Unbefleckte Empfängnis (Hettstedt)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Kirche Unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria ist eine 2020 profanierte katholische Kirche in Hettstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt. Sie steht unter Denkmalschutz und ist im Denkmalverzeichnis mit der Erfassungsnummer 094 65623 als Baudenkmal eingetragen.[1]

Ansicht von Westen

Die katholische Kirche von Hettstedt befindet sich südlich der Altstadt auf der Anhöhe Bahnberg oberhalb der Bahnhofsstraße im Stadtteil Burgörner Neudorf. Eine Treppe führt zu ihr hinauf. Direkt östlich des Gotteshauses befinden sich die Gleise der Wetzlarer Bahn. In der DDR trug die Bahnhofsstraße die Bezeichnung Fritz-Beyling-Straße.

Geschichte und Architektur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zuge der Industrialisierung wanderten zahlreiche Katholiken in die bisher evangelisch geprägt Region des Mansfelder Gebirgskreises ein. Bereits in den 1860er Jahren entstanden hier erste katholische Kirchen.[2]

In Hettstedt fanden von 1859 an durch Geistliche aus Aschersleben gelegentliche katholische Gottesdienste statt. 1875 kam es in Gerbstedt zur Gründung einer katholischen Missionsvikarie, zu der auch Hettstedt von da an gehörte. Die katholischen Gottesdienste in Hettstedt waren zuvor bereits wieder eingestellt worden. In den 1880er Jahren wurde in Burgörner eine katholische Schule gegründet.

Am 8. Dezember 1889 kaufte Missionar Hermann Bruch aus Gerbstedt von einer Witwe ein bebautes Grundstück in der Bahnhofstraße von Burgörner. Am 21. März 1890 erfolgte die Ernennung von Hermann Bruch aus Gerbstedt als Seelsorger für Hettstedt, er bezog am 18. April 1890 das Missionshaus in Hettstedt. Damit wurde in Hettstedt eine Missionsvikarie gegründet. Zu ihrem Missionsbezirk gehörten die Ortschaften Augsdorf, Bräunrode, Burgörner, Friedrichrode, Greifenhagen, Großörner, Hettstedt, Hübitz, Meisberg, Quenstedt, Ritterode, Rödgen, Siersleben, Sylda, Thondorf, Walbeck, Welfesholz und Wiederstedt mit rund 1300 Katholiken. Für die Gottesdienste nutzte man zunächst den Dachboden des Pfarrhauses sowie einen Gasthaussaal.

Der Bau der Kirche Unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria begann im August 1892, am 28. September 1892 wurde der Grundstein gelegt. Bereits fünf Monate später konnte man die Richtkrone aufsetzen und am 18. Mai 1893 wurde die Glocke in den Turm gehängt. Am 21. September 1893 erfolgte die Benediktion der Kirche. Der Paderborner Bischof Hubert Theophil Simar konsekrierte die Kirche am 31. Mai 1894. Zwei Tage zuvor weihte er die Herz-Jesu-Kirche in Sangerhausen, einen Tag nach der Konsekration in Hettstedt vollzog er denselben Akt für die Kirche St. Joseph in Klostermansfeld.[3] Die dreischiffige neugotische Kirche besitzt einen Chor im Osten und einen Dachreiter über der Eingangsfassade im Westen, an der sich zudem ein Treppenturm befindet. Sie wurde in der Form einer Basilika errichtet und besitzt an der Südseite einen Sakristeianbau mit Eingang. In den Jahren 1953 und 1962 wurde die Kirche saniert, im Jahr 1993 das Dach neu gedeckt.[4]

Architekt des Gotteshauses war der Paderborner Dom- und Diözesanbaumeister Arnold Güldenpfennig, dem zahlreiche Kirchen in Sachsen-Anhalt zugeschrieben werden. Eine alte Ansichtskarte der Herz-Jesu-Kirche in Bitterfeld weist diese – 1896 entstandene – Kirche als baugleich aus.[5]

1919 erfolgte die Erhebung der Vikarie Burgörner-Hettstedt zur Filialkirchengemeinde. Das Preußenkonkordat vom 14. April 1929, durch die Bulle Pastoralis officii nostri vom 13. August 1930 in Vollzug gesetzt, errichtete die Mitteldeutsche Kirchenprovinz. Infolgedessen kam der vom Geistlichen Gericht Erfurt abgetrennte Regierungsbezirk Merseburg mit den Dekanaten Eisleben, Halle/Saale und Wittenberg an das nunmehrige Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Zum Dekanat Eisleben gehörte damals unter anderem die Pfarrei Eisleben, der Burgörner-Hettstedt als Filialkirchengemeinde angeschlossen war. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die katholische Schule Burgörner am 1. September 1939 von den staatlichen Behörden geschlossen.

