Uranius Antoninus

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Aureus des Uranius Antoninus mit Porträt des Herrschers auf der Vorderseite und der Glücksgöttin Fortuna auf der Rückseite

Lucius Iulius Aurelius Sulpicius Severus Uranius Antoninus (kurz Uranius Antoninus) war um 253/254 römischer Gegenkaiser in der syrischen Stadt Emesa. Er ist von diversen Münzen bekannt, die seinen Namen tragen und seine Büste zeigen. Aus ihnen geht jedoch nicht eindeutig hervor, ob er tatsächlich eine dauerhafte Kaiserherrschaft über das römische Reich für sich anstrebte oder ob er nur in Anbetracht der damals akuten militärischen Gefahr durch die Sassaniden kurzfristig die militärische Kontrolle und die politische Verwaltung Syriens übernahm. Die Forschung setzt Uranius mit einem gewissen Sampsigeramos gleich, der antiken Schriftquellen zufolge in den 250er Jahren als Feldherr eine Streitmacht gegen das sassanidische Heer befehligte und dabei entscheidende Erfolge erzielen konnte.

Quellenlage, Name und Gleichsetzung mit Sampsigeramos

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Bronzemünze des Uranius Antoninus mit griechischer Umschrift, auf der Vorderseite das Porträt des Herrschers, auf der Rückseite der Elagabal-Tempel von Emesa mit dem heiligen Stein des Gottes
Aureus des Uranius Antoninus mit Porträt des Herrschers auf der Vorderseite und einem Wagen mit dem heiligen Stein des Elagabal auf der Rückseite

Uranius Antoninus regierte für einen nicht genauer bestimmbaren Zeitraum als Gegenkaiser zu Valerian von der syrischen Stadt Emesa aus. Der einzige antike Quellenbeleg für seine Erhebung sind einige Münzen mit seinem Konterfei, die auf das Jahr 565 der seleukidischen Ära (= 253/254 n. Chr.) datiert sind. Es handelt sich um emesenische Lokalprägungen sowie syrische Tetradrachmen, außerdem im römischen Stil gehaltene Aurei und einige Denare.[1] Aus den Legenden der Münzen ist der volle Name Lucius Iulius Aurelius Sulpicius Severus Uranius Antoninus bekannt. Der Namensbestandteil „Severus“, aber auch die Kombination zweier kaiserlicher Gentilnamen („Iulius Aurelius“) weisen auf eine bewusste Anknüpfung an das Kaiserhaus der Severer hin – tatsächlich könnte Antoninus verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie der aus Emesa stammenden Kaiserin Julia Domna gehabt haben. Dass neben den Namen „Iulius Aurelius“, die in der Emesener Adelsschicht üblich waren, noch ein drittes nomen gentile, nämlich Sulpicius, auftaucht, wird dahingehend interpretiert, dass der Vater des Uranius Antoninus ein Sulpicier gewesen sei. Da aber die Mutter die deutlich prestigereicheren Namen Iulius und Aurelius getragen habe (also der alten Oberschicht Emesas angehörte), habe der Sohn diese beiden ebenfalls in seinen eigenen Namen aufgenommen. Ebenso könnte die Namensgebung aber auch dadurch zustande gekommen sein, dass Uranius Antoninus ursprünglich zur Familie der Iulii Aurelii gehörte, dann aber von einem Sulpicius adoptiert wurde.[2]

