Tina Bauer-Pezellen
Tina Bauer-Pezellen (* 9. Januar 1897 in Cattaro, Dalmatien; † 11. August 1979 in Weimar[1]) war eine österreichisch-deutsche Malerin und Grafikerin.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Tina Pezellen wurde im österreich-ungarischen Cattaro als Tochter unter dem Namen Klementine Rosa Agnes Pezellen des österreichischen Offiziers und aus Saaz stammenden Clemens R. F. Pezellen (Pezeli) und der Pragerin Maria Rychly geboren. Sie wuchs in einer musisch interessierten Familie im böhmischen Neuhaus auf. Nach dem Abitur 1916 studierte sie von 1917 bis 1924 an Akademien und Kunstgewerbeschulen, zunächst in Wien 1917/1918 an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und 1921/1922 an der Kunstgewerbeschule. In Wien war sie stark beeindruckt durch das Frühwerk von Oskar Kokoschka und die Zeichnungen Egon Schieles. Es folgte thematisch die sozialkritische Hinwendung zu den Menschen der Armenviertel, im Besonderen zu Kindern in Hinterhöfen und Waisenhäusern. Erste Erfolge hatte sie in den 1920er- und beginnenden 1930er-Jahren als Angehörige der Künstlergeneration des sogenannten Expressiven Realismus, zur Neuen Sachlichkeit und zum Verismus. Ihre Menschenbilder standen in der Tradition von Ernst Barlach, Paula Modersohn-Becker und Käthe Kollwitz. 1923/1924 setzte sie ihre Studien an der Kunstgewerbeschule München fort, darunter auch bei Richard Riemerschmid.
Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit arbeitete sie 1925–1928 als Gebrauchs- und Werbezeichnerin in Mannheim, Aussig (Ústí nad Labem), ab 1928 freischaffend in Reichenberg (Liberec) und München. 1930–1932 studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste München. U. a. besuchte sie dort Vorlesungen von Max Doerner. 1937 zog sie mit ihrem Mann, dem Kunstfotografen Siegbert Bauer (der 1944 im Krieg fiel), nach Weimar. 1933 wurden drei ihrer Gemälde aus der Frühjahrsausstellung der Münchener Neuen Secession als „artfremd“ entfernt. Von den Nationalsozialisten wurde ihre Kunst als „entartet“ verfemt; daraufhin lebte die Künstlerin viele Jahre zurückgezogen und widmete sich ganz ihren beiden eigenen Kindern, die sie oft porträtierte.
In den 1950er-Jahren kam sie zur Lithografie. 1952 unternahm sie Studien im VEB Rheinmetall in Sömmerda, 1958 und 1962 im Hafen von Rostock und in der Warnow-Werft. 1957–1961 reiste sie nach Südfrankreich, 1963 nach Bulgarien. In den 1960er-Jahren widmete sie sich vermehrt der Stillleben- und Landschaftsmalerei. Eine zentrale Rolle in ihrem Schaffen spielten lebenslang die Kinder. Tina Bauer-Pezellen hinterließ außer Illustrationen zu elf Kinderbüchern rund 200 Arbeiten, die sich vor allem in Museen und Sammlungen der neuen Bundesländer befinden.[2]
1973 erhielt Bauer den Kunstpreis der Stadt Weimar; 1977 wurde sie Ehrenmitglied im Verband Bildender Künstler der DDR (VBK).
Ihre Tochter war die Malerin und Grafikerin Annemirl Bauer (1939–1989).