Gemeindehaus

Durch die Flucht und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa 1945–1950 nach dem Zweiten Weltkrieg vergrößerte sich die Zahl der Katholiken in der Filialkirchengemeinde Burgörner-Hettstedt so stark, dass es 1947 zur Gründung einer Tochtergemeinde in Siersleben kam.[6] Die Filialkirchengemeinde Burgörner-Hettstedt wurde am 1. April 1950 zur Pfarrei erhoben. Damit wurde die Kirche Unbefleckte Empfängnis zur Pfarrkirche. 1987 wurde ein Gemeindehaus eingeweiht, das mit Hilfe der bereits 1977 gegründeten Kolpingsfamilie Hettstedt erbaut worden war.[7]

Mit der Wiedererstehung des Bistums Magdeburg kam die Kirche 1994 zu diesem und wurde am 28. Januar 2007 in den Gemeindeverbund Mansfelder Land (Hettstedt – Gerbstedt – Helbra – Klostermansfeld – Siersleben) eingegliedert.[8] Zu diesem Zeitpunkt gehörten zur Pfarrei Hettstedt rund 620 Katholiken. Das Dekanat Eisleben, zu dem die Kirche gehörte, wurde zum 1. Januar 2009 aufgelöst und die Kirche in Hettstedt dem neugegründeten Dekanat Merseburg angeschlossen, in dem sie bis zu ihrer Profanierung blieb.[9]

Am 28. November 2010, dem 1. Sonntag im Advent, wurde das Gotteshaus der neuerrichteten Pfarrei St. Georg Hettstedt zugeordnet. Die Pfarrei Unbefleckte Empfängnis Hettstedt wurde in diesem Zusammenhang aufgelöst.[10] Zur Pfarrei St. Georg Hettstedt gehörten neben der Kirche Unbefleckte Empfängnis in Hettstedt auch die Kirche St. Barbara in Helbra und die Kirche St. Joseph in Klostermansfeld. Die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls der Pfarrei St. Georg Hettstedt angeschlossenen Kirchen St. Bonifatius in Siersleben und Herz Jesu in Gerbstedt wurden 2014 und 2016 profaniert.

Heute wird die Kirche Unbefleckte Empfängnis aufgrund des sperrigen Namens zumeist St. Marien, seltener St. Maria, genannt. In einem Beitrag zur Versorgungsnotlage der katholischen Kirche in Sachsen-Anhalt wurde die Kirche im März 2019 als ein Beispiel dafür angeführt, wie die Gemeinde keinen neuen Pfarrer gewinnen kann und daher seit dem November 2017 auf Laien setzt.[11]

Am 19. Juli 2020 wurde die Kirche profaniert. Die katholischen Gottesdienste in Hettstedt finden heute im 1987 erbauten Gemeindehaus St. Josef, Arnstedter Weg 34, statt. Ende August / Anfang September 2024 wurde die Kirche zur Versteigerung angeboten. Der Startpreis lag bei 149.000 Euro.[12] Ein anonymer Käufer bekam für 163.000 Euro den Zuschlag.[13]

Inneres und Ausstattung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während im Schiff der Kirche eine Balkendecke zu finden ist, entschied man sich im Chor für ein Rippengewölbe. Die drei Buntglasfenster im Chorraum wurden 1953 eingesetzt, ihre Motive beziehen sich auf die Mutterschaft Marias. Die vom Magdeburger Kunstmaler Schneider entworfenen Fenster wurden von der Glasmalereianstalt Ferdinand Müller angefertigt.[14]

