Union nationale des syndicats agricoles

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Die Union nationale des syndicats agricoles (UNSA) war in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre eine der wichtigsten Organisationen zur Verteidigung der bäuerlichen Welt in Frankreich.

1868 wurde von katholisch geprägten Honoratioren die Société des agriculteurs de France[A 1] (Gesellschaft der Landwirte Frankreichs; 1886 wurde daraus die Union centrale des syndicats agricoles de France (Zentralverband der landwirtschaftlichen Gewerkschaften Frankreichs)) und 1880 die Société nationale d’encouragement à l’agriculture (Nationale Gesellschaft zur Förderung der Landwirtschaft) gegründet, die von ehemaligen Ministern geleitet wurde. Es handelte sich dabei jedoch noch nicht um echte Gewerkschaften, die zu diesen Zeitpunkten im Übrigen noch illegal gewesen wären.

Die ersten landwirtschaftlichen Gewerkschaften hatten nur ein sehr begrenztes Ziel: die Landwirte über die Wahl von Industriedünger aufzuklären. 1884 ermöglichte die Genehmigung zur Gründung von Berufsgewerkschaften die legale Entwicklung des Syndikalismus, auch in der Landwirtschaft. Die ersten Gewerkschaften, die die Interessen der Landarbeiter vertraten, wurden 1908 gegründet: das Syndicat des ouvriers bûcherons du Centre (Gewerkschaft der Holzarbeiter des Zentrums) und das Syndicat des ouvriers agricoles du Midi (Gewerkschaft der Landarbeiter des Südens).[1]

Die UNSA wurde 1934 von einem Team von Neuerern gegründet, im Gegensatz zu den traditionellen Führern der französischen Landwirtschaft, denjenigen der Landwirtschaftskammern und denen der alten Société des agriculteurs de France. Die treibenden Kräfte hinter der UNSA waren Jacques Le Roy Ladurie[2], ihr Generalsekretär[3], Graf Hervé Budes de Guébriant[4], Louis Salleron[5], Roger Grand[6] (Vorsitzender bis 1938), Joseph Boulangé (Vorsitzender 1938) und Rémy Goussault[7], Generaldelegierter.

Sie wollte der bevorzugte Ansprechpartner des Staates sein und gab an, 1937 1.200.000 Bauernfamilien zu vertreten. 1934/35 beteiligte sich die UNSA an der Front paysan (Bauernfront) mit der Parti agraire et paysan français und den Grünhemden von Henri Dorgères.[8] Die UNSA entfernte sich von der Front paysan, weil die Grünhemden ein vollständig vom Staat subventioniertes Wohlfahrtssystem anstrebten, während die UNSA die Möglichkeit sah, die Bauern über eine Steuer auf den Kauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu unterstützen.[9] Aufgrund strategischer Differenzen wurde das Bündnis 1936 ruhend gestellt.[10]

Dorgères wurde nicht zum Bauernkongress in Caen vom 5. bis 7. Mai 1937 eingeladen, auf dem Le Roy Ladurie unter dem Einfluss von Rémy Goussault und Louis Salleron die führenden konservativen Landwirte aufforderte, ihre Unterstützung für den Korporatismus zu erklären.[8] Die von Salleron und Le Roy Ladurie gemeinsam herausgegebene Wochenzeitschrift Syndicats paysans erschien erstmals am 1. Juli 1937.[11]

Aus antikommunistischen Gründen widersetzte sich die UNSA der Volksfront, die beschuldigt wurde, die Verstaatlichung der Landwirtschaft vorzubereiten (Gründung des Office National Interprofessionnel des Céréales[A 2] (Nationales berufsübergreifendes Getreideamt)) und zu Unruhen zu führen (Streiks in der Landwirtschaft).[9] Sie führte ab Juli 1936 die agrarische Gegenoffensive an: Wiederbelebung der Bauernfront mit dem Comité d’action paysanne (Bauernaktionskomitee), in dem die UNSA und die Führer der wichtigsten zentralen und spezialisierten Bauernverbände zusammengeschlossen waren.[12]

Die korporatistischen Thesen der UNSA kündigten die vom Vichy-Regime gegründete Corporation paysanne[A 3] (Bauernkorporation) an, deren Anführer aus der UNSA stammten.

Im Text verwendet
  • Paul Dutton: Origins of the French Welfare State: The Struggle for Social Reform in France, 1914–1947. Cambridge University Press, 2002, ISBN 978-1-139-43296-2 (google.de).
  • Pascal Ory: Le dorgérisme, institution et discours d’une colère paysanne (1929–1939). In: Revue d’Histoire Moderne & Contemporaine. 1975 (persee.fr).
  • Robert Paxton: French Peasant Fascism : Henry Dorgeres’ Greenshirts and the Crises of French Agriculture, 1929–1939. Oxford University Press, 1997, ISBN 978-0-19-535474-4 (google.de).
  • Gordon Wright: Rural Revolution in France: The Peasantry in the Twentieth Century. Stanford University Press, 1964, ISBN 978-0-8047-0190-7.
Weitere
  1. Weiterführende Informationen zur Société des agriculteurs de France sind in der frankophonen Wikipédia zu finden.
  2. Eine französische Landwirtschaftsbehörde; siehe dazu näheres unter Office national interprofessionnel des grandes cultures in der französischsprachigen Wikipédia.
  3. Die Corporation paysanne (so in der frankophonen Wikipédia abzurufen) wurde am 1940 vom Vichy-Regime gegründet; es handelte sich um die korporatistische Organisation, die nach dem Willen von Marschall Pétain eingerichtet wurde, um in der Landwirtschaft als Stützpunkt für die nationale Revolution zu dienen.

Einzelnachweise

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  1. Emmanuelle Martin: Etude du syndicalisme agricole : rencontre avec Mr GALESNE, président du syndicat agricole de la commune de Sens de Bretagne. (Memento vom 14. November 2021)
  2. Jacques, Jules, Marie, Joseph Le Roy Ladurie. In: Assemblé nationale. Abgerufen am 17. Dezember 2024 (französisch).
  3. Paxton 1997, S. 45
  4. Angaben zu Hervé Budes de Guébriant in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  5. Angaben zu Louis Salleron in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  6. GRAND Roger Ancien sénateur du Morbihan. In: Sénat. Abgerufen am 17. Dezember 2024 (französisch).
  7. Angaben zu Rémy Goussault in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  8. a b Paxton 1997, S. 138
  9. a b Dutton 2002, S. 171
  10. Ory 1975, S. 176
  11. Wright 1964, S. 218
  12. Paxton 1997, S. 139