Tristan und Isolde

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Tristan und Isolde spielen ein Brettspiel an Bord eines Schiffes, während sie den Liebestrank trinken (mittelalterliche Miniatur 1470).
Tristan und Isolde (Gemälde von Edmund Blair Leighton, 1902)

Die Erzählung von Tristan und Isolde ist neben der vom Gral oder der von König Artus und seiner Tafelrunde einer der Stoffe, die von der erzählenden Literatur des europäischen Mittelalters häufig bearbeitet wurden. Zahlreiche Dichter unterschiedlicher Volksliteraturen – besonders in Frankreich und Deutschland – haben ihr dichterisches Können an der Gestaltung dieses spannungsreichen Stoffes erprobt.

Isolde (Gemälde von Gaston Bussière, 1911)

Tristan ist der Sohn von Riwalin, dem König von Lohnois, der in einem Krieg ums Leben gekommen ist. Seine Mutter ist Blanscheflur, die Schwester des Königs Marke von Cornwall, die aus Sehnsucht nach ihrem Mann Riwalin ebenfalls starb. Tristan wuchs bei Rual le très loyal, einem Freund Riwalins, auf. Mit sieben Jahren wird Tristan ins Ausland geschickt, um Sprachen zu lernen. Später wird er wieder zurückgeholt, damit er die wichtigen Herren in seinem Lande kennenlernt. Tristan wird mit seinem Knappen Kurvenal entführt und in Cornwall wieder freigelassen. Bei König Marke erfährt er von seiner adligen Herkunft und will den Tod seines Vaters rächen. So trifft er auf Morgan, der seinen Vater umgebracht hat, und tötet ihn.

Tristan und Isolde mit dem Liebestrank (Gemälde von John William Waterhouse, etwa 1916)

Morold, der Sohn des Königs von Irland, fordert seinen jährlichen Tribut von Cornwall. Tristan stellt sich Morold zum Zweikampf, den er zwar gewinnt, dabei aber von Morolds Schwert vergiftet wird. Tristan fährt nach Irland, da er weiß, dass nur Isolde, die Schwester von Morold, ihn heilen kann. Tristan wird zur Königin Isolde gebracht, der er vorgibt, Tantris zu heißen. Sie bietet ihm an, ihn zu heilen, wenn er sie mit seinem bezaubernden Harfenspiel beglücke und ihre gleichnamige wunderschöne Tochter Isolde unterrichte.

Als Tristan wieder in seine Heimat zurückkehrt, wird der König zur Heirat gezwungen, da er noch keine Erben hat. Ihm wird die schöne Isolde vorgeschlagen, unter der Bedingung, dass er keine andere heiraten werde. Dem stimmt er zu, da er annimmt, dass Isolde nicht mit der Heirat einverstanden sei.

Tristan fährt nach Irland, um im Namen des Königs von England um die Hand der schönen Isolde anzuhalten. Die Familie stimmt zu, aber nur, wenn sie auch Königin von England wird. So fahren Tristan und Isolde zu Marke. Die Königin hatte vor der Abfahrt noch einen Liebestrank[1] gebraut, den sie Brangaine, einer Verwandten, mitgibt. Er sollte von König Marke und Isolde gemeinsam getrunken werden, damit sie sich auf ewig lieben. Als aber Brangaine nicht auf den Trank aufpasst, trinken Tristan und Isolde nacheinander aus dem Gefäß. Tristan und Isolde verlieben sich ineinander und müssen sich nun heimlich treffen.

Durch eine List wird Isolde dem König Marke weggenommen. Doch Tristan kann sie zurückholen und dem König wieder übergeben. Tristan und Isolde treffen sich nun öfter, wobei sie auch entdeckt werden. Es werden ihnen Fallen gestellt, doch Tristan und Isolde können diese immer wieder umgehen. So können sie auch die Zweifel des Königs aus dem Weg räumen. Doch eines Tages bemerkt der König, dass sich die beiden lieben. König Marke lässt sie gewähren, bis er sie eines Nachts zusammen im Bett entdeckt. Nun ist Tristan in England nicht mehr sicher und flüchtet nach Deutschland.

