Ungarische Kommunistische Partei

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
1944–1948:
Ungarische Kommunistische Partei
1943–1944:
Friedenspartei
1918–1943:
Ungarländische Partei der Kommunisten
Gründung 24. November 1918
Auflösung 22. Juli 1948
Haupt­sitz Budapest
Zeitung Szabad Nép
Aus­richtung Kommunismus,
Marxismus-Leninismus
Internationale Verbindungen Kommunistische Internationale,
Informationsbüro der Kommunistischen und Arbeiterparteien

Die Ungarische Kommunistische Partei (ungarisch Magyar Kommunista Párt, MKP) ist der letzte Name einer von 1918 bis 1948 bestehende, marxistisch-leninistisch ausgerichtete kommunistische Partei in Ungarn. Da sie aus der ungarischen Sektion bolschewistischen Partei von Wladimir Lenin entstanden ist und sich an deren Programm und Praxis orientierte, werden ihre Anhänger auch als ungarische Bolschewisten (magyar bolsevikok) bezeichnet.

Zwischen März und August 1919 war sie kurzzeitig die diktatorische Einheitspartei der Ungarischen Räterepublik unter Béla Kun. Ab 1947 folgte dann die erneute Machtübernahme unter Mátyás Rákosi. Ihre Nachfolgerin war die 1948 aus der Vereinigung von Kommunisten und Sozialdemokraten hervorgegangene Partei der Ungarischen Werktätigen.

  • Ungarländische Partei der Kommunisten (Kommunisták Magyarországi Pártja, kurz KMP), 1918–1919, 1919–1943[1]
  • Friedenspartei (Békepárt), 1943–1944
  • Ungarische Kommunistische Partei (Magyar Kommunista Párt, MKP), 1944–1948

Während der Ungarischen Räterepublik 1919 nach der Vereinigung mit den ungarischen Sozialdemokraten:

  • Ungarländische Sozialistische Partei (Magyarországi Szocialista Párt, kurz MSzP),[2] März bis Juli 1919
  • Sozialistisch-Kommunistische Ungarländische Arbeiterpartei (Szocialista-Kommunista Munkások Magyarországi Pártija, kurz Sz-KMMP), Juli bis August 1919

Die Wurzeln der Partei liegen in der Tätigkeit von Béla Kun, der sich seit 1916 in russischer Kriegsgefangenschaft in der Stadt Tomsk befand, wo er marxistische Ungarn organisierte. Infolge der russischen Februarrevolution 1917 wurde er freigelassen und machte durch sein Engagement in der revolutionären Presse die bolschewistische Partei von Wladimir Lenin auf sich aufmerksam. Nach der Oktoberrevolution wurde er 1917 von Karl Radek nach Petrograd geholt und wurde dessen Assistent im Volkskommissariat für Äußeres (Außenministerium). Gleichzeitig wurde er Herausgeber einer ungarisch-bolschewistischen Zeitung, Nemzetközi Szocialista, die sich vor allem an weiterhin kämpfende ungarische Soldaten Österreich-Ungarns richtete.[3]

Am 24. März 1918 gründete Kun dann eine eigene ungarische Sektion der bolschewistischen Partei und stieg zum Vorsitzenden der Auslandsgruppen der russischen Bolschewisten auf. Auf Lenins direkten Befehl kehrte Kun nach der Auflösung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie am 17. November 1918 in Budapest ein, wo er die eigenständige Partei der ungarischen Kommunisten gründete. Diese orientierte sich grundsätzlich am bolschewistischen Programm der russischen Schwesterpartei, weshalb die ungarischen Kommunisten auch als ungarische Bolschewisten bezeichnet wurden.[4]

Räterepublik 1919

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wenige Tage nach Ausrufung der Ungarischen Republik gegründete Partei wurde vor allem während der Ungarischen Räterepublik zu einer der führenden politischen Kräfte Ungarns. Erster Parteivorsitzender und bekannteste Persönlichkeit der Partei war Béla Kun.

Nach der Vereinigung der sozialdemokratischen Partei mit der kommunistischen Partei am 21. März 1919 wurde die sich darauf ergebende Staatspartei der neuen Räterepublik zur „Ungarländischen Sozialistischen Partei“ (Magyarországi Szocialista Párt, kurz MSzP) und auf ihrem Parteitag vom 12. und 13. Juni 1919 in „Sozialistisch-Kommunistische Ungarländische Arbeiterpartei“ umbenannt (Szocialista-Kommunista Munkások Magyarországi Pártija; kurz Sz-KMMP).[5]

Illegalität unter Horthy

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Wiederherstellung des Königreichs Ungarn am 29. Februar 1920 musste die MKP in die Illegalität gehen. Bereits nach dem Ende der Räterepublik war die Partei im Rahmen des Einmarsches rumänischer Truppen und des so genannten weißen Terrors verfolgt worden. Viele Mitglieder der Parteiführung flüchteten in die Sowjetunion. Durch die Illegalität und die Leitung aus dem sowjetischen Exil kam es zu diversen Wechseln in der Führungsspitze der Partei und auch zu Überlegungen über eine mögliche Auflösung der Partei von Seiten der Komintern Mitte der 1930er Jahre, welche jedoch „nur“ zu einem Austausch sämtlicher Mitglieder des Zentralkomitees führten.[6][7]

Von 1925 bis 1928 agierte die Sozialistische Arbeiterpartei Ungarns (ungarisch Magyarországi Szocialista Munkáspárt, MSzMP) als legaler Ableger der MKP, von 1943 bis 1944 die Friedenspartei (ungarisch Békepárt).

