland, „vorzüglicher Atlas“), aber auch 4. und 6. Aufl., La Grande Encyclopédie. 1886–1902 (Frankreich), en:Chambers's Encyclopaedia. 1872 (“probably the most beautiful and minutely accurate Atlas ever executed”), Encyclopædia Britannica., 11th Edition 1911
  3. Tatsächlich lässt sich nur für 1862, 1870, 1907 und 1913 keine Ausgabe in englischen, amerikanischen und deutschen Bibliotheken nachweisen
  4. Siehe "Vorwort zur aktuellen Auflage" 1877
  5. The Saturday Review. 17. August 1861, Seite 175
  6. The Examiner. 17. September 1861, Seite 519
  7. z. B. in The Bookseller. 1. Juli 1861, Seite 339 und in The Times. 27. Dezember 1861, Seite 10, Spalte 4 und in The Examiner. 17. September 1861, Seite 519
  8. The Saturday Review. 17. August 1861, Seite 174, zu dieser Zeit bei Stielers Handatlas nicht gegeben.
  9. The Bookseller. 1. Juli 1861, Seite 339
  10. The Saturday Review. 17. August 1861, Seite 174.
  11. Petermanns Geographische Mitteilungen. 1861, S. 248
  12. The Spectator. 13. Juli 1861, Seite 759
  13. Dieses Urteil bestätigte The Times 27. Dezember 1861, Seite 10, Spalte 4
  14. The Times. 29. Oktober 1877, Seite 4, Spalte 5
  15. Jürgen Espenhorst: Andree, Stieler, Meyer & Co. - Bibliographie der Handatlanten. Pangaea-Verlag, Schwerte 1994, ISBN 3-930401-33-9, S. 82.
  16. Ergebnis einer Abfrage über discover.libraryhub.jisc.ac.uk vom 28. August 2024
  17. The Athenaeum. Nr. 1634, 19. Februar 1859, Seite 262
  18. T.B. Johnston: In Memoriam of the late Alexander Keith Johnston. Edinburgh 1873, Seite 16
  19. The Bookseller. 26. Juni 1861
  20. Siehe Inhaltsverzeichnis The Royal Atlas 1873
  21. The Bookseller. 3. Juli 1876, Seite 575
  22. The Times. 29. Oktober 1877, Seite 4, Spalte 5
  23. The Economist. 3. August 1861, Seite 849
  24. W&AK Johnstons Catalogue of Geographical & Educational Works. Edinburgh 1877, Seite 9 in: Reference Catalogue of Current Literature 1877 Band 3. Available on Google Books
  25. Siehe Vorwort in Keith Johnston: The Royal Atlas of Modern Geography. 1884
  26. Siehe Vorwort der 1893er Ausgabe, einsehbar bei David Rumsay Map Collection in Verbindung mit den Inhaltsverzeichnissen von 1883 und 1884
  27. Siehe Vorwort des Royal Atlas von Januar 1894
  28. Siehe Vorwort des Royal Atlas von Januar 1909
  29. Siehe Vorwort des Royal Atlas von Januar 1912