Vermutlich war dieser Uranius Antoninus identisch mit dem Hohepriester der Stadt Emesa, Sampsigeramos, der aus einem Bericht des byzantinischen Chronisten Johannes Malalas bekannt ist.[3] Demzufolge konnte der Geistliche die entlang des Orontes vorstoßende Streitmacht des sassanidischen Königs Schapur I. am weiteren Vordringen Richtung Südsyrien hindern und einen feindlichen Heerführer töten (dabei kann es sich aber nicht um Schapur selbst gehandelt haben, der erst um 270 starb). Die Gleichsetzung mit Uranius Antoninus, die erstmals 1908 durch Alfred von Domaszewski in Betracht gezogen wurde,[4] hat sich in der Forschung allgemein durchgesetzt.[5] Zuvor hatte man in der Forschung bereits auf andere Weise versucht, den von Münzen bekannten Uranius Antoninus mit einem literarisch belegten Usurpator zu identifizieren, und ihn mit den Usurpatoren Uranius und Antoninus gleichgesetzt, die um 231 gegen Severus Alexander rebellierten. Die Sichtweise Domaszewski konnte sich jedoch durchsetzen und kann seit der Dissertation von Hans Roland Baldus über Uranius Antoninus (1971) als gesichert gelten.[6]

Es wird zumeist davon ausgegangen, dass es sich bei Sampsigeramos um den Priester des lokalen Gottes Elagabal gehandelt hat; die Angabe bei Malalas, er sei Priester der Aphrodite (Urania) gewesen, wird einem Irrtum des antiken Schriftstellers zugeschrieben, der den als Usurpator angenommenen Namen Uranius entsprechend interpretiert habe.[7] Baldus vermutet außerdem, Johannes Malalas habe den Bericht über die Abwehr des Perserheeres aus einer syrischen Quelle entnommen, welche den militärischen Erfolg des Sampsigeramos als Dienst für Rom glorifizieren und daher seine anschließende Usurpation verschweigen wollte. Deswegen tauche im Geschichtswerk des Malalas nur der Priestername, nicht aber die anschließende Beanspruchung imperialer Rechte auf.[8]

Felsrelief Bischapur III

Möglicherweise beziehen sich auch ein Abschnitt der Sibyllinischen Orakel[9], drei Inschriften aus Qalʿat el-Hawâys bei Hama[10] sowie ein Abschnitt der Res Gestae Divi Saporis über einen angeblich erfolgreichen sassanidischen Feldzug auf die Ereignisse um Uranius Antoninus, ohne seinen Namen zu nennen.[11] Zudem wurde vermutet, dass auf drei der großen sassanidischen Felsreliefs (Bischapur II und III sowie Darabgird) eine Unterwerfung des Uranius Antoninus unter Schapur abgebildet sei, bei der diesem auch der heilige Stein von Emesa überreicht worden sei.[12]

Form und Charakter der Herrschaft

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Wegen der großen Unklarheit in Bezug auf das Leben und Wirken des Uranius Antoninus ist ungewiss, inwieweit er überhaupt „kaiserliche“ Herrschaft ausgeübt hat. Aufgrund des Ausfalls der zu dieser Zeit stark belasteten römischen Zentralregierung scheint die Stadt Emesa in den 250er Jahren jedenfalls eigenmächtig – und erfolgreich – die militärische Verteidigung gegen die Angriffe der Sassaniden organisiert zu haben. Möglicherweise hatte sich der lokale Priester Sampsigeramos als Organisator dieser Aktivitäten derart zum „neuen Hoffnungsträger“[13] der Region stilisieren können, dass er in der Notlage auch die politische Kontrolle über die Gegend übernehmen konnte, ohne aber eine Herrschaft über größere Teile des römischen Reiches zu beanspruchen.

Eine Analyse der durch ihn vorgenommenen Münzprägungen, die allesamt aus Emesa stammen, ergibt in dieser Hinsicht einen uneindeutigen Befund: Auf den lokalen Münztypen trägt Uranius Antoninus kaiserliche Herrschaftstitel und auf seinen diversen Münzen bildet er die kaiserlichen Insignien (Lorbeerkranz, Strahlenkrone) ab. Dem regierenden Kaiser Valerian erweist er keine Anerkennung, was etwa durch dessen Abbildung auf einer Münzreihe möglich gewesen wäre. Die lateinischen Legenden der überregional eingesetzten Aurei weisen dagegen keinerlei Herrschaftstitel auf und auch auf eine Beanspruchung von Konsulat oder tribunizischer Gewalt gibt es keine Hinweise. Hans Roland Baldus hat daher vermutet, dass Uranius Antoninus auf den nur in Syrien kursierenden Münzen seinen Herrschaftsanspruch deutlich machen konnte, ohne Gefahr zu laufen, für den römischen Kaiser als Rivale zu gelten. Auf den lateinischen Münzen, die reichsweit in Umlauf waren, habe er dagegen auf die offene Anmaßung imperialer Rechte verzichtet, zumal die Bevölkerung Emesas überwiegend kein Latein sprach und diese Beschränkung seiner Machtstellung auf den Aurei ohnehin nicht wahrnehmen konnte.[14]