Machtausbau nach 1945

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Vorrücken der Roten Armee auf Ungarn ab Herbst 1944 und der Besetzung bis zum Frühjahr 1945 konnte die MKP 1944 erstmals seit 25 Jahren wieder vollständig legal agieren.

In den folgenden Jahren konnte sie sich in Bezug auf ihre Mitgliederstärke, ihren politischen Einfluss sowie auch bezüglich ihrer Stimmanteile bedeutend verbessern. Dies führte im Zusammenspiel mit der sowjetischen Besatzungsmacht zur kommunistischen Machtübernahme in Ungarn 1948/49.

Parteiorganisation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Parteitage und - konferenzen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bezeichnung Datum Ort
Gründungskongreß 24.11.1918 Budapest
I. Parteitag 18. – 21. August 1925 Wien
II. Parteitag Feb./Mär. 1930 Aprelewka bei Moskau
1. Parteikonferenz 20. – 21. Mai 1945 Budapest
III. Parteitag 28. September – 1. Oktober 1946 Budapest
2. Parteikonferenz 12. – 13. März 1947 Budapest
3. Parteikonferenz 10. – 11. Januar 1948 Budapest
Amtszeit Bezeichnung Name
1918–1919 Vorsitzender Béla Kun
1931 – 29. Juli 1932 Generalsekretär Imre Sallai
1936–1938 Zoltán Szántó[8]
1943–1944 János Kádár
24.02.1945 – 14.06.1948 Generalsekretär Mátyás Rákosi

Bekannte Mitglieder

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wahl Stimmen % Platzierung
Parlamentswahl in Ungarn 1945 801.986 17,0 % drittstärkste Kraft
Parlamentswahl in Ungarn 1947 1.111.001 22,25 % stärkste Kraft
Commons: Ungarische Kommunistische Partei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Kun, Béla. In: Wojciech Roszkowski, Jan Kofman (Hrsg.): Biographical Dictionary of Central and Eastern Europe. Routledge, Oxon 2015, ISBN 978-0-7656-1027-0 (englisch).

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. János M. Bak: Die Diskussion um die Räterepublik in Ungarn 1919. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Band 14, Heft 4, 1966, S. 551–578, hier S. 551.
  2. Karl-Heinz Gräfe: Mythos und historische Wirklichkeit eines Weltereignisses. Bürgerlich-demokratische Volksrevolution und sozialistische Räterevolution in Ungarn 1918–1919. In: Christian Koller, Matthias Marschik (Hrsg.): Die Ungarische Räterepublik 1919. Innenansichten – Außenperspektiven – Folgewirkungen. Wien 2018, S. 17–46, hier S. 38.
  3. Kun, Béla. In: Wojciech Roszkowski, Jan Kofman (Hrsg.): Biographical Dictionary of Central and Eastern Europe. Routledge, Oxon 2015.
  4. Paul A. Hanebrink: In Defense of Christian Hungary. Religion, Nationalism and Antisemitism 1890–1944. Cornell University Press, Ithaca 2006, S. 71; Kun, Béla. In: Wojciech Roszkowski, Jan Kofman (Hrsg.): Biographical Dictionary of Central and Eastern Europe. Routledge, Oxon 2015; Thomas Lorman: The Making of the Slovak People’s Party: Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe. Bloomsbury Academic, London / New York 2019, ISBN 978-1-350-10937-7, S. 157 f., 171 u. 194; Carlo Moos: Béla Kun im Vor-Mussolini Italien. In: Christian Koller, Matthias Marschik (Hrsg.): Die Ungarische Räterepublik 1919. Innenansichten – Außenperspektiven – Folgewirkungen. Wien 2018, S. 215–228, hier S. 222 f.; Árpád von Klimó: Die Räterepublik in der ungarischen Gedenkpolitik seit 1919. In: Christian Koller, Matthias Marschik (Hrsg.): Die Ungarische Räterepublik 1919. Innenansichten – Außenperspektiven – Folgewirkungen. Wien 2018, S. 249–258, hier S. 253.
  5. Karl-Heinz Gräfe: Von der Asternrevolution zur Räterepublik. Ungarn 1918/19. In: Utopie kreativ. Heft 168 (Oktober 2004), S. 885–900, hier S. 893 u. 895.
  6. Factionalism in the Hungarian Workers (Communist) Party (englisch) cia.gov
  7. Twenty-Five Lectures on Modern Balkan History. Lecture 20: The traditional regimes and the challenge of Communism: Patriotism vs. opportunism (englisch) staff.lib.msu.edu
  8. Zoltán Szántó (1893–1977) (englisch) rev.hu