In Deutschland herrscht Krieg. Hier trifft Tristan auf Herzog Jovelin, dessen Frau Karsie, dessen Tochter Isolde aux mains blanches (französisch „mit den weißen Händen“, daher manchmal auch „Isolde Weißhand“) und dessen Sohn Cahedin le noble, mit dem er sich verbündet und in den Krieg zieht. Nun sieht er immer mehr Isolde aux mains blanches, die ihn an Isolde von England erinnert. Doch er beginnt an ihrer Liebe zu zweifeln und verliebt sich in Isolde aux mains blanches. Er wird in einer Schlacht von einem vergifteten Speer verletzt und kann nur durch die Heilsalbe der Königin von Irland, um deren Geheimnis auch Isolde von England weiß, geheilt werden.

Tristan sendet Kurvenal aus, seinen treuen Begleiter, um Isolde von England zu ihm zu bringen. Wenn er sie bei seiner Rückkehr bei sich habe, solle er ein weißes Segel hissen, andernfalls ein schwarzes. Bei der Rückkehr mit Isolde von England berichtet Isolde aux mains blanches dem todkranken Tristan fälschlicherweise, um ihn nicht an Isolde von England zu verlieren, dass das Segel schwarz sei. Daraufhin stirbt Tristan, nun ohne Hoffnung, sofort. Als Isolde von England ihren toten Geliebten erblickt, wird sie sehr krank und stirbt kurz darauf ebenfalls.

Tristan und Isolde auf dem Weg nach Cornwall (mittelalterliche Miniatur, Jean du Mas, 15. Jahrhundert).

Der Ursprung der Tristan-Legende lässt sich nicht zuverlässig rekonstruieren. Neben anderen Wurzeln erscheinen vor allem ein keltischer, ein germanischer und ein orientalischer Ursprung möglich.

Dabei gilt insbesondere die keltische Ursprungstheorie als wahrscheinlich, da es hier lokale und historische Bezüge gibt (siehe Drystan fab Tallwch, Diarmuid und Gráinne sowie Scéla Cano meic Gartnáin, „Die Geschichte von Cano, dem Sohn Gartnáns“).[2] In Cornwall hat man eine Stele aus dem 6. Jahrhundert mit dem Namen Drustanus in der Inschrift gefunden, möglicherweise eine latinisierte Form des Namens Tristan (siehe Tristan-Stein).

Aus keltischen Lais ging der Stoff vermutlich zunächst in nordfranzösische und anglonormannische Spielmannsdichtungen über. Sie sind allesamt nur fragmentarisch überliefert, so auch die im 12. Jh. entstandenen Romane von Béroul[3] und die kunstvollere Bearbeitung des Thomas von England (eines Anglonormannen) sowie eine in ihrer Existenz umstrittene Tristan-Fassung Chrétiens de Troyes (ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert). Von hier aus fand die Sage den Weg in die spanische, italienische, deutsche, skandinavische, slawische und sogar in die griechische Literatur.[4]

Die These vom orientalischen Ursprung stützt sich auf beträchtliche Ähnlichkeiten zwischen der Tristan-Sage und dem höfischen, um 1050 entstandenen Epos Wis und Ramin des persischen Dichters Gorgani.[5]

Insgesamt kann man davon ausgehen, dass sich der Stoff im Laufe der Jahrhunderte aus den verschiedensten Quellen entwickelt hat, so dass es keinen exakten Ursprungstext gibt.

Von Eilhart von Oberg stammt die erste deutsche Bearbeitung des Tristan-Stoffes. Sein Tristrant und Isalte dürfte wohl Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts entstanden sein. Aus dem 12. Jahrhundert sind nur drei Pergament-Bruchstücke seines Textes erhalten. Drei aus dem 15. Jahrhundert stammende Papier-Handschriften, die vermutlich auf eine Bearbeitung des Textes aus dem 13. Jahrhundert zurückgehen, überliefern den vollständigen Text.