Die Grabstätte von Tina Bauer-Pezellen befindet sich auf dem Friedhof in Oberweimar.[2]
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Tafelbilder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eislauf (1962, Öl; Angermuseum Erfurt)[3]
- Der Gast (vor 1953, Öl und Tempera)[4][5]
- Wintersport am Dorfteich (1972, Mischtechnik; auf der VIII. Kunstausstellung der DDR)[7]
- Rummelplatz (1974, Mischtechnik; auf der VIII. Kunstausstellung der DDR)[8]
Zeichnungen und Druckgrafik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sitzendes Mädchen (1924, Bleistiftzeichnung; Lindenau-Museums, Altenburg/Thüringen)[3]
- Schlafendes Kind (1955, Rötelzeichnung; Stadtmuseum Weimar)[3]
- Heuernte (Lithografie, 1958, 61 × 43,2 cm)[9]
Ausstellungen (unvollständig)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1962; Gotha, Schlossmuseum Friedenstein („Grafik, Malerei. Unsere Kinder. Landschaften aus der Provence und dem Mittelmeer“)
- 1977: Weimar, Galerie im Schloss
- 1978/1979: Sonneberg, Kleine Galerie im Spielzeugmuseum
Postum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1982: Erfurt Galerie des Staatlichen Kunsthandels („Frühe Handzeichnungen und Aquarelle 1922 – 1933“)
- 1988: Erfurt, Galerie am Fischmarkt
- 2007: Jindřichův Hradec, kaple sv. vita
Ausstellungsbeteiligungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1947: Erfurt, 1. Landesausstellung Bildender Künstler Thüringens[10]
- 1949, 1958/1959, 1962/1963, 1967/1968, 1972/1973 und 1977/1978: Dresden, Deutsche Kunstausstellungen bzw. Kunstausstellungen der DDR
- 1974, 1979 und 1984: Erfurt, Bezirkskunstausstellungen
- 1975: Berlin („Frau und Gesellschaft“)
- 1976: Karl-Marx-Stadt, Städtische Museen („Jugend und Jugendobjekte im Sozialismus“)
- 1977: Leipzig, Messehaus am Markt („Kunst und Sport“)
- 1979: Berlin, Altes Museum („Weggefährden – Zeitgenossen“)
- 1979: Berlin, Altes Museum („Jugend in der Kunst“)
Postum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1981: Dresden („25 Jahre NVA“)
- 1985: Erfurt, Gelände der Internationalen Gartenbauausstellung („Künstler im Bündnis“)
- 2015: Bietigheim-Bissingen, Städtische Galerie („Malerinnen und Grafikerinnen der Neuen Sachlichkeit“)
Literatur (chronologisch)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ruth Menzel: Zum Schaffen von Tina Bauer-Pezellen. In: Bildende Kunst, Berlin, 1968, S. 36–39
- Helmut Scherf: Der Mensch als Anlass zum Bekenntnis. Zum Schaffen der Weimarer Malerin Tina Bauer-Pezellen. In: Bildende Kunst, Berlin, 1/1974, S. 28–31
- Helmut Scherf: Geburtstagsgruß. Zum 80. Geburtstag von Tina Bauer-Pezellen. In: Bildende Kunst, Berlin, 1977, S. 257
- Jutta Penndorf: Tina Bauer-Pezellen. Maler und Werk. Verlag der Kunst, Dresden 1987, ISBN 3-364-00058-1.
- Bauer-Pezellen, Tina. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, ISBN 978-3-355-01761-9, S. 49/50
- Anita Beloubek-Hammer, Hanna Strzoda: Gefühl ist Privatsache. Verismus und Neue Sachlichkeit. Aquarelle, Zeichnungen und Graphik aus dem Berliner Kupferstichkabinett mit Leihgaben. SMB Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 2010.
- Matt Kessler: Ahnen-Familienforschung der Familie Pezeli, Petzely, Pezely, Petzeli, Bezelius, Bezeli, Betzelius, Peceluis, Pezelius, Pecelius, Pezellen in Saaz. In: Sudetendeutsche Familienforschung.ISSN 0943-8807, Bd. 15 (2021). S. 324–330.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- https://www.bildindex.de/ete?action=queryupdate&desc=%22bauer-pezellen%2C%20tina%22%20&index=obj-all
- Porträt von Tina Bauer-Pezellen bei Pankpress
- Tina Bauer-Pezellen bei artnet
- Werke von Tina Bauer-Pezellen sowie Informationen, SLUB / Deutsche Fotothek. Abgerufen am 23. August 2020.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Tina Bauer-Pezellen. DDR-Kunst, 1. Juli 2020, abgerufen am 11. Juli 2020.
- ↑ a b Ihr Bekenntnis- Bilder galten bei den Nazis als „entartet“. In: Thüringer Allgemeine, Erfurt, 10. August 2019
- ↑ a b c Bildindex der Kunst & Architektur
- ↑ Tina Unbekannter Fotograf; Bauer-Pezellen: Der Gast. Abgerufen am 22. Oktober 2021.
- ↑ a b Der Bildindex der Kunst & Architektur nennt das Bild als Exponat auf der Dritten Deutschen Kunstausstellung. Lt. Katalog war Tina Bauer-Pezellen auf dieser Ausstellung aber nicht vertreten.
- ↑ Bauer-Pezellen, Tina: Proklamation der Bodenreform vor Landarbeitern. 1952, abgerufen am 22. Oktober 2021.
- ↑ Bauer-Pezellen, Tina: Wintersport am Dorfteich. 1972, abgerufen am 22. Oktober 2021.
- ↑ Bauer-Pezellen, Tina: Rummelplatz. 1974, abgerufen am 22. Oktober 2021.
- ↑ https://nat.museum-digital.de/object/29901
- ↑ https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/354240/13/0/
Personendaten | |
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NAME | Bauer-Pezellen, Tina |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Malerin und Grafikerin |
GEBURTSDATUM | 9. Januar 1897 |
GEBURTSORT | Kotor |
STERBEDATUM | 11. August 1979 |
STERBEORT | Weimar |