Tumaco
San Andrés de Tumaco | |||
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Lage der Gemeinde Tumaco auf der Karte von Nariño
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Koordinaten | 1° 48′ 24″ N, 78° 45′ 53″ W | ||
Basisdaten | |||
Staat | Kolumbien | ||
Nariño | |||
Stadtgründung | 1640 | ||
Einwohner | 217.079 (2019) | ||
Stadtinsignien | |||
Detaildaten | |||
Fläche | 3760 km2 | ||
Bevölkerungsdichte | 58 Ew./km2 | ||
Höhe | 2 m | ||
Gewässer | Pazifischer Ozean, Río Mira | ||
Zeitzone | UTC−5 | ||
Stadtvorsitz | María Emilsen Angulo Guevara (2020–2023) | ||
Website | |||
Luftbild von Tumaco (2007) | |||
Blick auf Tumaco | |||
Flughafen La Florida |
Tumaco, oder vollständig San Andrés de Tumaco, ist eine kolumbianische Hafenstadt und Gemeinde (municipio) im Departamento Nariño.
Geografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Tumaco liegt im Südwesten Kolumbiens in der Provinz Tumaco-Barbacoas im Departamento de Nariño am Pazifik auf der Höhe von 1 m ü. NN etwa 304 km von Pasto entfernt und hat eine Durchschnittstemperatur von 26° C. Die Gemeinde grenzt im Norden an Francisco Pizarro und Mosquera, im Süden an die Provinz Esmeraldas in Ecuador, im Osten an Barbacoas und Roberto Payán und im Westen an den Pazifik.[1]
Bevölkerung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gemeinde Tumaco hat 217.079 Einwohner, von denen 123.651 im städtischen Teil (cabecera municipal) der Gemeinde leben (Stand: 2019).[2]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Tumaco wurde 1640 vom italienischen Priester Francisco Ruggi gegründet. Tumaco erhielt 1861 den Status einer Gemeinde.[1]
Die Stadt war immer wieder vom bewaffneten Konflikt in Kolumbien betroffen.
Am 12. Dezember 1979 wurde die Stadt vom bisher schwersten Erdbeben Kolumbiens im 20. Jahrhundert heimgesucht. Ein nachfolgender Tsunami zerstörte Tausende Häuser, die aus Holz gebaut waren. Die Katastrophe nahm als Erdbeben von Tumaco 1979 seinen Platz in der Geschichte ein.[3]
Am 26. August 2009 ermordeten Unbekannte zwölf Ureinwohner vom Volk der Awá, darunter vier Kinder.[4]
Am 1. Februar 2012 explodierte vor einem Polizeirevier eine Motorradbombe, tötete sieben Menschen und verletzte mindestens 65. Polizeigeneral Rodolfo Palomino bezeichnete die FARC als Urheber des Anschlags.[5]
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die wichtigsten Wirtschaftszweige von Tumaco sind Landwirtschaft (insbesondere Ölpalme, Kakao und Kokosnüsse), Fischerei, Holzwirtschaft und Tourismus. Tumaco hat zudem den wichtigsten pazifischen Erdölhafen Kolumbiens, von dem vor allem ecuadorianisches Erdöl exportiert wird.[1]
Kriminalität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An der Pazifikküste des Departements Nariño wurden im Jahr 2021 46.220 Hektar Kokaanbau entdeckt. 39,2 % davon in der Gemeinde Tumaco, insbesondere im ländlichen Teil der Gemeinde in den indigenen Reservaten des Volkes der Awá, Gran Rosario, Inda Zabaleta, La Turbia, El Cedro, Las Peñas, La Brava, Pilví und La Pintada. Zwischen 2020 und 2021 wurde ein Anstieg des Koka-Anbaus in Tumaco um 105 % und im Rest der Pazifikküste einen Anstieg von 70,8 % verzeichnet. Tumaco war bis zum Friedensabkommen von 2017 mit der Regierung ein Hotspot der Guerilla-Organisation FARC, seither kämpfen vierzehn Gruppen in paramilitärische Einheiten um die Vorherrschaft im Drogenhandel in Tumaco und Südkolumbiens. Die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen liegt über 70 %, bei der Altersgruppe der 15- bis 25-jährigen noch höher. Von den 100.000 Einwohnern sind 95 % Afro-Kolumbianer, also Nachfahren von Sklavinnen und Sklaven, die aus Afrika verschleppt wurden. Ein Zehntel der kolumbianischen Gesamtbevölkerung ist afro-kolumbianisch. Das Armenviertel „Nueva Esperanza“ leben rund 10.000 Menschen, über 60 % der Bewohner sind jünger als 25 Jahre alt. Wie auch in den anderen Teilen der Stadt sind die Häuser in Nueva Esperanza auf Stelzen über dem Meeresspiegel gebaut, das gesamte Abwasser fließt wie eine riesige Kloake ab. Über Holzbretterstege gelangt man zu den Häusern. Durch die städtische Stellen gewährleisten lediglich die Abfallentsorgung und die Stromversorgung, Trinkwasser gibt es nur alle vierzehn Tage über ein angelegtes Leitungssystem, um große Wassertanks zu füllen. Viele Menschen leiden an endemischen Krankheiten und Parasiten. Die im Drogenhandel aktiven FARC und der ELN-Guerilla sorgen für Ruhe und Ordnung im Viertel.[6]