Uranius Antoninus scheint sich insgesamt also eher als lokaler (Stell-)Vertreter der römischen Zentralgewalt gesehen zu haben; dass er als Usurpator tatsächlich eine reichsweite Regierung anstrebte, ist unwahrscheinlich. Er hat seine herrschaftlichen Ansprüche wohl wieder aufgegeben, als sich Kaiser Valerian selbst den Sassaniden zuzuwenden beschloss (ab Anfang 254 wurden für ihn in Antiochia Münzen geprägt) oder spätestens als der Imperator tatsächlich im Osten auftauchte. Er könnte sich also in das Privatleben oder auf seinen religiösen Posten zurückgezogen haben, Informationen über das weitere Schicksal des Uranius Antoninus gibt es aber nicht.[15]

  • Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, ISBN 3-7749-1112-6.
  • Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus of Emesa. In: Annales archéologiques arabes syriennes. Band 42, 1996, S. 371–377.
  • Udo Hartmann: Das palmyrenische Teilreich (= Oriens et Occidens. Band 2). Franz Steiner, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07800-2.
  • Martin Schottky: Uranius. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/1, Metzler, Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01482-7, Sp. 1025.
  • Gary K. Young: Emesa in Roman Syria: Resistance, Rebellion and Regionalism in the Third Century AD. In: Prudentia. Band 36, 2004, S. 31–48, hier: S. 37–39 (PDF; 3,3 MB).

Einzelnachweise

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  1. Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus of Emesa. In: Annales archéologiques arabes syriennes. Band 42, 1996, S. 371–377.
  2. Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, S. 138 f.
  3. Johannes Malalas, Chronographia 12,26.
  4. Alfred von Domaszewski: Die politische Bedeutung der Religion von Emesa. In: Archiv für Religionswissenschaft. Band 11, 1908, S. 223–242, hier S. 230 f. (online).
  5. Zusammenfassend mit den weiteren Belegen Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, S. 246–250.
  6. Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, S. 165–173 mit Verweisen auf die ältere Literatur.
  7. Johannes Malalas: Weltchronik (= Bibliothek der griechischen Literatur. Band 69). Anton Hiersemann, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-7772-0911-1, S. 309, Anm. 152.
  8. Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, S. 249 f.
  9. Sibyllinische Orakel 13,158–171.
  10. Inscriptions grecques et latines de la Syrie IV,1799–1801.
  11. Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, S. 229–236 und S. 252–255 (Res Gestae Divi Saporis), S. 240–246 (Sibyllinisches Orakel), S. 250–252 (Inschriften aus Qalʿat el-Hawâys).
  12. Bruno Overlaet: A Roman Emperor at Bishapur and Darabgird. Uranius Antoninus and the Black Stone of Emesa. In: Irania Antiqua. Band 44, 2009, S. 461–530 (online).
  13. Ulrich Huttner: Von Maximinus Thrax bis Aemilianus. In: Klaus-Peter Johne (Hrsg.): Die Zeit der Soldatenkaiser. Krise und Transformation des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. (235–284). Band 1, Akademie Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-05-004529-0, S. 161–221, hier S. 220.
  14. Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, S. 140–142.
  15. Hans Roland Baldus: Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte (= Antiquitas. Reihe 3, Band 11). Rudolf Habelt, Bonn 1971, S. 143.