Ihre erste Orgel (neun Register) erhielt die Kirche am 8. März 1903, die zuletzt genutzte Orgel (24 Register) wurde am 25. Juni 1967 geweiht, befand sich im Westen der Kirche auf der Orgelempore und wurde nach der Profanierung in die St.-Barbara-Kirche in Helbra umgesetzt, wo sie mit neuen Prospektpfeifen versehen wurde.[15] Der spätgotische Flügelaltar wurde Anfang der 1980er Jahre von der evangelischen Kirche St. Marien in Oberwiederstedt erworben. Er zeigt zentral die Madonna mit Kind zwischen der heiligen Barbara und der heiligen Katharina. Die Flügel zeigen innen vier Reliefszenen (Verkündigung; Heimsuchung; Geburt Christi; Anbetung der Heiligen Drei Könige) und außen die zwölf Apostel.[4] Der Taufstein der Kirche wurde nach der Profanierung in die Propsteikirche St. Franziskus und St. Elisabeth in Halle an der Saale umgesetzt.[16]

  • Martin Beitz: Arnold Güldenpfennig – ein vergessener Kirchenbaumeister?, in: Sachsen-Anhalt-Journal 28 (2018), H. 2, S. 12–14.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen Anhalt II. Regierungsbezirke Dessau und Halle. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1999, ISBN 3-422-03065-4.
  • Eberhard Eigendorf: Kirchen im Mansfelder Land – Bauvorgänge im 19. und 20. Jahrhundert. (=Zeitschrift für Heimatforschung; Beiheft 7), André Gursky Verlag, Halle 2002, ISBN 3-929389-38-X.
  • Rudolf Joppen: Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Band 19, Teil 8, Die kirchliche Entwicklung im Kommissariat Magdeburg vom Ende des Kulturkampfes bis zum Sturz der Monarchie 1887–1918. St. Benno Verlag, Leipzig 1978, S. 38–45.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt (PDF; 9,9 MB) – Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (der Abgeordneten Olaf Meister und Prof. Dr. Claudia Dalbert; Bündnis 90/Die Grünen) – Drucksache 6/3905 vom 19. März 2015 (KA 6/8670)
  2. Eigendorf, S. 64–66.
  3. Katholische Pfarrei Sankt Georg. Abgerufen am 1. September 2019.
  4. a b Dehio, S. 324; Eigendorf, S. 69–71.
  5. Beitz, S. 14. Eine historische Ansicht dieser Kirche in Bitterfeld (später um einen Turm ergänzt) ist z. B. bei Zäglers AnsichtskartenAlbum abrufbar.
  6. Rudolf Joppen: Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Band 31, Teil 11, Die Zeit von der Potsdamer Konferenz bis zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik 1945–1949. St. Benno Verlag, Leipzig 1989, S. 262–266.
  7. Die Kolpingsfamilie Hettstedt. Katholische Pfarrei St. Georg, abgerufen am 10. November 2023.
  8. Nr. 25 Errichtung von Gemeindeverbünden. Bistum Magdeburg, Amtsblatt 2/2007, Bischof, abgerufen am 24. April 2023.
  9. Nr. 136 Neuordnung der Dekanats-Ebene. Bistum Magdeburg, Amtsblatt 11/2008, Bischof, abgerufen am 14. Februar 2023.
  10. Nr. 179 Pfarreierrichtungen. Bistum Magdeburg, Amtsblatt 12/2010, Dokumente des Bischofs, abgerufen am 13. Februar 2023.
  11. Hagen Eichler: Schäfchen ohne Hirten: Kirchen in Sachsen-Anhalt finden keine Priester. Focus (Mitteldeutsche Zeitung), 18. März 2019, abgerufen am 1. September 2019.
  12. denkmalgeschützte, neogotische Kirche mit Pfarrei. Sächsische Grundstücksauktionen AG, abgerufen am 23. Juli 2024.
  13. Katholische Kirche in Sachsen-Anhalt für 163.000 Euro versteigert. Katholisch.de, 30. August 2024, abgerufen am 31. August 2024.
  14. In wenigen Zeilen. In: Tag des Herrn. Ausgabe 47/1953 vom 21. November 1953, S. 191.
  15. Georgsbote der Pfarrei St. Georg, Mai–September 2021.
  16. Meldung der Pfarrei St. Mauritius und St. Elisabeth vom 21. Mai 2021

Koordinaten: 51° 38′ 21,6″ N, 11° 30′ 37,9″ O