Theodor Veil
Theodor Veil (* 24. Juni 1879 in Mercara, Südindien; † 25. Oktober 1965 in Ulm) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Theodor Veil wurde als Sohn eines christlichen Missionars im südindischen Mercara geboren, wuchs jedoch in Süddeutschland auf. Er studierte Architektur an der Technischen Hochschule München bei den Professoren Friedrich von Thiersch, Carl Hocheder und Gabriel von Seidl. 1903 schloss er das Studium mit der Diplom-Prüfung ab.[1]
Zunächst setzte sich Veil mit dem damals vorherrschenden Jugendstil und seiner Ornamentik auseinander. Auch galt es, den damals an den Hochschulen vorherrschenden Historismus zu überwinden. Er arbeitete zunächst bei der städtischen Bauverwaltung in München, dann im Büro von Peter Behrens in Düsseldorf, zuletzt als Assistent seines früheren Lehrers Karl Hocheder an der Technischen Hochschule München. Spätestens 1909 machte er sich selbständig, zunächst in Gemeinschaft mit dem Architekten Gerhard Herms. Spätestens ab 1913 war Veil Mitglied im Deutschen Werkbund (DWB) – der für eine sich vom Jugendstil emanzipierende Reformarchitektur stand, zu der sich auch Veils Entwürfe in dieser Phase zählen lassen. Auch innenarchitektonische Details (Lampen, Griffe, Stühle, Schränke) fanden stets seine Aufmerksamkeit und seinen Gestaltungswillen, so dass seine Entwürfe dem Anspruch eines Gesamtkunstwerkes gerecht wurden.[2] Die Klavierbau-Firma Neupert etwa beauftragte Veil mit der Gestaltung von Flügeln. Regen fachlichen Austausch pflegte er mit seinem Münchener Kollegen Prof. Theodor Fischer, der in Ulm 1907–1910 – unweit von Veils Kapelle – die protestantische Garnisonkirche (heute evangelische Pauluskirche) errichtet hatte.
1919 wurde er als Nachfolger von Prof. Karl Henrici auf dessen Lehrstuhl für Städtebau und bürgerliche Baukunst an die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) berufen.[3] Veil gab dort seine Kunst und sein Denken an zahlreiche Schüler weiter und vermittelte wichtige Impulse sowohl für das Design von Möbeln als auch für den Städtebau. Auch interessante Elemente aus der alten indischen Kultur wanderten bei Veil vor allem in seinen Sakralbaustil ein und führten hier und da zu einer Form von Kulturbegegnung; solche Tendenzen passten gut in die expressionistische Architektur der 1920er Jahre. In seiner Funktion als Hochschullehrer wirkte er auch an verschiedenen Neubauten der RWTH Aachen mit.
Einer der bedeutendsten Schüler von Theodor Veil war zwischen 1921 und 1927 Walter Schwagenscheidt, der sowohl in seinem privaten Atelier mitarbeitete, als auch sein Assistent an der RWTH Aachen war. Schwagenscheidts Konzeption der Raumstadt wurde in dieser Zeit maßgeblich entwickelt.
1937 trat Veil der NSDAP bei und war anschließend unter anderem für den Bau verschiedener HJ-Heime in der Eifel verantwortlich.[4] 1944 wurde er Gaubeauftragter für die Gestaltung deutscher Soldatenfriedhöfe.[4] Im selben Jahr wurde Theodor Veil in Aachen emeritiert und kehrte nach Ulm zurück. Seine Wertschätzung durch die Nationalsozialisten geht auch daraus hervor, dass er im August 1944 von Hitler in die Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Architekten aufgenommen wurde.[4]
In der Nachkriegszeit wurde Veil baukünstlerischer Beirat in Ulm,[4] wo er 1965 verstarb.
