Torquemotor

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Torquemotor (torque (engl.) = Drehmoment) ist ein hochpoliger, elektrischer Direktantrieb aus der Gruppe der Langsamläufer. Torquemotoren weisen sehr hohe Drehmomente bei relativ kleinen Drehzahlen auf.

Vereinfachter Aufbau eines Torquemotors (permanenterregter bürstenloser Gleichstrommotor in Außenläufer-Bauform)
Torquemotor als Innenläufer mit Wellenwicklung

Ein Torquemotor kann vereinfacht als ein auf hohe Drehmomente optimierter, großer Servomotor mit Hohlwelle betrachtet werden. Torquemotoren werden üblicherweise als bürstenlose Gleichstrommotoren gebaut. Teilweise werden aber auch geschaltete Reluktanzmotoren als Torquemotor bezeichnet. Da keine begriffliche Normung besteht, wird die Bezeichnung Torque (oder auch High Torque) umgangssprachlich häufig auch für andere Formen langsamlaufender oder momentenstarker Antriebe verwendet.

Torquemotoren sind als Außenläufer (Stator innen, Rotor ("Läufer") außen) und als herkömmliche Innenläufer (Rotor innen, Stator außen) herstellbar. Außenläufer sind bei Torquemotoren verbreiteter, da bei ihnen aufgrund der unten dargestellten Zusammenhänge bei gleicher Baugröße ein größeres Drehmoment zur Verfügung steht.

Sonderformen sind beispielsweise Schwenkmotoren, welche keine 360°-Drehung vollführen. Als Abwandlung des Torquemotors kann der Linearmotor angesehen werden, welcher eine Abwicklung eines Torquemotors darstellt und für translatorische Antriebe genutzt wird.

In seinem Grundprinzip entspricht der Torquemotor herkömmlichen Elektromotoren. Es gelten weitestgehend die Berechnungsgrundlagen für hochpolige Servomotoren. Das gesteigerte Drehmoment erhält der Torquemotor vor allem aus der hohen Polpaarzahl und den daraus resultierenden kurzen Wegen für den magnetischen Rückschluss und Wickelköpfe, woraus geringe Kupferverluste und ein tiefes Verhältnis von Masse zu Drehmoment resultieren.

Außerdem weisen Torquemotoren einen großen Durchmesser auf. Denn das Drehmoment M ist bei gegebener Kraftwirkung F über den Zusammenhang

vom Radius r abhängig. Die Kraftwirkung entsteht beim Elektromotor im Luftspalt zwischen Rotor und Stator. Daher können Außenläufer durch den größeren Luftspaltradius bei gleicher Baugröße höhere Momente erzeugen als Innenläufer.

Das große Antriebsmoment von Torquemotoren ermöglicht große Beschleunigungen und führt zu einer hohen Dynamik des Systems. Torquemotoren haben eine höhere Antriebssteifigkeit als klassische Motor-Getriebe-Einheiten und kein Verdrehspiel. Damit ergeben sich bessere Regeleigenschaften durch verringerte Störgrößen (vgl.: Kaskadenregelung) und eine erhöhte Wiederholgenauigkeit.

Leistungsstarke Torquemotoren haben teils sehr große Abmessungen, aufgrund der entfallenden mechanischen Elemente wie Zahnriemen und Getriebe sind sie jedoch kompakt gebaut. Der Motor wird dabei koaxial zur anzutreibenden Welle angeordnet.

Torquemotoren sind durch den Wegfall mechanischer Elemente geräusch- und wartungsarm. Im Motor kommt es praktisch zu keinem Verschleiß. Die Wärmeentwicklung ist größer als bei herkömmlichen Servomotoren, eine exponierte Lage dieser Wärmequelle ist aufgrund des entfallenen Getriebes oftmals nicht möglich. Dadurch ist in vielen Fällen eine Wasserkühlung des Motors erforderlich.

In der Anschaffung sind Torqueantriebe teurer – verglichen mit konventionellen Motor-Getriebe-Einheiten um den Faktor 1,5 bis 2,5. Kosteneinsparungen ergeben sich bei der Wartung und beim Energieverbrauch. Denn obwohl Torquemotoren gewöhnlich einen geringeren maximalen Wirkungsgrad aufweisen als schnelllaufende Motoren, kann das Gesamtsystem durch den Wegfall von Getrieben und Übertragungsgliedern effizienter werden.

Bei Werkzeugmaschinen sind Motoren mit Getrieben oft im Nachteil, da Getriebe nur mit hohem Aufwand spielarm gebaut werden können und das wirksame Massenträgheitsmoment eines schnelllaufenden Motors im Quadrat zur Getriebeübersetzung auf die langsame Seite übertragen wird.

Torquemotoren werden für schnelle und genaue Verfahr- und Positionieraufgaben genutzt und finden überall dort Verwendung, wo hochdynamische, spielarme oder momentenstarke Antriebe benötigt werden.

  • In Werkzeugmaschinen werden Drehtische[1], Rundtakttische[2] und andere Schwenkantriebe mit Torquemotoren ausgerüstet, um hohe Positioniergenauigkeiten und große Dynamik zu erreichen.
  • In Servopressen ersetzen Torquemotoren die herkömmliche Motor-Schwungrad-Kombination, um die Geschwindigkeit über den Hub dynamisch steuern zu können.[3]
  • In Servoventilen werden schwenkende Torquemotoren zum geregelten Öffnen und Schließen eingesetzt.[4]
  • In der Binnenschifffahrt sind Torquemotoren seit 2010 Bestandteile von dieselelektrischen Antriebssystemen und werden direkt auf der Propellerwelle eingebaut.[5]

Das Unternehmen Oswald Elektromotoren GmbH erhielt 2017 den Deutschen Umweltpreis für die Kommerzialisierung von Torquemotoren als energieeffizienten Ersatz für Hydraulikantriebe.

  1. Rückle: Turning Rotary Table. (PDF; 325 kB) 16. März 2010, abgerufen am 31. Mai 2011.
  2. Fibro: Direkt angetriebene NC-Rundtische. (PDF; 305 kB) 15. November 2006, abgerufen am 8. Oktober 2012.
  3. Schuler: Servopressen in Monoblockbauweise. (PDF) 23. Februar 2011, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 31. Mai 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.schulergroup.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  4. Joachim Venghaus: Labor Hydraulik. Script zur Lehrveranstaltung, 1. September 2008, Fachhochschule Stralsund, abgerufen am 31. Mai 2011.
  5. Bonapart.de – Binnenschifffahrt aktuell: Dieselelektrisches Gütermotorschiff Goblin geht in Fahrt. 13. September 2013, abgerufen am 15. November 2013.