Auf der Version des Thomas von England schließlich fußt der ebenfalls fragmentarische Versroman Tristan des mittelhochdeutschen Dichters Gottfried von Straßburg aus dem 13. Jahrhundert, der als „klassische“ Stoffrepräsentation des Mittelalters gilt. Sowohl Ulrich von Türheim als auch Heinrich von Freiberg schrieben eine Fortsetzung, um Gottfrieds Fragment abzuschließen und auch Tristan als Mönch ist in der Nachfolge Gottfrieds. Eine Übersetzung des französischen Prosa-Tristan sind die im 15. Jahrhundert entstandenen Bruchstücke eines prosaischen Tristanromans. Um 1400 ließen Franz und Niklaus Vintler aus Bozen auf ihrem Schloss Runkelstein einen Teil des Sommerhauses mit Terraverde-Fresken zum Motiv von Tristan und Isolde ausmalen.

Die Guicciardini-Quilts aus dem späten 14. Jahrhundert, früheste erhaltene Beispiele von dekorativen Quilts in Europa, erzählen die Geschichte des Tristan.[6] Auf den verschollenen Teilen dieser Textilien wird die Fortführung der Geschichte zu Isolde vermutet.[7]

Über das Mittelalter hinaus schufen zahlreiche weitere Schriftsteller, bildende Künstler und Komponisten Tristan-und-Isolde-Bearbeitungen, etwa Hans Sachs (Tragödie, 1553), Karl Immermann (Gedichtzyklus, 1840; untertitelt: „Ein Gedicht in Romanzen“; unvollendet hinterlassen und nach Schlussbearbeitung von Ludwig Tieck 1841 posthum veröffentlicht), Richard Wagner (Tristan und Isolde, Oper, 1859) und Thomas Mann, dessen Novelle (Tristan, 1901) auf Wagners Oper anspielt, aber keine Tristan-Erzählung ist. Der französische Komponist Charles Tournemire schuf zum Libretto Albert Pauphilets 1926 die Oper La légende de Tristan.[8]

John Neumeier setzte den Tristan-Stoff 1982 als Ballett um. Bernard Cornwell integrierte das Thema in seine Arthus-Chroniken. David Dawson schuf 2015 das erste komplette Tristan-und-Isolde-Ballett.

Sowohl in der Metal-Musik als auch in der Musik der Mittelalterszene wurde das Thema aufgegriffen, so etwa durch Blind Guardian (The Maiden and the Minstrel Knight auf dem Album A Night at the Opera, 2002), Grave Digger (Tristan’s Fate auf dem Album Excalibur, 1999) oder Qntal, die der Thematik 2003 das ganze Album Qntal III – Tristan und Isolde widmeten.