Bauten und Entwürfe (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1906–1907: katholisch-apostolische Kapelle in Ulm, Friedensstraße 11 (erster Sakralbau Veils, samt Kirchenbänken und anderer Einrichtungsgegenstände)
- 1909:Herne (Ankauf, nicht ausgeführt) (mit Gerhard Herms) Wettbewerbsentwurf für das Rathaus in
- 1910–1911: Wohnhaus in München-Herzogpark, Pienzenauerstraße 38 (mit Gerhard Herms)
- 1912: Wettbewerbsentwurf für die evangelische Andreaskirche in Dresden-Johannstadt (Ankauf, nicht ausgeführt) (mit Gerhard Herms)
- vor 1912:Lina von Schauroth, Frankfurt am Main (mit Gerhard Herms)[5] Haus Frau
- vor 1913:Rudolstadt (mit Gerhard Herms)[6][7] Rathaus (Umbau und Erweiterung des ehemaligen Landratsamtes) in
- vor 1915:Starnberger See (mit Gerhard Herms) Wohnhaus am
- vor 1915: Wohnhaus für Dr. Schneider in München-Solln (mit Gerhard Herms)
- 1920–1921: Neugestaltung von Schloss Bürgeln im Markgräflerland
- 1921:Schwerthof“ in Köln (projektbezogene Zusammenarbeit mit Jacob Koerfer) Büro- und Geschäftshaus „
- 1923:Geschäftshaus am Hauptbahnhof in Aachen (nicht ausgeführt) Entwurf für ein
- 1923–1924: Geschäftsführer-Wohnhaus der Wasserwerke des Landkreises Aachen in Brand bei Aachen
- 1924:Kongressgarage) in Aachen, Kongressstraße 23 (mit Otto Nauhardt) Lastkraftwagen-Garage der Kohlengroßhandlung Hubert Einmal (
- 1925–1929: Elektrotechnisch-Physikalisches Institut (gen. „Rogowski-Institut“) der RWTH Aachen, Schinkelstraße
- 1926–1928: evangelische „Martin-Luther-Kirche“ (auch „Weststadt-Kirche“) in Ulm
- 1930: Wettbewerbsentwurf für die Pädagogische Akademie in Essen (nicht ausgeführt)
- 1935–1936: HJ-Heime in Lammersdorf, Mützenich, Schleiden, Steckenborn und Zweifall[8]
- 1937–1938: Rathaus in Übach-Palenberg[8]
- vor 1943: Neue Brücke in Heimbach[8]
- Rathaus in Limbach (Sachsen)
- Jugendherberge in Hellenthal
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Theodor Veil: Die evangelische Weststadtkirche zu Ulm a.D. In: Festschrift zur Einweihung der Martin-Luther-Kirche. Ulm, 1928.
- Otto Moericke: Der bauliche Erneuerer des Schloßes Bürgeln am 24. Juni 80 Jahre alt. In: Die Markgrafschaft, Heft 7/1959, S. 16 Digitalisat der UB Freiburg
- Hans Günter Müller und Gottfried M. Dinkelaker: 50 Jahre Martin-Luther-Kirche in Ulm. Chronik – Berichte – Bilder. Ulm, 1978.
- Hubert Krins: Die Martin-Luther-Kirche in Ulm. Vortrag zum 60. Jahrestag der Einweihung am 8. Mai 1988. Ulm, 1988.
- Alexander Wetzig und Max Stemshorn: Architekturführer Ulm / Neu-Ulm. Ulm, 2003. ISBN 3-8030-0631-7
- Frank Raberg: Biografisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm 1802–2009. Süddeutsche Verlagsgesellschaft im Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-7995-8040-3, S. 442 f.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alexander Heilmeyer: Theodor Viel, in: Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst, Vol. 7, 1908, S. 409–437.
- Reformationskirchengemeinde Ulm
- Veil-Kurzinfo des Kunsthistorikers und Denkmalpflegers Marco Kieser
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Christian Welzbacher: Die Staatsarchitektur der Weimarer Republik, Lukas, 2006, S. 310.
- ↑ Verschiedene Abbildungen (SW und Farbe) in: Alexander Koch's Handbuch neuzeitlicher Wohnungskultur, A. Koch, Darmstadt, 1912, S. 80, 81, 84, 85, 106.
- ↑ Personalien, in: Die Umschau. Wochenschrift über die Fortschritte in Wissenschaft und Technik, Band 23, 1919, S. 838.
- ↑ a b c d Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 629.
- ↑ Vier neue Familienhäuser, Deutsche Kunst und Dekoration, 1912, S. 335.
- ↑ Georg Jakob Wolf: Neue Arbeiten der Münchner Architekten Theodor Veil und Gerhard Herms, in: Moderne Bauformen, Julius Hoffmann Verlag, Vol. IX, 1912, S. 398, 399.
- ↑ Fritz von Ostini: Zwei neue Bauten von Th. Veil und G. Herms in München, in: Moderne Bauformen, vol. V, 12/1913, Teil 1, S. 171–194.
- ↑ a b c Der Baumeister 4/1943, Callwey, München
Personendaten | |
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NAME | Veil, Theodor |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 24. Juni 1879 |
GEBURTSORT | Mercara, Südindien |
STERBEDATUM | 25. Oktober 1965 |
STERBEORT | Ulm |