Überprüft

Tilsiter Realgymnasium

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Tilsiter Realgymnasium
Tilsiter Realgymnasium
Schulform Realgymnasium
Gründung 1838
Schließung 1944
Ort Tilsit

Das Tilsiter Realgymnasium war ein Realgymnasium in Tilsit, der nördlichsten Stadt des Deutschen Reichs. Neben der Königlichen Litthauischen Provinzialschule war es die wichtigste Schule in Preußisch Litauen.

Die Gründung einer Realschule in Tilsit wurde 1838 beschlossen. Sie entsprach den wirtschaftlichen Interessen des gebildeten Bürgertums. Tilsit hatte im Jahre 1843 etwa 13.700 Einwohner. Die Schule war bis 1879 städtisch. Sie hatte zunächst vier Klassen mit fünf Lehrern. Die Schule in der Schulstraße wurde am 30. Oktober 1839 eröffnet. Sie hatte damals nur 32 Schüler in drei Jahrgangsstufen, Quinta, Quarta, Tertia. Schon im ersten Winterhalbjahr verdreifachte sich die Zahl der Schüler. Weitere Klassen wurden hinzugefügt, 1843 die Prima. Im Juli 1843 erhielt die Schule das Recht zur Reifeprüfung. Im Oktober 1843 verließ der erste Abiturient die Schule. Nach und nach wurde die Gleichberechtigung mit dem humanistischen Gymnasium erreicht. Dafür musste vermehrt Latein unterrichtet werden. Die Abiturienten, später schon die Sekundaner, durften als Einjährig-Freiwillige in der Preußischen Armee dienen und Chirurgie oder Zahnheilkunde studieren. Die Fragen der Realschule wurden Gegenstand von Verhandlungen im Provinziallandtag. Ein großer Fortschritt war 1860 die Höherstufung zur Realschule 1. Ordnung. Sie wurde 1879 in die Verwaltung des preußischen Staates übernommen und 1882 in ein Realgymnasium mit erweiterten Lehrplänen umbenannt. Damit erhielt sie den gleichen Rang wie die Provinzialschule. Wegen der Rivalität blieb Latein das meistbegünstigte Fach. 1882 sah der Wochenplan folgende Unterrichtsstunden vor: Latein 54 statt 44, Mathematik 44 statt 47, Geschichte und Geographie 30, Naturwissenschaften insgesamt 34, Französisch 34, Deutsch 27, Englisch 20, Religion 19. Hinzu kamen Schreiben, Zeichnen, Singen sowie zwei Turnstunden wöchentlich für jede der neun Klassen. Nicht wesentlich anders war der Lehrplan um 1910.

Das alte Haus in der Schulstraße war schon lange zu eng. Ein neues Haus wurde jenseits des Schlossmühlenteichs gebaut und am 3. April 1913 eingeweiht. Dieses Haus beherbergte fortan zwei miteinander verbundene Schulen: das Realgymnasium, das in ein Reformgymnasium umgewandelt wurde, und eine Oberrealschule. Beide Schulen fingen mit Französische Sp an, hatten bis Quarta den gleichen Lehrplan. Hierauf folgte auf Untertertia im Realgymnasium Latein, auf der Oberrealschule, die ganz auf Latein verzichtete, Englisch. Damit wurde dem alten Gymnasium eine deutliche Absage erteilt. Es wurde an Schülerzahlen überrundet. Im Jahre 1912 besuchten 55 % der Oberschüler die Realgymnasien und Oberrealschulen, 45 % die Gymnasien. In dieser Verfassung ging das Realgymnasium in den Ersten Weltkrieg. Viele Schüler fielen. Die Zwischenkriegszeit brachte weitere Einschnitte und Veränderungen. Die Jahresberichte in den Schulprogrammen sind nur zum Teil erhalten.

Im selben Hause konkurrierten nun zwei Schultypen: Realgymnasium und Oberrealschule. Unter den Abiturienten überwogen bis 1929 die Realgymnasiasten. 1930 verließen je 20 Abiturienten das Realgymnasium und die Oberrealschule. Erstmals 1931 überwogen leicht die Oberrealschulabiturienten (26:24). In den Lehrplänen drangen die Naturwissenschaften überall vor. Die Oberrealschule war der Typ des Fortschritts, das Realgymnasium eine gute Vermittlung zwischen Altem und Neuem. Kennzeichnend waren die Sprachen. 1925 wurde Englisch erste Fremdsprache, Französisch folgte als zweite in Untertertia, und erst ab Untersekunda wurde im Realgymnasium Latein gelehrt. Bis Obertertia waren beide Schulen gleich. Die Oberrealschule gab den Ton an. Das politische Leben, auch schon vor 1914 nicht tot, wurde aktiviert. Im Zuge der Demokratisierung entstanden ein Elternbeirat und (sportliche) Schülervereine, darunter auch ein jüdischer. 1937 wurde die Schule in eine Oberschule für Jungen umbenannt.

Im Sommer 1944 wurde der Unterricht eingestellt. Am 27. Juli brannte die Schule zum größten Teil aus. Zur Abwicklung der Verwaltung blieb der stellvertretende Direktor mit seiner Sekretärin bis zum 15. Oktober 1944 in der Ruine tätig. Tilsit lag damals bereits in der Hauptkampflinie. Jenseits der Memel stand die Rote Armee. Die Eroberung Tilsits 1945 besiegelte das Ende der Schule. Die überlebenden Schüler und Lehrer gründeten 1951 eine Traditionsgemeinschaft. Die Hebbelschule (Kiel) übernahm 1958 eine Patenschaft. Dort wurde im September 1989 die 150. Gründungsfeier des Tilsiter Realgymnasiums begangen.[1]

  • Kurt Forstreuter: Das Realgymnasium in Tilsit. 6. Tilsiter Rundbrief (1976/77), S. 32–34.
  • Heinz-Günther Meyer: Das Realgymnasium zu Tilsit vor hundert Jahren. 28. Tilsiter Rundbrief (1998/99), S. 76–79.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Schulgemeinschaft SRT (Memento vom 2. Juli 2016 im Internet Archive)
  2. Nachweis im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  3. 1923 Ostpreußenmeister im Vierer, Ehrennadeln von Hochseesportverband Hansa, MTV Marne, Deutscher Marinebund, Deutscher Jagdschutzverband