Die Gegend um Tumaco hat sich seit Mitte der 2010er Jahre zu einem Koka-Anbaugebiet entwickelt, da der Koka-Anbau für die Bauern viel rentabler ist als der Anbau von Früchten, Soja oder Reis. Neben den Koka-Blättern sind die notwendigen chemischen Produkte, wie Schwefelsäure und Aceton, für die Kokain-Herstellung durch die Grenznähe des Department Nariño zu Ecuador leicht verfügbar. 2021 hat die Polizeieinheit „Poseidon“ an der Pazifikküste bis September 23 selbstgebaute U-Boote mit 118 Tonnen Kokain beschlagnahmt.[7] Im November 2024 wurden bei der Operation Orion durch kolumbianischen Strafverfolgungsbehörden u. a. in sechs Drogen-U-Booten insgesamt 1.400 Tonnen Drogen, darunter mehr als 1.000 Tonnen Marihuana und 225 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Im Zuge der 45 Tage dauernden Polizeiaktion wurden über 400 Personen festgenommen. Eines der „Narko-U-Boote“ war auf dem Weg von Tumaco nach Australien.[8]
Am 21. Februar 2020 gab Präsident Iván Duque die Verhaftung von José Albeiro Arrigui, alias „El Contador“, bekannt. Arrigui soll die Kokainproduktion finanziert und den Kokainhandel in der pazifischen Gemeinde Tumaco in Nariño, Kolumbiens größter Kokaanbauregion, kontrolliert haben. Er wird außerdem beschuldigt, demobilisierte Mitglieder der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – FARC) angegriffen zu haben und für die Zwangsvertreibung der indigenen Awá-Gemeinden in dieser Region verantwortlich zu sein. Er soll außerdem Verbindungen zum mexikanischen Sinaloa-Kartell haben, dessen Abgesandte Tumaco besucht haben, um über Drogenlieferungen zu verhandeln und die Qualität des Kokains sicherzustellen. Die Verbrecherbande setzt sich aus rund 400 Mann zusammen. Contador wird außerdem verdächtigt, Walter Patricio Arizala alias „Guacho“, den Anführer der Oliver Sinisterra Front (FOS), die an der Grenze zwischen Kolumbien und Ecuador agieren, mit Bargeld versorgt zu haben. Im Gegenzug sorgte Guacho dafür, dass Drogenlieferungen über das von ihm kontrollierte Gebiet in Nariño in den Pazifik gelangten. Die Allianz zwischen Contador und Guacho endete jedoch, als Guacho nach der Ermordung von drei Journalisten der ecuadorianischen Zeitung „El Comercio“ im April 2018 ins Visier der Behörden geriet. Nach der Ermordung Guachos durch das kolumbianische Militär im Dezember 2018 verlor FOS strategische Gebiete an Los Contadores, darunter Llorente, Alto Mira und Frontera im Süden von Tumaco. Die Sicherheitslage im Departement Nariño verschärfte sich seit 2019 durch eine Splittergruppe von Guachos Gruppe, die sich „Comandante Alfonso Cano Westblock“ nennt und versucht, die Kontrolle über Städte rund um Tumaco zu erlangen, darunter Olaya Herrera, Magüí Payán und Roberto Payán. Im Januar 2020 wurde berichtet, dass mindestens 1.600 Menschen in der Region gewaltsam vertrieben wurden.[9]
Im Jahr 2021 wurden an der Pazifikküste 242 Tötungsdelikte registriert, 130 % mehr als im Jahr 2016 als es 105 Tötungsdelikte gab. 55,4 % der Tötungsdelikte wurden in der Gemeinde Tumaco registriert. 60 % der Tötungsdelikte im Departement Nariño entfallen auf die Pazifikküste.[6] Im Jahr 2021 gab es in der Gemeinde Tumaco insgesamt vier Massaker bei Konfrontationen zwischen den Banden „Los Contadores“ und „Columna Móvil Urías Rondón (CMUR)“ mit insgesamt 38 Todesopfern, zwanzig Personen wurden vermisst. Die Zahl der Tötungsdelikte pro 100.000 Einwohnern liegt bei 75,86, dreimal so hoch wie die nationale Quote von 25,37.[10]
Infrastruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Flughafen La Florida der Stadt hat den IATA-Code TCO. Der Flughafen wird von Bogotá und Cali aus angeflogen. Zum etwa 300 km entfernten Pasto besteht eine direkte Straßenverbindung. Nach Buenaventura verfügt Tumaco über den zweitwichtigsten Pazifikhafen Kolumbiens.[1]
In Tumaco befindet sich der Sitz des Bistums Tumaco. Außerdem befindet sich in der Stadt ein Nebensitz der Universidad de Nariño.
Städtepartnerschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 2009 besteht eine Städtepartnerschaft mit Montevideo.
Söhne und Töchter der Stadt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alessandro Frigerio (1914–1979), Schweizer Fußballspieler
- James Angulo (* 1974), Fußballspieler
- Pablo Armero (* 1986), Fußballspieler
- Harold Preciado (* 1994), Fußballspieler
- José Hurtado (* 1995), Fußballspieler
- Kevin Angulo (* 1996), Fußballspieler
- Martha Araújo (* 1996), Siebenkämpferin
- Óscar Cortés (* 2003), Fußballspieler
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alcaldía de Tumaco. Alcaldía de Tumaco – Nariño, abgerufen am 3. April 2019 (spanisch, Webseite der Gemeinde).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Nuestro municipio. Alcaldía de Tumaco – Nariño, ehemals im ; abgerufen am 3. April 2019 (spanisch, Informationen zur Gemeinde). (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ ESTIMACIONES DE POBLACIÓN 1985 - 2005 Y PROYECCIONES DE POBLACIÓN 2005 – 2020 TOTAL DEPARTAMENTAL POR ÁREA. (Excel; 1,72 MB) DANE, 11. Mai 2011, abgerufen am 3. April 2019 (spanisch, Hochrechnung der Einwohnerzahlen von Kolumbien).
- ↑ Sismo del 12 de Diciembre de 1979 en el Pacífico Colombiano gc.gov.co. Abruf am 8. Mai 2020 (es)
- ↑ Massaker an Awa-Ureinwohnern. In: Der Standard. 27. August 2009, abgerufen am 2. Februar 2012.
- ↑ Sieben Tote bei Bombenanschlag in Kolumbien. In: ORF. 2. Februar 2012, abgerufen am 2. Februar 2012.
- ↑ a b Edinson Ortiz Benavides, Katherin Julieth Ruales Suárez, Jennifer Catherine de la Cruz Taticuan: Pacífico Nariñense: Retos y alternativas para su desarrollo. Hrsg.: Universidad de Nariño. San Juan de Pasto-Nariño-Colombia, 2024, ISBN 978-6-28767975-7, S. 112 f. (spanisch).
- ↑ Alexander Busch: Unter Hochdruck - wie die Menschen in der kolumbianischen Stadt Tumaco im wichtigsten Exportkorridor für Kokain leben. In: Neue Zürcher Zeitung. NZZ, 12. Dezember 2021, ISSN 0376-6829, S. 12.
- ↑ Luke Taylor: Colombia-led operation seizes world record 225 tonnes of cocaine, and uncovers new Australia trafficking route. The Guardian, 27. November 2024, abgerufen am 1. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Lara Loaiza, Maria Alejandra Navarrete: Contador – Colombia’s Sought After Patron of Cocaine. InSight Crime, 20. Februar 2020, abgerufen am 2. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Fundo Multidonnate de las Naciones Unidas para La Paz (Hrsg.): Algo se cuece en el Pacífico nariñense: dinámica territorial de la violencia reciente y sus escenarios futuros. Bogotá 24. März 2022 (englisch).