  • 1911: Tristan et Yseult – Frankreich – Regie: Albert Capellani
  • 1911: Tristan et Yseult – Frankreich – Regie: Ugo Falena
  • 1920: Tristan et Yseult – Frankreich – Regie: Maurice Mariaud
  • 1943: L’Éternel Retour (Der ewige Bann), Frankreich – Regie: Jean Delannoy, Drehbuch: Jean Cocteau
  • 1972: Tristan et Iseult – Frankreich – Regie: Yvan Lagrange
  • 1981: Feuer und Schwert – Die Legende von Tristan und Isolde, Irland, Deutschland – Regie: Veith von Fürstenberg
  • 1998: Tristan und Isolde – Eine Liebe für die Ewigkeit, Deutschland, Italien – Regie: Fabrizio Costa
  • 2002: Tristan et Iseut – Frankreich – Animationsfilm, Regie: Thierry Schiel
  • 2006: Tristan & Isolde, Tschechien, Großbritannien, Deutschland – Regie: Kevin Reynolds
  • Danielle Buschinger (Hrsg.): Tristan et Iseut. Mythe Européen et Mondial (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 474). Kümmerle Verlag, Göppingen 1987.
  • André Crépin: Tristan – Tristrant. Reineke, Greifswald 1996, ISBN 3-89492-078-5.
  • Albrecht Diem: „Nu suln ouch wir gesellen sîn.“ – Über Schönheit, Freundschaft und mann-männliche Liebe im Tristan Gottfrieds von Straßburg. In: Lev Mordechai Thoma und Sven Limbeck (Hrsg.): „Die sünde, der sich der tuivel schamet in der helle“. Homosexualität in der Kultur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Thorbecke Verlag, Ostfildern 2009, S. 91–121, ISBN 978-3-7995-0223-8.
  • Xenja von Ertzdorff (Hrsg.): Tristan und Isolt im Spätmittelalter. Rodopi, Amsterdam 1999, ISBN 978-90-04-48924-0.
  • Daniel Lacroix, Philippe Walter: Tristan et Iseut. Les poèmes francais. La saga norroise. Textes originaux et intégraux présentés, traduits et commentés par Daniel Lacroix et Philippe Walter (Le livre de Poche – Lettres Gothiques, Band 4521). Librairie générale française, Paris 1989, ISBN 2-253-05085-7 (mit einer sehr guten Einführung und der skandinavischen Adaption des Tristan-Romans von Thomas von England aus dem 13. Jahrhundert, die die Legende komplett wiedergibt).
  • Denis de Rougemont: Die Liebe und das Abendland. Aus dem Franz. von Friedrich Scholz und Irène Kuhn. Diogenes, Zürich 1987, ISBN 978-3-257-21462-8.
  • Robert Schöller u. a. (Hrsg.): Tristan Mythos Maschine. 20. jh. ff. Königshausen & Neumann, Würzburg 2020, ISBN 978-3-8260-7220-8.
  • Peter K. Stein: Tristan-Studien. Hirzel, Stuttgart 2001, ISBN 3-7776-1004-6.
Commons: Tristan und Isolde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Claudia Müller-Ebeling, Christian Rätsch: Isoldens Liebestrank. München 1986.
  2. Vgl. Adrian Stevens: Killing giants and translating empires. The history of Britain and the Tristan romances of Thomas and Gottfried. In: Blütezeit. Festschrift für L. Peter Johnson zum 70. Geburtstag. Hrsg. von Mark Chinca u. a. Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-64018-9, S. 409–426.
  3. Vgl. Ernest Muret (Hrsg.): Béroul, Le Roman de Tristan, poème du XIIe siècle. Paris 1913; 4. Auflage, überarbeitet von L. M. Defourques, Paris 1979.
  4. Tristan. In: Brockhaus Konversations-Lexikon. 14. Auflage. Band 15: Social – Türken. Brockhaus, Leipzig 1896, S. 1003 (retrobibliothek.de).
  5. Vgl. Angelika Hartmann: Das Persische Epos Wis und Ramin. Ein Vorläufer des Tristan? In: Tristan und Isolt im Spätmittelalter. Hrsg. von Xenja von Ertzdorff. Rodopi, Amsterdam 1999, ISBN 978-90-04-48924-0, S. 103–139.
  6. Sarah Randles et al.: One Quilt or Two? A reassessment of the Guicciardini Quilts. In: Medieval Clothing and Textiles. Band 5. Boydell Press, 2005, ISSN 1744-5787, S. 93 (englisch).
  7. Sarah Randles et al.: One Quilt or Two? A reassessment of the Guicciardini Quilts. In: Medieval Clothing and Textiles. Band 5. Boydell Press, 2005, ISSN 1744-5787, S. 128 (englisch).
  8. Vgl. Stefan Keppler-Tasaki: Internationalisierung und Hybridität. Komparatistische Perspektiven auf die Tristan-Rezeption des 19. bis 21. Jahrhunderts. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift 59/4 (2009), S. 459–482.